Frühere Grippeinfektionen: Schutzschild gegen die Vogelgrippe-Pandemie

Das H5N1-Virus könnte eine Pandemie auslösen. Dabei hätten ältere Generationen einen besseren Schutz als jüngere.

Vogelgrippe Schutz

Eine frühere Immunität könnte entscheidend sein, wenn die Vogelgrippe zu einer menschlichen Pandemie führt. © Wikimedia

Die Vogelgrippe H5N1, ein Erreger, der seit 1996 bekannt ist und Millionen von Vögeln weltweit das Leben gekostet hat, breitet sich weiter aus und könnte eine Pandemie auslösen. Im März dieses Jahres wurde das Virus erstmals bei US-Rindern festgestellt. Bis zum 8. Juli hatten sich fast 140 Milchviehherden in zwölf US-Bundesstaaten und vier Landwirte mit dem Virus infiziert. Sollte es zur Pandemie kommen, hätten Ältere, die vor 1968 an einer Grippe erkrankt waren, einen gewissen Schutz vor H5N1.

Ungewöhnliche Übertragung durch Rohmilch

Seema Lakdawala, eine Influenzavirologin an der Emory University School of Medicine, erklärte, dass die Übertragung des Virus auf die vier infizierten Arbeiter ungewöhnlich sein könnte. „Die leichten Symptome der Arbeiter könnten darauf zurückzuführen sein, dass sie H5N1 möglicherweise durch den Kontakt mit Rohmilch von infizierten Kühen und nicht durch die üblichen Luftpartikel aufgenommen haben“, so Lakdawala in Nature.

Risiko durch Rohmilch minimal

Es scheint, dass schon der Verzehr von virushaltiger Milch ausreicht, um sich anzustecken. Diese Möglichkeit besteht auch für Menschen, wie Stephan Ludwig, der Direktor des Instituts für Virologie der Universität Münster, der Tagesschau erklärt. „Das bedeutet, dass auch Personen, die keinen direkten Kontakt zu den Kühen haben, gefährdet sind, wenn sie diese Rohmilch trinken.“ Allerdings trifft das nur auf unbehandelte Milch zu. Ludwig beruhigt: „Bei pasteurisierter Milch aus dem Supermarkt besteht keine Gefahr.“ Obwohl die Übertragung durch Rohmilch möglich ist, ist das tatsächliche Risiko für Menschen momentan gering: Es sind nur wenige Fälle bekannt, in denen sich Menschen durch Rinder angesteckt haben, und diese Erkrankungen verliefen nicht schwer.

Geringes Risiko für Vogelgrippe durch Rinder in Deutschland

In Deutschland ist das Risiko, dass sich die Vogelgrippe ähnlich stark unter Milchkühen verbreitet wie in den USA, derzeit unwahrscheinlich, erklärt Ludwig. „Wir verfügen über ein sehr effizientes Veterinärüberwachungssystem. Bei uns gibt es praktisch eine ‚gläserne Kuh‘: Jeder weiß, woher sie kommt, wo sie gewesen ist und wie sie transportiert wurde.“ Im Vergleich dazu seien die Kontrollen in den USA weniger streng. „Dort nehmen die Behörden die Situation nicht so ernst“, kritisiert Ludwig.

Potenzielle Gefahren

Obwohl die Fälle bei den US-Molkereiarbeitern mild verliefen, warnt Malik Peiris, Virologe an der Universität von Hongkong, vor einer Unterschätzung des Virus. „Die Milde dieser Fälle bedeutet nicht, dass dieses Virus grundsätzlich mild ist“, sagt Peiris. Diese Aussage unterstreicht das potenzielle Risiko einer pandemischen Ausbreitung des H5N1-Virus, das schwere globale Gesundheitskrisen auslösen könnte, sollte es leichter zwischen Menschen übertragbar werden.

Frühere Grippeinfektionen bieten Schutz

Es gibt allerdings auch positive Nachrichten. Erfahrungen aus früheren Pandemien, wie der H1N1-Pandemie 2009, bei der vor allem jüngere Menschen betroffen waren, könnten einen gewissen Schutz vor der Vogelgrippe bieten. Michael Worobey, ein Forscher auf dem Gebiet der Evolution, erklärt, dass die Erstinfektion mit einem Grippevirus im Kindesalter eine Immunität hinterlassen kann, die auch bei späteren, ähnlichen Viren schützt. Seine Forschung zeigt, dass Personen, die ihre erste Grippeinfektion vor 1968 hatten, häufig von H5N1 verschont bleiben, da das damals dominante Grippevirus dem H5N1 ähnelte.

„First-Bout-Effekt“: Kindheitsgrippe schützt langfristig

In einer Studie aus dem Jahr 2016 analysierte Worobey fast zwei Jahrzehnte schwere Infektionen mit den Vogelgrippe-Subtypen H5N1 und H7N9. „Die Menschen werden generell nicht von dem Grippestamm beeinträchtigt, der dem entspricht, der ihre erste Kindheitsgrippeinfektion verursacht hatte, während sie anfälliger für nicht übereinstimmende Stämme sind“, erklärte Worobey. Dieser „First-Bout-Effekt“ zeigt, dass die Immunität aus der ersten Infektion bis zu 75 Prozent Schutz gegen schwere Krankheiten und 80 Prozent Schutz gegen den Tod durch einen passenden Vogelgrippe-Virus bietet.

Alarmierende Anfälligkeit für H5N1-Virus

Trotz der bisher nur milden Krankheitsverläufe ist die Lage rund um das Vogelgrippe-Virus H5N1 besorgniserregend. Wie Nature berichtet, sind Forscher alarmiert: Nur wenige Menschen besitzen Antikörper gegen die aktuelle Variante des H5N1-Virus. Das bedeutet, dass die meisten von uns sehr anfällig für eine Ansteckung wären, falls das Virus beginnt, sich leichter von Mensch zu Mensch zu übertragen. Das amerikanische Gesundheitsamt, das Centers for Disease Control and Prevention, warnt vor diesem Risiko.

Was du dir merken solltest:

  • Das H5N1-Virus, erstmals 1996 identifiziert, hat sich als hochpathogener Erreger für Vögel erwiesen und ist mittlerweile auch auf Säugetiere übergesprungen, was die Risiken für eine potenzielle Pandemie unter Menschen erhöht.
  • Eine Infektion kann auf ungewöhnliche Weise erfolgen, wie zum Beispiel durch den Konsum von Rohmilch infizierter Kühe, wobei pasteurisierte Milch keine Gefahr darstellt.
  • Frühere Expositionen gegenüber Grippeviren, insbesondere während der Kindheit, können einen signifikanten Schutz gegen spätere Infektionen durch ähnliche Viren wie die der Vogelgrippe bieten, ein Phänomen bekannt als der „First-Bout-Effekt“.

Bild: © NIAID via Wikimedia unter CC BY 2.0

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