DNA-Entdeckung: Kein Kollaps der Osterinsel – Überraschende Verbindung zu Südamerika

Neue DNA-Analysen widerlegen den Bevölkerungszusammenbruch auf der Osterinsel und bestätigen einen frühen Kontakt mit Südamerika.

Die Osterinsel ist bekannt für seine riesigen Steinfiguren, sogenannte Moai.

Die Osterinsel ist bekannt für seine riesigen Steinfiguren, sogenannte Moai. © Wikimedia

Die jüngsten Analysen von antiker DNA haben die Geschichte der Osterinsel (Rapa Nui) neu geschrieben und gängige Theorien entkräftet. Wissenschaftler widerlegten den seit Jahren bestehenden Glauben, dass die Bevölkerung der Insel lange vor der Ankunft der Europäer im 18. Jahrhundert durch Übernutzung der natürlichen Ressourcen zusammengebrochen sei.

Diese Theorie, oft als „Ökozid“ bezeichnet, basierte auf der Annahme, dass die Ureinwohner die Umwelt so stark ausgebeutet hätten, dass es zu einem Bevölkerungsrückgang kam. Die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Bevölkerung von Rapa Nui nicht vor der europäischen Kolonisation kollabierte, sondern bis ins 19. Jahrhundert wuchs.

DNA-Analyse enthüllt frühen Kontakt der Osterinsel mit Südamerika

Die neuen Erkenntnisse stammen aus der Analyse von Genomen von 15 Menschen, deren Überreste aus dem 19. und 20. Jahrhundert stammen und im Pariser Naturkundemuseum aufbewahrt wurden. Die Untersuchung dieser DNA widerlegte nicht nur die Theorie des Bevölkerungsabsturzes, sondern bestätigte auch, dass die Menschen auf Rapa Nui schon vor der europäischen Kolonialisierung Kontakt mit den indigenen Völkern Südamerikas hatten.

Wichtige Beiträge zu den neuen Erkenntnissen stammen aus Deutschland, insbesondere vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Die Archäogenetikerin Kathrin Nägele, die dort tätig ist, betonte, dass die aktuelle Studie „den letzten Nagel in den Sarg der Kollaps-Theorie schlägt“. Sie und ihr Team trugen maßgeblich zur genetischen Analyse bei, die half, das Bild der indigenen Bevölkerung von Rapa Nui zu korrigieren und die bisherigen Annahmen über den Untergang der Inselkultur zu widerlegen.

Der Mythos vom „Ökozid“ widerlegt

Der populäre Ökozid-Mythos wurde durch den Geographen Jared Diamond in seinem Buch Collapse (2006) verbreitet und diente vielen Forschern als Erklärung für den Niedergang der Insel. Laut dieser Theorie habe die Insel eine Bevölkerung von etwa 15.000 Menschen beherbergt, bevor Übernutzung und Umweltzerstörung diese Zahl auf nur noch 3.000 vor der Ankunft der Europäer reduziert hätten. Doch die neuen genetischen Daten widersprechen dieser Annahme. Die Wissenschaftler fanden keine Hinweise auf einen dramatischen Rückgang der Bevölkerung vor dem 18. Jahrhundert.

Die Analysen zeigten, dass die Einwohnerzahl nach der ersten Besiedlung um 1.200 n. Chr. stetig wuchs und erst im 19. Jahrhundert, durch eine Kombination von Krankheiten und dem Sklavenhandel, signifikant abnahm. „Es gibt keinen starken Zusammenbruch“, sagte Anna-Sapfo Malaspinas, Populationgenetikerin an der Universität Lausanne. Das Team stellte fest, dass die genetischen Daten nicht mit einem dramatischen Rückgang der Bevölkerung übereinstimmen.

Frühzeitiger Kontakt mit Südamerika

Zusätzlich zu den neuen Erkenntnissen über die Bevölkerungsentwicklung auf der Osterinsel wurde auch der frühe Kontakt mit Südamerika nachgewiesen. Diese Erkenntnis wurde durch die Analyse von DNA-Segmenten gewonnen, die in den Genomen der alten Bewohner von Rapa Nui gefunden wurden. Diese DNA-Segmente wiesen genetische Verbindungen zu den indigenen Völkern der zentralandinen Hochebenen in Südamerika auf und datieren auf das 14. Jahrhundert, also lange vor der Ankunft der Europäer. Diese Entdeckung legt nahe, dass es zwischen den Ureinwohnern der Osterinsel und den Völkern Südamerikas über den Pazifik hinweg Kontakte gab.

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Die Forscher, darunter Victor Moreno-Mayar, Evolutionsgenetiker an der Universität Kopenhagen, gehen davon aus, dass diese Kontakte durch Seereisen entstanden, die von den Bewohnern der Osterinsel unternommen wurden. „Wir sind ziemlich sicher, dass es bereits im 14. Jahrhundert eine Vermischung gab“, erklärte Moreno-Mayar. Diese Entdeckung bestätigte lang gehegte Vermutungen, dass die Seefahrtsfähigkeiten der Polynesier so weit fortgeschritten waren, dass sie es bis nach Südamerika schafften.

Polynesische Seefahrtsexpertise bestätigt

Für viele Polynesier kommt diese Entdeckung nicht überraschend. Keolu Fox, Genomwissenschaftler an der Universität von Kalifornien in San Diego, betonte, dass die Polynesier als erfahrene Seefahrer bekannt sind. „Wir bestätigen etwas, das wir bereits wussten“, sagte er. „Eine Gemeinschaft, die Orte wie Hawaii oder Tahiti fand, hätte sicher keinen ganzen Kontinent übersehen.“ Diese Sichtweise spiegelt auch die Reaktionen der indigenen Gemeinschaft auf Rapa Nui wider, als die Forscher ihre Ergebnisse präsentierten.

Die Osterinsel, die heute zu Chile gehört, liegt etwa 3.500 Kilometer vor der Küste Südamerikas und rund 2.000 Kilometer von der nächsten Insel, Pitcairn, entfernt.
Die Osterinsel, die heute zu Chile gehört, liegt etwa 3.500 Kilometer vor der Küste Südamerikas und rund 2.000 Kilometer von der nächsten Insel, Pitcairn, entfernt. © TUBS via Wikimedia unter CC BY 3.0

Was du dir merken solltest:

  • DNA-Analysen widerlegen die Theorie, dass die Bevölkerung der Osterinsel durch Umweltzerstörung vor der Ankunft der Europäer kollabierte.
  • Die Untersuchungen zeigen, dass die Bevölkerung bis ins 19. Jahrhundert wuchs und bereits im 14. Jahrhundert Kontakt zu indigenen Völkern Südamerikas hatte.
  • Forscher aus Leipzig spielten eine entscheidende Rolle bei der genetischen Analyse, die das Bild der Geschichte der Osterinsel grundlegend veränderte.

Bild: © Horacio_Fernandez via Wikimedia unter CC BY 3.0

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