Durchbruch in Australien: Forscher machen Ewigkeitschemikalien unschädlich
Forscher zersetzen Ewigkeitschemikalien mit Sonnenlicht und machen sie so nahezu unschädlich. Der Erfolg übertrifft bisherige Verfahren bei weitem.

Mehr als 85 Prozent der Australier haben sie bereits im Blut und über 1.500 Orte in Deutschland sind damit kontaminiert: PFAS, sogenannte Ewigkeitschemikalien. © Vecteezy
Australische Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, das langlebige und schädliche PFAS fast vollständig in harmlose Bestandteile zerlegt. Diese Chemikalien sind allgegenwärtig: Sie stecken in Antihaftpfannen, Textilien, Löschschäumen und vielen weiteren Produkten. PFAS bauen sich in der Umwelt kaum ab und können sich im Körper anreichern. Laut der University of Adelaide weisen mehr als 85 Prozent der Bevölkerung in Australien messbare Mengen dieser Chemikalien im Blut auf. Im Jahr 2023 wies zudem eine Recherche von NDR, WDR und SZ an über 1.500 Orten in Deutschland PFAS nach.
PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) sind synthetische Chemikalien mit extrem stabilen Kohlenstoff-Fluor-Bindungen. Diese chemische Struktur macht sie besonders widerstandsfähig gegen Abbau, weswegen sie auch „Ewigkeitschemikalien“ genannt werden.
PFAS gezielt zerstören
Das australische Team setzte in der Studie auf Cadmium-Indium-Sulfid als Katalysator. Unter Lichteinwirkung setzt das Material Elektronen frei. Diese wirken direkt auf die Fluoratome der PFAS-Moleküle.
„PFAS-Verunreinigungen stellen weiterhin ein globales Gesundheitsrisiko dar, und diese Forschung ist ein entscheidender Schritt hin zu sichereren Gemeinden und saubereren Ökosystemen“, sagt Projektleiter Dr. Cameron Shearer.
Bisherige Methoden wie Adsorption (der Prozess, bei dem sich Moleküle einer Substanz an der Oberfläche eines Festkörpers anlagern) oder Verbrennung entfernen PFAS oft nur teilweise oder erzeugen neue Schadstoffe. Der neue Ansatz greift die Moleküle an einer entscheidenden Stelle an.
Nahezu vollständiger Abbau im Labor
Im Laborversuch gelang es, Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) innerhalb von 24 Stunden zu 99 Prozent zu entfernen und zu 97 Prozent zu defluorinieren.
„Wir haben den Katalysator so optimiert, dass wir gezielt die schützenden Fluoratome der PFAS angreifen. Das führte zum vollständigen Abbau dieser Chemikalien“, so die Studienautoren.
Das entstehende Fluorid lässt sich zurückgewinnen. Es kann in Zahnpasta oder als Zusatzstoff in Düngemitteln weiterverwendet werden.
Praxistest mit belastetem Wasser
Die Forscher prüften die Methode an einer Wasserprobe aus einer PFAS-belasteten Anlage in Südaustralien. Die Probe enthielt acht verschiedene PFAS, darunter PFOS. Das Verfahren entfernte im Durchschnitt 78 Prozent der Gesamtmenge und spaltete das Fluor vollständig ab.
Längerkettige PFAS ließen sich leichter abbauen als kurzkettige, da sie stärker an der Katalysatoroberfläche haften und dadurch besser reagieren.
Deutlich bessere Leistung als mit gängigen Mitteln
Im Vergleich zu Titandioxid, einem gängigen Photokatalysator, zeigte sich der Vorteil des neuen Materials deutlich. Titandioxid baute unter identischen Bedingungen nur rund 20 Prozent PFOS ab. Cadmium-Indium-Sulfid zersetzte die Substanz hingegen fast vollständig. Grund ist das höhere Reduktionspotenzial – das begünstigt die Spaltung der Kohlenstoff-Fluor-Bindungen.
Tests mit sogenannten Lochfängern bestätigten, dass vor allem die freigesetzten Elektronen den Abbau bewirken. Oxidative Prozesse spielen in diesem System kaum eine Rolle.
Stabilität für den Dauerbetrieb erhöhen
Für den industriellen Einsatz muss der Katalysator widerstandsfähiger werden. Bei wiederholtem Einsatz sank nämlich die Leistung. Zudem lösten sich Schwefel und geringe Mengen der Metalle Cadmium und Indium.
Materialforscher Mahmoud Gharib von der University of Adelaide arbeitet bereits an Lösungen. Geplant sind stabilisierende Strukturen, Co-Katalysatoren und Trägermaterialien. Gharib erklärt:
Die von uns entwickelten Materialien könnten Teil von Behandlungsketten sein, die PFAS zunächst einfangen und konzentrieren, bevor sie durch unser lichtaktiviertes Material vollständig abgebaut werden.
Kurz zusammengefasst:
- Australische Forscher der University of Adelaide haben einen Sonnenlicht-Katalysator entwickelt, der PFAS nahezu vollständig abbaut.
- Das Verfahren spaltet die stabilen Kohlenstoff-Fluor-Bindungen und wandelt die Chemikalien in harmlose Bestandteile um.
- In Labor- und Praxistests war die Methode deutlich wirksamer als gängige Photokatalysatoren wie Titandioxid.
Übrigens: Eine Studie aus dem Juli 2024 hat herausgefunden, dass einige Ewigkeitschemikalien das Gehirn beeinflussen können. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy