Meeresalgen statt Fisch: Diese fünf Arten stecken voller Omega-3 – und liefern noch mehr Nährstoffe
Essbare Meeresalgen sind reich an Omega-3-Fettsäuren, Eiweiß und Antioxidantien und könnten ein Schlüssel für die Ernährung der Zukunft sein.
Essbare Meeresalgen enthalten viele Mineralstoffe und Antioxidantien und liefern wertvolles Eiweiß. © Beatrice Brix da Costa, ZMT
Sie wachsen im Meer, brauchen keine Felder und kein Süßwasser und könnten unsere Ernährung verändern. Neue Analysen zeigen, dass essbare Meeresalgen weit mehr wertvolle Inhaltsstoffe enthalten, als bisher bekannt war. Sie liefern Omega-3-Fettsäuren, Eiweiß und Mineralstoffe in erstaunlichen Mengen.
Omega-3-Fette braucht der Körper als „Baumaterial“ für Zellen – auch im Gehirn und in den Augen. Fehlt über längere Zeit Nachschub, können zum Beispiel Sehen und Konzentration leiden; zugleich gerät die natürliche Balance bei Entzündungsreaktionen leichter aus dem Takt. Ein Forschungsteam des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) und der Universität Bremen hat nun fünf Makroalgenarten untersucht, die in Asien längst als Delikatesse gelten.
Fünf essbare Meeresalgen liefern erstaunlich viele Nährstoffe
Im Labor analysierten die Forscher Caulerpa cylindracea, Caulerpa lentillifera, Caulerpa racemosa, Codium taylorii und Botryocladia pseudodichotoma. Sie stammen aus dem Mittelmeer, aus Vietnam, Fidschi und Zuchtbecken des ZMT. Trotz eines Wassergehalts von über 90 Prozent enthalten die Algen viele wertvolle Stoffe.
Der Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren lag zwischen 39 und 60 Prozent. Caulerpa lentillifera erreichte Spitzenwerte bei Omega-3, während die Rotalge Botryocladia pseudodichotoma besonders viel Eicosapentaensäure (EPA) enthielt – in der Analyse machte EPA rund ein Viertel der gesamten Fettsäuren aus – ein Fettsäuretyp, der sonst fast nur in Fisch vorkommt.
Eiweißreiche Algen überzeugen mit hohem Nährwert
Auch beim Eiweiß überzeugten die Algen. Codium taylorii enthielt fast 17 Prozent Protein – vergleichbar mit Linsen oder Bohnen. Die Caulerpa-Arten kamen auf vier bis acht Prozent. „Die untersuchten Makroalgen eignen sich ideal als nachhaltige, nährstoffreiche Lebensmittel“, sagt Beatrice Brix da Costa, Doktorandin an der Universität Bremen.
Besonders die Grünalgen zeigten ein gutes Verhältnis von Eiweiß, Fettsäuren und Mineralstoffen. Gleichzeitig enthielten sie viele Antioxidantien, die Zellen schützen. Caulerpa racemosa erreichte die höchsten Werte – mit rund 277 Millimol Trolox-Äquivalenten pro 100 Gramm Trockenmasse.
Neben Vitaminen enthalten essbare Meeresalgen hohe Mengen an Mineralstoffen:
- 10 g Caulerpa cylindracea decken rund 48 Prozent des Kalziumbedarfs.
- 10 g Caulerpa lentillifera liefern bis zu 79 Prozent Magnesium.
- Botryocladia pseudodichotoma enthält 21 Prozent des täglichen Kaliumbedarfs.
Caulerpa racemosa lieferte zusätzlich besonders viel Eisen – rund 1,9 mg pro Gramm Trockenmasse, bis zu 40-mal mehr als andere Arten.
Viele Algen enthalten von Natur aus viel Natrium. Wer sie häufiger isst, sollte deshalb an anderer Stelle weniger salzen – und Algen eher in kleinen Portionen als Ergänzung nutzen.
Nachhaltige Algenzucht entlastet Landwirtschaft und Umwelt
Während die Landwirtschaft unter Trockenheit und Flächenmangel leidet, wachsen Algen im Meer ganz ohne Dünger. „Die nachhaltige Aquakultur mariner Algen oder die Nutzung invasiver Arten kann eine ressourcenschonende zusätzliche Lebensmittelquelle bieten“, erklärt Andreas Kunzmann vom ZMT.
Ein Beispiel ist Caulerpa cylindracea, eine invasive Mittelmeerart. Als Nahrungsmittel könnte sie zugleich ökologisch genutzt und in ihrer Ausbreitung begrenzt werden.
Wie nahrhaft Algen sind, hängt nicht nur von ihrer Art ab, sondern auch von den Bedingungen, unter denen sie wachsen. „Die biochemische Zusammensetzung variiert stark, auch innerhalb der Arten“, so Karin Springer von der Universität Bremen. Deshalb planen die Wissenschaftler, den Nährstoffgehalt künftig gezielt zu steuern – durch angepasste Lichtverhältnisse, Temperaturen oder den optimalen Erntezeitpunkt.
Kurz zusammengefasst:
- Essbare Meeresalgen enthalten überraschend viele Nährstoffe: Sie liefern Omega-3-Fettsäuren, Eiweiß, Antioxidantien und Mineralstoffe in Mengen, die mit Fisch oder Hülsenfrüchten vergleichbar sind.
- Forscher des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) und der Universität Bremen fanden in fünf untersuchten Arten hohe Gehalte an Kalzium, Magnesium und Eisen – zehn Gramm getrocknete Algen können bis zu 80 Prozent des täglichen Magnesiumbedarfs decken.
- Weil sie ohne Ackerland, Süßwasser oder Dünger wachsen, gelten essbare Meeresalgen als umweltfreundliche und zukunftsfähige Ergänzung für die weltweite Ernährung.
Übrigens: Austern könnten fürs Klima mehr bringen als gedacht – weil sie Algenwachstum fördern und so zusätzlich Kohlenstoff im Meer binden. Wie groß der Effekt ist und warum Fachleute trotzdem warnen, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Beatrice Brix da Costa, ZMT
