Urzeitlicher Spitzenräuber entdeckt: Fast vollständiger Schädel enthüllt furchterregenden Fleischfresser
Forscher finden in der ägyptischen Wüste den Schädel eines 30 Millionen Jahre alten Spitzenräubers.

Künstlerische Darstellung: So könnte Bastetodon ausgesehen haben. © Ahmad Morsi
In der ägyptischen Wüste haben Forscher einen fast vollständigen Schädel einer neuen Art von Hyaenodonten, einer ausgestorbenen Gruppe von Fleischfressern, entdeckt. Dieses Raubtier, das vor etwa 30 Millionen Jahren lebte, stand an der Spitze der Nahrungskette. Die Fayum-Depression, in der die Fossilien gefunden wurden, war einst ein tropisches Paradies voller Leben. Heute ist sie eine trockene Wüstenlandschaft – doch tief in ihrem Gestein lagert eine 15 Millionen Jahre umspannende Geschichte der afrikanischen Tierwelt. Die Entdeckung wurde im Journal of Vertebrate Paleontology veröffentlicht und gibt neue Einblicke in eine vergessene Raubtierdynastie.
Hyaenodont: Leopardengroßer Jäger mit vernichtendem Biss
Der neu identifizierte Bastetodon war so groß wie ein Leopard und besaß ein Gebiss, das für das Zerreißen von Fleisch geschaffen war. Seine scharfen Zähne, die gewaltigen Kiefermuskeln und ein verkürzter Unterkiefer lassen keinen Zweifel daran, dass dieses Tier an der Spitze der Nahrungskette stand. Zu seinen Beutetieren gehörten vermutlich Primaten, frühe Flusspferde, Elefanten und Klippschliefer. In der Fayum-Region, die damals aus dichten Wäldern bestand, fand Bastetodon ideale Jagdbedingungen.
Die Hyaenodonten, zu denen Bastetodon gehörte, waren Fleischfresser, die lange vor den modernen Raubtieren wie Katzen und Hunden lebten. Sie verbreiteten sich über Afrika, Asien, Europa und Nordamerika, bevor sie vor etwa 18 Millionen Jahren ausstarben.
Spektakulärer Fund in der Fayum-Depression
Ein Team von Paläontologen, bekannt als „Sallam Lab“, war auf einer Expedition in der Fayum-Depression unterwegs, als es auf eine sensationelle Entdeckung stieß. Die Hauptautorin der Studie, Shorouq Al-Ashqar, beschreibt den entscheidenden Moment: „Gerade als wir unsere Arbeit abschließen wollten, entdeckte ein Teammitglied etwas Bemerkenswertes – eine Reihe großer Zähne, die aus dem Boden ragten. Sein aufgeregter Ruf brachte das Team zusammen und markierte den Beginn einer außergewöhnlichen Entdeckung: ein nahezu vollständiger Schädel eines urzeitlichen Spitzenraubtiers, ein Traum für jeden Wirbeltier-Paläontologen.“
Ein nahezu vollständiger Schädel ist eine Seltenheit in der Fossilienforschung. Meistens werden nur Fragmente gefunden, die dann mühsam rekonstruiert werden müssen. Diese Entdeckung gibt den Forschern die Möglichkeit, Bastetodon detailliert zu untersuchen.
Neue Gattung Sekhmetops entdeckt
Neben Bastetodon führte die Expedition zu einer weiteren wissenschaftlichen Sensation: Die Forscher ordneten eine Gruppe löwengroßer Hyaenodonten, die bereits vor 120 Jahren in Fayum gefunden wurden, einer neuen Gattung zu. Sie nannten sie Sekhmetops, nach der löwenköpfigen ägyptischen Kriegsgöttin Sekhmet. Die Namensgebung ist kein Zufall: Bastet und Sekhmet waren in der ägyptischen Mythologie eng miteinander verbunden. Wissenschaftlich betrachtet sind beide Gattungen Teil derselben afrikanischen Raubtiersippe.
Die Entdeckung ist der Beweis dafür, dass Hyaenodonten aus Afrika stammen und sich von dort aus über die Kontinente verbreiteten. Diese Tiere entwickelten sich in mehreren Evolutionswellen weiter und zählten später zu den gefährlichsten Fleischfressern ihrer Zeit.
Warum verschwanden die Hyaenodonten?
Hyaenodonten dominierten über Millionen von Jahren die Raubtierwelt, doch ihr Erfolg war nicht von Dauer. Vor rund 18 Millionen Jahren veränderten sich die Klimabedingungen drastisch. Neue Raubtiere wie frühe Katzen, Hunde und Hyänen breiteten sich aus und verdrängten die spezialisierten Hyaenodonten. Die Veränderung der Landschaft und das Verschwinden ihrer bevorzugten Beutetiere besiegelten ihr Schicksal.
Dr. Matt Borths, Kurator für Fossilien am Duke Lemur Center Museum of Natural History, erklärt die Bedeutung der Fayum-Region für die Forschung: „Fayum ist eines der wichtigsten Fossiliengebiete in Afrika. Ohne Fayum wüssten wir sehr wenig über die Ursprünge afrikanischer Ökosysteme und die Evolution afrikanischer Säugetiere wie Elefanten, Primaten und Hyaenodonten.“

Ein Fenster in die ferne Vergangenheit
Die Fayum-Depression ermöglicht es Wissenschaftlern, eine Zeit zu erforschen, in der sich die heutige Tierwelt Afrikas erst herausbildete. Die Entdeckung von Bastetodon und Sekhmetops zeigt, wie komplex die Evolutionsgeschichte der Raubtiere ist. Ihre Nachfahren sind heutzutage ausgestorben. Doch ihre Fossilien geben wertvolle Hinweise darauf, wie sich moderne Raubtiere entwickelten und wie sie mit den damaligen Ökosystemen interagierten.
Der Fund des fast vollständigen Schädels ist nicht nur eine wissenschaftliche Sensation, sondern auch ein Beweis dafür, dass die ägyptische Wüste noch viele Geheimnisse birgt. Die Forscher von Sallam Lab haben gezeigt, dass sich selbst in altbekannten Fossilienregionen immer wieder spektakuläre Neuentdeckungen machen lassen.
Kurz zusammengefasst:
- In der ägyptischen Wüste wurde ein fast vollständiger Schädel eines Hyaenodonten entdeckt. Das Raubtier stand vor 30 Millionen Jahren an der Spitze der Nahrungskette.
- Die Hyaenodonten-Fossilie ermöglicht neue Erkenntnisse über die Evolution dieser Fleischfresser, die sich einst über Afrika, Asien, Europa und Nordamerika verbreiteten, bevor sie vor 18 Millionen Jahren ausstarben.
- Der Fund stammt aus der Fayum-Depression, einer der wichtigsten Fossilienregionen Afrikas. Sie liefert wertvolle Einblicke in die Entwicklung heutiger Säugetiere wie Elefanten, Primaten und Raubtiere.
Bild: © Ahmad Morsi