Ahnenforschung per DNA-Test: Wenn die Anonymität auf dem Spiel steht
Bieten DNA-Tests zur Ahnenforschung wirklich verlässliche Informationen über die Herkunft, oder bergen sie erhebliche Datenschutzrisiken?
DNA-Tests zur Ahnenforschung erfreuen sich wachsender Beliebtheit, doch sie bergen erhebliche Datenschutzrisiken. Anbieter werben damit, die eigenen Wurzeln aufzudecken, doch oft stecken fragwürdige Praktiken dahinter. Der Molekularbiologe Martin Moder erklärt, dass solche Analysen wenig über die kulturelle Herkunft aussagen. Das menschliche Erbgut unterscheide sich nur in minimalen Teilen – etwa 0,1 Prozent der gesamten Erbinformation. Diese Tests liefern daher keine verlässlichen Ergebnisse zur Abstammung.
Die Tests stützen sich auf eine Analyse von Gendaten und geografischen Informationen vieler Menschen. Oft ergeben sich nur Vermutungen über die Herkunft, die nicht unbedingt der Realität entsprechen. Ein Resultat wie „Elf Prozent Italiener“ könnte darauf hindeuten, dass irgendwann ein Familienmitglied aus Italien stammt, muss aber nicht unbedingt eine Rolle spielen. Über den kulturellen Hintergrund einer Person sagen diese Ergebnisse jedoch nichts aus.
Transparente Ahnenforschung – Keine Anonymität bei DNA-Daten
Ein weiterer kritischer Punkt betrifft den Umgang mit den gewonnenen DNA-Daten. Der Ethikprofessor Rainer Mühlhoff von der Universität Osnabrück erklärt laut mdr, dass „man im Fall von DNA-Daten eine Entscheidung für seinen gesamten Verwandtenkreis trifft, und zwar für einen sehr weiten Verwandtenkreis.“ Der Grund dafür liegt in der Natur der DNA-Daten. DNA ist nicht nur einzigartig für jede Person, sondern enthält auch genetische Informationen, die mit den Verwandten geteilt werden. Das bedeutet, dass ein DNA-Test nicht nur die genetischen Informationen des Einzelnen offenlegt, sondern auch Hinweise auf die genetische Struktur des gesamten Verwandtenkreises gibt – selbst wenn diese Verwandten nie selbst einen Test gemacht haben. Diese Informationen lassen sich verwenden, um entfernte Verwandte zu identifizieren oder Rückschlüsse auf die genetische Veranlagung und Gesundheitsrisiken im Familienumfeld zu ziehen.
Auch wenn Datenschutzmaßnahmen in der Europäischen Union streng sind, gibt es keine Garantie für echte Anonymität. Forschungen haben bereits vor mehr als zehn Jahren gezeigt, dass es anhand von DNA-Daten möglich ist, den Nachnamen einer Person zu ermitteln.
Diskriminierung durch DNA-Analysen
Versicherungsunternehmen und Arbeitgeber interessieren sich stark für genetische Daten, da sie diese nutzen könnten, um Risikoprofile zu erstellen. Das kann dazu führen, dass Menschen aufgrund ihrer genetischen Informationen unterschiedlich behandelt werden. „Das ganze nennt sich prädiktive Analytik“, sagt Mühlhoff. Höhere Versicherungskosten oder Nachteile bei der Jobsuche sind denkbare Folgen, wenn genetische Daten auf gesundheitliche Risiken hinweisen. Jeder Achte stimmt der Weitergabe seiner DNA-Daten zu Forschungszwecken zu. Dadurch steigt das Risiko für Missbrauch erheblich.
Darüber hinaus warnt Mühlhoff vor den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz. Sie entwickelt sich stetig weiter und kann in Zukunft noch genauere und detailliertere Analysen ermöglichen, die schwer zu kontrollieren sind.
Datenschutzregelungen reichen nicht aus
Die aktuellen Datenschutzgesetze bieten keinen umfassenden Schutz vor den beschriebenen Risiken. Selbst in Ländern mit strengen Datenschutzvorgaben gibt es keine vollständige Anonymität. In den USA werden genetische Daten häufig für strafrechtliche Ermittlungen genutzt und es besteht keine Sicherheit vor Datenlecks oder ungewolltem Zugriff durch Behörden.
Was du dir merken solltest:
- DNA-Tests zur Ahnenforschung bergen erhebliche Datenschutzrisiken, da sie nur vage Rückschlüsse auf die Herkunft erlauben und oft fragwürdige Praktiken dahinterstecken.
- Genetische Daten können zur Diskriminierung durch Versicherungen und Arbeitgeber führen, da sie Risikoprofile erstellen und dadurch Nachteile entstehen könnten.
- Datenschutzgesetze bieten keinen ausreichenden Schutz, da auch Verwandte ohne Einwilligung betroffen sein können, und genetische Daten häufig für strafrechtliche Ermittlungen genutzt werden.
Übrigens: Neueste Analysen antiker DNA haben die Geschichte der Osterinsel (Rapa Nui) neu beleuchtet und weitverbreitete Theorien widerlegt. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy