Forscher schaffen künstliche Photosynthese – Sonnenlicht könnte direkt in Treibstoff verwandelt werden

Ein Basler Team entwickelt ein Molekül, das Sonnenlicht in stabilen Ladungen speichert – ein Schritt hin zu CO2-neutralen Treibstoffen.

Künstliche Photosynthese – Sonnenlicht wird zu Treibstoff

Wie in grünen Blättern bei der Photosynthese lagert auch das neue Molekül vorübergehend zwei positive und zwei negative Ladungen ein. © Wikimedia

Im Wettlauf gegen die Klimakrise suchen Wissenschaftler weltweit nach Wegen, Sonnenlicht nicht nur in Strom, sondern auch in speicherbare Energieträger zu verwandeln. In einer Studie berichten Forscher der Universität Basel nun von einem wichtigen Schritt: Mit einem neu entwickelten Molekül konnten sie zeigen, dass sich Lichtenergie in Form von stabilen elektrischen Ladungen speichern lässt. Es könnte ein entscheidender Baustein auf dem Weg zu klimaneutralen Treibstoffen sein.

Pflanzen als Vorbild für eine Energiezukunft ohne CO2

Photosynthese ist die Grundlage fast allen Lebens auf der Erde. Die Natur hat das Prinzip längst perfektioniert. Pflanzen nutzen die Energie des Sonnenlichts, um Kohlendioxid in Zucker umzuwandeln. Wenn Menschen oder Tiere die so entstandenen Kohlenhydrate wieder „verbrennen“, entsteht erneut CO2 – ein geschlossener Kreislauf.

Forscher möchten dieses Modell nachahmen. Ihr Ziel: Künstliche Photosynthese, die Sonnenlicht in chemische Energieträger wie Wasserstoff, Methanol oder synthetisches Benzin verwandelt. Solche Solartreibstoffe könnten fossile Energien ersetzen. Wird ein Liter davon verbrannt, gelangt nur so viel Kohlendioxid in die Atmosphäre, wie zuvor bei der Herstellung gebunden wurde. Damit wären sie klimaneutral – und gleichzeitig langfristig speicherbar.

Molekül speichert vier Ladungen gleichzeitig

Einen entscheidenden Zwischenschritt beschreibt nun die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Oliver Wenger an der Universität Basel. Gemeinsam mit seinem Doktoranden Mathis Brändlin entwickelte er ein spezielles Molekül, das unter Lichteinstrahlung gleich vier elektrische Ladungen speichern kann – zwei positive und zwei negative.

„Wir haben ein wichtiges Puzzleteil identifiziert und realisiert“, sagt Wenger. Mehrere Ladungen gleichzeitig zu speichern ist eine Grundvoraussetzung, um Lichtenergie tatsächlich in chemische Reaktionen zu übersetzen. Nur so lassen sich Prozesse antreiben, die für Solartreibstoffe entscheidend sind – etwa die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff.

Aufbau wie ein Baukasten

Das Molekül besteht aus fünf Einheiten, die wie Glieder in einer Kette aneinandergereiht sind:

  • Zwei Glieder auf der einen Seite geben Elektronen ab und werden positiv geladen.
  • Zwei Glieder auf der anderen Seite nehmen Elektronen auf und werden negativ geladen.
  • In der Mitte sitzt ein spezieller Baustein, der das Licht „einsammelt“ und die Reaktion auslöst.

Mit einem ersten Lichtblitz entsteht ein Paar aus positiver und negativer Ladung. Diese wandern an die Enden des Moleküls. Ein zweiter Lichtblitz wiederholt den Vorgang – das Molekül trägt nun vier Ladungen gleichzeitig.

Funktioniert auch mit schwachem Sonnenlicht

Besonders bemerkenswert: Das System funktioniert nicht nur unter extrem starkem Laserlicht, sondern auch mit deutlich schwächerer Beleuchtung. „Diese schrittweise Anregung erlaubt es, deutlich schwächeres Licht zu nutzen. Wir bewegen uns damit schon in der Nähe der Stärke von Sonnenlicht“, erklärt Brändlin.

Damit rückt die Idee einer künstlichen Photosynthese näher an realistische Bedingungen heran. Außerdem bleiben die erzeugten Ladungen lange genug stabil, um in Folgereaktionen genutzt zu werden – etwa um Wasserstoff herzustellen.

Farbig markierte Lichtstrahlen machen sichtbar, wie die einzelnen Laserstrahlen im Experiment auf das Molekül treffen. © Studie
Farbig markierte Lichtstrahlen machen sichtbar, wie die einzelnen Laserstrahlen im Experiment auf das Molekül treffen. © Studie

Perspektiven für die Energiewende

Für die Energiewende bedeutet die Entdeckung: Solartreibstoffe könnten künftig helfen, erneuerbare Energie über längere Zeiträume zu speichern und in Bereichen nutzbar zu machen, die schwer elektrifizierbar sind – von der Luftfahrt bis zur Stahlproduktion. Entscheidend bleibt jedoch, das Basler Prinzip in stabile, günstige Systeme zu übertragen und mit passenden Katalysatoren zu verbinden.

Kurz zusammengefasst:

  • Die Universität Basel hat ein Molekül entwickelt, das Sonnenlicht in Form von vier stabilen elektrischen Ladungen speichern kann.
  • Dieser Mechanismus gilt als entscheidende Voraussetzung, um mit künstlicher Photosynthese CO2-neutrale Treibstoffe wie Wasserstoff oder Methanol herzustellen.
  • Die Studie zeigt erstmals, dass solche Prozesse auch mit Lichtintensitäten nahe der natürlichen Sonnenstrahlung funktionieren.

Übrigens: Während Forscher in Basel am Prinzip der künstlichen Photosynthese tüfteln, zeigt eine Studie aus Hannover, dass Deutschland ohne Stromspeicher jedes Jahr riesige Energiemengen ungenutzt verschenkt. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © ProbablyColours via Wikimedia unter CC BY 2.0

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert