Antarktischer Zirkumpolarstrom: Schmelzwasser bremst die stärkste Meeresströmung der Erde aus

Schmelzwasser verlangsamt den Antarktischen Zirkumpolarstrom. Forscher warnen vor Klimafolgen und steigendem Meeresspiegel.

Das Schmelzen der antarktischen Eisdecke bremst die stärkste Meeresströmung der Erde. © Wikimedia

Das Schmelzen der antarktischen Eisdecke bremst die stärkste Meeresströmung der Erde. © Wikimedia

Das Schmelzen der antarktischen Eisschilde hat Folgen, die weit über die Region hinausgehen. Es beeinflusst nicht nur den Meeresspiegel, sondern auch die stärkste Meeresströmung der Erde – bekannt als Antarktischer Zirkumpolarstrom (ACC). Dieser gewaltige Wasserstrom umkreist die Antarktis und verbindet die Ozeane der Erde. Doch Forscher der University of Melbourne und des NORCE Norway Research Centre schlagen Alarm: Das Schmelzwasser verändert die Dynamik des ACC und könnte ihn bis 2050 um 20 Prozent verlangsamen.

Das ist keine Kleinigkeit. Der ACC transportiert riesige Mengen an Wasser – viermal mehr als der Golfstrom. Er ist ein zentraler Teil des globalen Klimasystems, reguliert Temperaturen und sorgt für den Austausch von Wärme und Nährstoffen zwischen den Weltmeeren. Gerät dieses System ins Wanken, drohen schwerwiegende Folgen.

Antarktischer Zirkumpolarstrom könnte langsamer werden – Die Ozeane geraten aus dem Gleichgewicht

Wenn die Antarktis schmilzt, strömt Süßwasser in den Ozean. Dieses Schmelzwasser ist leichter als das salzige Meerwasser und verändert die Dichteverhältnisse im Südozean. Dadurch verlangsamt sich die natürliche Zirkulation des Wassers.

Für das Weltklima könnte das fatale Folgen haben. Die Ozeane nehmen normalerweise große Mengen an Kohlenstoffdioxid auf und wirken so als eine Art Puffer gegen die Erderwärmung. Doch eine schwächere Strömung bedeutet, dass weniger CO2 im Meer gespeichert wird. Die Folge: Die globale Erwärmung könnte sich beschleunigen.

„Der Ozean ist extrem komplex und fein ausbalanciert. Wenn dieser Strömungs-‚Motor‘ zusammenbricht, könnte das dramatische Folgen haben – von stärkeren Klimaschwankungen bis hin zu noch extremeren Wetterereignissen in bestimmten Regionen“, warnt Associate Professor Bishakhdatta Gayen von der University of Melbourne.

Gefahr für Antarktis: Invasive Arten bedrohen das Ökosystem

Der ACC spielt noch eine weitere entscheidende Rolle: Er schützt die Antarktis vor fremden Arten. Normalerweise hält die gewaltige Strömung Organismen wie Krebse, Algen oder andere Meeresbewohner davon ab, sich in die Gewässer der Antarktis auszubreiten. Doch wenn der ACC schwächer wird, könnten invasive Arten leichter in die sensiblen Ökosysteme eindringen – mit potenziell katastrophalen Folgen.

„Das könnte das gesamte Nahrungsnetz der Antarktis aus dem Gleichgewicht bringen“, erklären die Forscher in ihrer Studie. Vor allem Pinguine und andere auf Krill spezialisierte Tiere könnten darunter leiden.

Supercomputer berechnet düstere Prognose

Die Wissenschaftler nutzten Australiens schnellsten Supercomputer GADI, um die Entwicklung der Meeresströmung bis 2050 zu simulieren. Dabei verwendeten sie ein hochauflösendes Ozean- und Meereismodell, das die Wechselwirkungen zwischen Strömungen, Temperatur und Salzgehalt abbildet. Das Ergebnis ist besorgniserregend: Sollte das Schmelzen der antarktischen Eisschilde ungebremst weitergehen, könnte sich der ACC in wenigen Jahrzehnten deutlich verlangsamen.

Das Pariser Abkommen von 2015 sollte die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau begrenzen. Doch viele Wissenschaftler sind sich einig: Dieses Ziel ist bereits erreicht – und es wird voraussichtlich noch wärmer.

Antarktischer Zirkumpolarstrom – Was bedeutet das für uns, wenn die größte Pumpe der Welt langsamer wird?

Auch wenn der ACC weit entfernt von Europa fließt, sind seine Auswirkungen global. Ein schwächerer ACC könnte das Wetter in Europa beeinflussen, extreme Hitzeperioden wahrscheinlicher machen und das Risiko für Dürren oder Überschwemmungen erhöhen.

Gleichzeitig würde sich der Anstieg des Meeresspiegels weiter beschleunigen. Städte wie Hamburg oder Venedig könnten stärker von Sturmfluten bedroht sein. Der Klimawandel ist längst keine abstrakte Gefahr mehr – er trifft die Welt mit voller Wucht.

Kurz zusammengefasst:

  • Der ACC, kurz für antarktischer Zirkumpolarstrom, ist die größte Ozeanpumpe der Welt. Er verlangsamt sich durch Schmelzwasser und stört den globalen Wärme- und Nährstoffaustausch.
  • Eine schwächere Strömung kann die globale Erwärmung beschleunigen, extreme Wetterereignisse verstärken und den Meeresspiegelanstieg weiter nach oben treiben.
  • Zudem steigt das Risiko, dass invasive Arten die Antarktis erreichen und dort empfindliche Ökosysteme bedrohen.

Übrigens: Der Klimawandel verändert nicht nur die Meeresströmungen, sondern auch die Zeit selbst. Forscher haben herausgefunden, dass die Erdrotation durch die Eisschmelze gebremst wird – unsere Tage werden dadurch messbar länger. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Virtual-Pano via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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