Kälte bringt Vielfalt, Hitze den Tod: Was 91 Millionen Jahre Klimadrama für die Zukunft prophezeien

Eine der Folgen rapider Klimaerwärmung waren schon immer Massenaussterben. Dies haben Forscher in einer neuen Studie herausgefunden.

Folgen der Klimaerwärmung: Hitze bedroht Leben auf der Erde

Fusuliniden: Was aussieht wie versteinerter Langkornreis und nach Nudeln klingt sind in Wahrheit fossilisierte Mikroorganismen. © James St. John

Die aktuelle Klimaerwärmung hat für das Leben auf der Erde schwere Folgen. Damit folgt sie einem Trend, den Forscher bei einer Studie fossiler Mikroorganismen beobachtet haben: Kühlt das Klima langsam ab, blüht das Leben auf – erhitzt es sich rapide, vernichtet es die entstandene Vielfalt im Handumdrehen wieder. 

Laut einer Studie der University of East Anglia könnten mehr als die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten der Klimaerwärmung zum Opfer fallen, wenn diese nicht eingedämmt wird. Ein Team unter der Leitung von Prof. Shuzhong Shen von der Nanjing University hat nun herausgefunden, dass dieser Artenverlust einem dem Planeten bereits bekanntem Muster folgt. Die Forscher haben sich dazu die Artenvielfalt fossiler Fusuliniden, einer Art einzelliger Meeresbewohner, angeschaut – und das über eine Zeitspanne von 91 Millionen Jahren.

Klare Muster im Klimadrama der Erdgeschichte

Die Daten zeigen: Zwei Mal in ihrer Geschichte nahmen die Fusuliniden stark an Artenvielfalt zu: Zum ersten Mal geschah das vor 343 bis 315 Millionen Jahren, das zweite Mal vor 295 bis 293 Millionen Jahren. Beide Ereignisse fielen in Phasen globaler Abkühlung. Dazwischen und danach kam es zu vier dramatischen Rückgängen.

  • Besonders heftig war der Einbruch vor 293 und 283 Millionen Jahren: Damals verschwanden fast 60 Prozent der Arten.
  • Die durchschnittliche Aussterberate lag in dieser Phase laut Studie bei 15,8 Arten pro Million Jahre.
Die Artenvielfalt von im Meer lebenden Fusiliniden sank in Zeiten globaler Erwärmung und stieg in den dazwischenliegenden Kälteperioden an. (Quelle: Studie)
Die Artenvielfalt von im Meer lebenden Fusiliniden sank in Zeiten globaler Erwärmung und stieg in den dazwischenliegenden Kälteperioden an. (Quelle: Studie)

Jeder dieser Einbrüche fiel mit einem plötzlichen Klimawandel zusammen. Etwa 303 Millionen Jahre vor heute begann eine Interglazialphase, also eine „Zwischenkaltzeit“ – anders gesagt eine Warmzeit. Begleitet wurde diese von erhöhter CO2-Freisetzung, Erwärmung und Sauerstoffmangel in den Meeren. Der Artenverlust betrug rund 45 Prozent. Auch das Massenaussterben am Ende des Perm, das vor etwa 252 Millionen Jahren stattfand, fiel in eine solche Warmzeit. Als Hauptverursacher identifizieren die Autoren mehrere große Vulkanausbrüche.

In der langen Eiszeit des späten Paläozoikums wuchs die Artenvielfalt hingegen gleichmäßig. Die Forscher stellten fest, dass unter anderem der Sauerstoffgehalt des Meerwassers und niedrige CO2-Werte die Artenzahl positiv beeinflussten.

Insgesamt konnten vier Umweltfaktoren 81,6 Prozent der beobachteten Änderungen erklären: 

  • CO2-Gehalt
  • Sauerstoffpartialdruck
  • Strontium-Isotopenverhältnis
  • δ13C-Werte organischer Kohlenstoffe

Parallelen zur heutigen Klimaentwicklung

Schon kleinste Temperaturverschiebungen innerhalb von Millionen von Jahren führten in der Vergangenheit zu massivem Artensterben. Die heutige Erderwärmung übertrifft diese natürlichen Prozesse allerdings bei weitem, sowohl in ihrer Geschwindigkeit als auch in ihrer Intensität.

In der Vergangenheit waren besonders die tropischen Flachmeere betroffen. Dort lebten die meisten Fusuliniden. Aber Sauerstoffmangel, steigende Temperaturen und die Versauerung der Ozeane zerstörten diese Lebensräume.

Die heutige Rolle tropischer Riffsysteme als Hotspots der Artenvielfalt könnte ebenfalls langfristig gefährdet sein, wenn sich dieser Trend wiederholt. Die Natur heilt zwar von alleine, aber das dauert: Auf jede Erwärmungsphase folgte eine lange Zeit geringer Artenvielfalt. Die Regeneration nach diesen Katastrophen war mühsam und benötigte oft mehrere Millionen Jahre.

Kurz zusammengefasst:

  • In kühlen Klimaepochen nahm die Artenvielfalt auf der Erde deutlich zu, während Warmzeiten zu massivem Artensterben führten.
  • Verursacht wurden diese Einbrüche in der Vergangenheit durch einen erhöhten CO2-Gehalt und Sauerstoffmangel in den Meeren, etwa in Folge besonders großer Vulkanausbrüche.
  • Die heutige Klimaerwärmung verläuft schneller und stärker als frühere natürliche Prozesse – die Folgen stellen vor allem eine Bedrohung für tropische Lebensräume dar.

Übrigens: Die Ozeane der Erde befinden sich bereits im Wandel – während Polarmeere grün aufblühen, verblassen tropische Gewässer. Eine Antwort auf das Warum gibt es in diesem Artikel.

Bild: © James St. John via Wikimedia unter CC BY 2.0

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