Zellteilung läuft anders als gedacht – Was das für die Krebsforschung bedeutet

Forscher entdecken Zellen, die sich anders teilen und neue Einblicke in die Entstehung von Krebs liefern könnten.

Asymmetrische Zellteilung: Zellen teilen sich anders als gedacht

Wenn sich Zellen nicht mehr nach Plan teilen, entstehen Unterschiede – und manchmal auch Tumore. Eine neue Studie stellt unser Verständnis der Zellteilung infrage. (Symbolbild) © DALL-E

Seit Jahrzehnten galt die Zellteilung als streng geordneter Ablauf: klar definierte Phasen, präzise Abläufe, identische Tochterzellen: Interphase, Prophase, Metaphase, Anaphase, Telophase. Dieses Lehrbuchwissen über Mitose prägt den Biologieunterricht weltweit. Forscher der University of Manchester haben nun einen Mechanismus beobachtet, der dieses Bild erweitert. In ihrer Untersuchung spielt die asymmetrische Zellteilung eine zentrale Rolle und wirft neue Fragen zur Vielfalt von Zellfunktionen und Gewebeentwicklung auf.

Asymmetrische Zellteilung: Wenn Zellen eigene Wege gehen

Das Forschungsteam um Shane Herbert und Holly Lovegrove fand heraus, dass viele Zellen nicht den klassischen Weg gehen. Statt sich rund zu formen und zwei gleich große Tochterzellen zu bilden, behalten einige ihre ursprüngliche Form bei. Fachleute sprechen von isomorphen Zellen. Diese teilen sich asymmetrisch. Dabei entstehen Tochterzellen, die unterschiedlich groß sind, verschiedene Formen annehmen und sogar andere Aufgaben übernehmen.

Das hat große Bedeutung. Denn so entsteht Vielfalt im Gewebe. Während symmetrische Teilungen eher für identische Zelltypen sorgen, schaffen asymmetrische Teilungen die Grundlage für spezialisierte Zelltypen, die in unserem Körper unterschiedliche Funktionen übernehmen.

Zebrafische liefern entscheidende Hinweise

Um diese Abläufe besser zu verstehen, nutzten die Forscher Zebrafisch-Embryonen als Modellorganismus. Gerade ihre Stammzellen, die an der Bildung neuer Blutgefäße beteiligt sind, eignen sich besonders gut für diese Untersuchungen. Die Zellen dieser Fische verhalten sich ähnlich wie menschliche Zellen und erlauben präzise Einblicke in frühe Entwicklungsprozesse.

Damit konnten die Forscher verfolgen, wie Zellen sich unter unterschiedlichen Bedingungen teilen. So konnten sie auch feststellen, wie sehr die Form einer Zelle darüber entscheidet, ob sie sich symmetrisch oder asymmetrisch teilt.

Zellform steuert den Ablauf der Teilung

Die Forscher nutzten eine spezielle Technik namens Mikropatterning. Dabei wuchsen die Zellen auf proteinbeschichteten Flächen, die ihnen bestimmte Formen vorgaben. So war klar erkennbar: Längliche Zellen blieben häufig in ihrer Form. Sie neigten eher zur asymmetrischen Teilung. Rundere Zellen formten sich dagegen zur klassischen Mitose-Rundung und teilten sich symmetrisch. Schon kleine Unterschiede in der Form vor der Teilung legen damit fest, welchen Weg die Tochterzellen später gehen.

Warum diese Entdeckung so wichtig ist

Die asymmetrische Zellteilung spielt bei der Entstehung verschiedener Gewebearten eine entscheidende Rolle. Nur durch diese Vielfalt können sich komplexe Strukturen im Körper entwickeln. So entstehen etwa Hautzellen, Nervenzellen oder Blutgefäßzellen aus denselben Vorläuferzellen, je nachdem, wie die Teilung verläuft.

Doch nicht nur in der Entwicklung eines gesunden Körpers spielt dieser Vorgang eine Rolle. Auch bei Krebs könnte die asymmetrische Teilung von Zellen darüber entscheiden, wie aggressiv ein Tumor wächst oder wie sich Metastasen bilden.

Informationen bleiben besser erhalten

Ein weiterer Aspekt dieser Forschung betrifft die Weitergabe von Informationen während der Zellteilung. Normalerweise gehen bei der klassischen Mitose viele Eigenschaften des Ausgangszustands verloren. Die Zelle „vergisst“ gewissermaßen, was sie vorher war. Bei der isomorphen, also formbewahrenden Teilung, bleiben hingegen viele dieser Informationen erhalten. So können die Tochterzellen auf dem Wissen der Mutterzelle aufbauen, was für ihre spätere Spezialisierung entscheidend sein kann.

Dieses Wissen könnte in Zukunft helfen, Therapien gezielter zu steuern. Besonders in der Krebsmedizin wäre es enorm wertvoll zu wissen, wie sich Tumorzellen spezialisieren und verbreiten. Möglicherweise lässt sich durch das gezielte Eingreifen in die Zellform die weitere Entwicklung von Krebs beeinflussen. Die Forscher sehen in der isomorphen Zellteilung einen viel direkteren Weg der Informationsweitergabe: Die Zelle spart sich unnötige Umwege, wenn sie bei ihrer Form bleibt.

Kurz zusammengefasst:

  • Zellen teilen sich nicht immer symmetrisch in zwei identische Tochterzellen, sondern können ihre Form behalten (isomorph) und asymmetrische Tochterzellen mit unterschiedlichen Aufgaben erzeugen.
  • Die Zellform vor der Mitose entscheidet, ob eine asymmetrische Zellteilung entsteht und dadurch Tochterzellen mit unterschiedlichen Funktionen gebildet werden.
  • Diese Entdeckung hilft besser zu verstehen, wie Gewebe entstehen, wie Krebszellen sich ausbreiten und bietet neue Ansätze für mögliche Therapien.

Übrigens: Forscher haben einen Weg entdeckt, Krebszellen gezielt den Treibstoff zu entziehen – ohne gesunde Zellen anzugreifen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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