Mikroplastik in der Luft: Wie gefährlich ist der unsichtbare Feind?
Mikroplastik in der Luft bedroht Gesundheit und Umwelt. Neue Forschung widerlegt, dass der Ozean die Hauptquelle ist.

Mikroplastik in der Luft entwickelt sich zu einer ernsthaften Gefahr für Umwelt und Gesundheit. Jüngste Forschung widerlegt die Annahme, dass der Ozean die Hauptquelle ist. © Midjourney
Mikroplastik ist längst nicht mehr nur ein Problem für Ozeane und Böden – es schwebt auch in der Luft, die wir täglich atmen. Diese winzigen Kunststoffpartikel, die kleiner als fünf Millimeter sind, stellen nicht nur eine Gefahr für die Umwelt dar, sondern auch für unsere Gesundheit. Was viele nicht wissen: Die kleinen Teilchen gelangen über unterschiedlichste Quellen in die Atmosphäre und können bis in die abgelegensten Ecken der Erde transportiert werden, heißt es in einer aktuellen Studie des Max-Planck-Instituts für Meteorologie. Doch was genau bedeutet das für uns?
Mikroplastik in der Luft: Woher kommt es?
Die Quellen für Mikroplastik in der Luft sind vielfältig und reichen von alltäglichen Dingen bis hin zu industriellen Prozessen. Eine der größten Quellen ist der Straßenverkehr. Der Abrieb von Autoreifen und Bremsbelägen wirbelt Mikroplastikpartikel auf und trägt sie in die Luft. Besonders bedenklich: Diese winzigen Kunststoffteilchen können weit über die Straßen hinaus verteilt werden. Schätzungen zufolge verbleiben etwa zehn Prozent des Abriebs in der Luft. Aber nicht nur Autos tragen dazu bei: Synthetische Textilien setzen beim Waschen Mikrofasern frei, die über das Abwasser und schließlich über die Luft wieder in die Umwelt gelangen. Auch die Industrie und die Landwirtschaft steuern ihren Teil bei.
Bisher ging man davon aus, dass die Ozeane eine zentrale Rolle beim Transport von Mikroplastik in die Atmosphäre spielen. Diese Theorie beruhte auf der Vorstellung, dass Plastikpartikel durch Wellen und Luftblasen aus dem Meer in die Luft gelangen. Doch neue Forschungsergebnisse des Max-Planck-Instituts für Meteorologie haben diese Annahme nun widerlegt: Der Ozean fungiert demnach nicht als Quelle für Mikroplastik in der Luft, sondern eher als eine Art „Senke“, in der sich rund 15 Prozent des globalen Mikroplastiks absetzen.
Neue Erkenntnisse zur Herkunft von Mikroplastik
Frühere Studien, die den Ozean als Hauptquelle von Mikroplastik betrachteten, basierten auf komplexen Modellen, die versuchten, die Quellen des Mikroplastiks aus der Verteilung in der Atmosphäre abzuleiten. Doch neue Untersuchungen zeigen, dass die reale Menge an Mikroplastik, die aus dem Meer in die Luft gelangt, weitaus geringer ist als bislang angenommen. Stattdessen ist die Hauptquelle von Mikroplastik in der Luft an Land zu finden – und hier vor allem durch den Abrieb von Reifen und die Mikrofasern aus Textilien.
Einmal in die Luft gelangt, verteilt sich Mikroplastik durch Wind und Wetter weltweit. Größere Partikel setzen sich schnell ab – meist nahe ihrer Quelle. Doch die kleineren Partikel, die oft nur wenige Mikrometer groß sind, können bis zu einem Jahr in der Atmosphäre bleiben und riesige Distanzen zurücklegen. Diese winzigen Teilchen reisen sogar in die entlegensten Gegenden der Erde: In Simulationen zeigte sich, dass sie selbst die Arktis erreichen und sich dort auf Schnee und Eis ablagern.
Wie gefährlich ist Mikroplastik für uns?
Mikroplastik in der Luft ist nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch eine gesundheitliche Bedrohung. Die winzigen Partikel zählen zu den Feinstaubpartikeln (PM10 und PM2,5) und können beim Einatmen tief in die Lungen eindringen. Besonders bedenklich ist, dass die kleineren Partikel sogar in den Blutkreislauf gelangen können. Auch wenn die langfristigen gesundheitlichen Folgen noch nicht vollständig erforscht sind, zeigen erste Studien, dass Mikroplastik das Risiko für Atemwegserkrankungen und Kreislaufprobleme erhöhen könnte. Besonders in städtischen Gebieten, in denen der Verkehr die Hauptquelle für Mikroplastik ist, sind die Belastungen besonders hoch.
Doch nicht nur für den Menschen, auch für die Natur hat Mikroplastik weitreichende Konsequenzen. Wenn die Partikel auf Schnee oder Eis abgelagert werden, sinkt deren Reflexionsfähigkeit, was den Klimawandel zusätzlich anheizen kann. Auch die Bildung von Wolken und die Gesundheit der Ozonschicht könnten durch die winzigen Plastikfasern beeinträchtigt werden.

Was können wir tun, um die Belastung zu reduzieren?
Die Erkenntnisse über die Quellen und den Transport von Mikroplastik in der Luft eröffnen neue Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser Verschmutzung. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die Reduzierung des Abriebs von Reifen und Bremsbelägen. Abriebarme Materialien könnten helfen, die Emission von Mikroplastik aus dem Straßenverkehr deutlich zu verringern. Auch die Verwendung von nachhaltigen Textilien und eine bessere Abwasserreinigung könnten dazu beitragen, die Belastung durch Mikrofasern in der Luft zu senken.
Darüber hinaus könnte eine verbesserte Straßenreinigung mit Schmutzwasseraufbereitung dazu beitragen, dass weniger Plastikpartikel in die Luft gelangen. Je mehr wir über die Quellen und Verbreitungswege von Mikroplastik wissen, desto gezielter können wir gegen diese unsichtbare Bedrohung vorgehen.
Mikroplastik in der Luft ist kein abstraktes Problem, sondern betrifft uns alle. Die gute Nachricht: Mit gezielten Maßnahmen können wir die Belastung reduzieren – und das beginnt bei der Reduktion von Plastik in unseren Alltagsprodukten. Es ist höchste Zeit, dass wir diese Herausforderung ernst nehmen und handeln, bevor der unsichtbare Feind unsere Umwelt und Gesundheit weiter schädigt.
Kurz zusammengefasst:
- Mikroplastik in der Luft stammt vor allem aus dem Straßenverkehr, Reifenabrieb und synthetischen Textilien.
- Der Ozean fungiert als Senke für Mikroplastik und ist keine bedeutende Quelle für atmosphärische Partikel.
- Diese Partikel können bis zu einem Jahr in der Atmosphäre verbleiben und entlegene Gebiete wie die Arktis erreichen, was gesundheitliche und ökologische Risiken birgt.
Übrigens: Mikroplastik ist nicht nur in der Luft ein Problem, sondern auch in der Tasse – Teebeutel aus Kunststoff setzen Milliarden winziger Partikel frei. Die neue Studie der Universität Barcelona zeigt, wie diese Partikel in unseren Körper gelangen können, mit potenziellen Gesundheitsrisiken. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Midjourney