Ermittlung wie im Krimi: Wie zerfällt der unzerstörbare Kunststoff PE in der Umwelt?

Wie zerfällt Polyethylen, der langlebigste Kunststoff der Welt? Forscher aus Konstanz entwickeln neue Methoden, um seinen Abbau zu erforschen.

In Bodentests auf Spurensuche: Wie Kunststoff zerfällt und CO2 freisetzt.

In Bodentests auf Spurensuche: Wie Kunststoff zerfällt und CO2 freisetzt. © Universität Konstanz

Kunststoffabfälle gehören zu den drängendsten Umweltproblemen unserer Zeit. Plastikrückstände finden sich überall: in Böden, Flüssen, Meeren und sogar in der Luft. Doch was geschieht mit Materialien wie Polyethylen, dem weltweit am häufigsten hergestellten Plastik, wenn sie in die Natur gelangen? Wie schnell baut sich Kunststoff in der Umwelt ab? Professor Stefan Mecking von der Universität Konstanz widmet sich genau diesen Fragen.

Wie schnell baut sich Kunststoff in der Umwelt ab?

„Das Wissen dazu ist lückenhaft, es ist eine offene Frage“, betont der Chemiker. Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Reinhart-Koselleck-Projekts will sein Team erforschen, wie Kunststoffe in der Umwelt zerfallen und wie sich ihre Struktur so gestalten lässt, dass sie schneller biologisch abgebaut werden. Für diese Pionierarbeit stehen bis zu 1,25 Millionen Euro zur Verfügung.

Polyethylen ist ein echter Alltagsbegleiter – und gleichzeitig ein Umweltproblem. „Polyethylen ist etwas, was man zunächst als ein nicht-abbaubares Material bezeichnen würde“, erklärt Mecking. „Polyethylen zerfällt in der Umwelt sehr langsam, über abiotische und biologische Schritte, und es gibt teils kontroverse Diskussionen dazu, welche Rolle diese spielen und wie schnell sie überhaupt ablaufen können.“

Das Hauptproblem: Der Abbauprozess erfolgt so langsam, dass die langfristigen Auswirkungen schwer zu erfassen sind. Während Polyethylen in der Umwelt schließlich in Kohlendioxid umgewandelt wird, entsteht dieses Gas auch aus natürlichen Prozessen, wie der Bodenatmung. Genau hier setzt Meckings Forschungsansatz an.

Ein chemischer Fingerabdruck wie aus einem Krimiroman

Die Lösung des Rätsels erinnert an die Arbeit eines Ermittlers. Um herauszufinden, ob das freigesetzte Kohlendioxid tatsächlich vom Kunststoff stammt, entwickelt Meckings Team eine Methode, Polyethylen mit stabilen Isotopen zu markieren. Diese Markierung funktioniert wie ein „chemischer Fingerabdruck“, der das CO2 eindeutig dem Kunststoff zuordnet. „Durch diese Markierung können wir den Abbauprozess erstmals präzise verfolgen“, erklärt der Wissenschaftler.

Die Besonderheit: Das markierte Polyethylen besitzt die gleichen chemischen Eigenschaften wie herkömmliches Plastik. Das ermöglicht es, realistische Umweltszenarien zu simulieren und dabei die Geschwindigkeit des Zerfalls exakt zu messen. Es ist ein Ansatz, der nicht nur innovativ ist, sondern auch wissenschaftlich wegweisend.

Was macht Kunststoff abbaubar?

Neben der Abbaugeschwindigkeit erforscht das Projekt auch, welche strukturellen Eigenschaften Kunststoffe besser abbaubar machen. Kunststoffe bestehen aus langen Molekülketten, die ihre Stabilität garantieren, gleichzeitig aber den Zerfall erschweren. Die Größe der Kunststoffpartikel und chemische Gruppen, die während des Abbaus entstehen, könnten ebenfalls entscheidend sein.

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Diese „chemischen Schaltstellen“ beeinflussen maßgeblich, wie schnell ein biologischer Abbau stattfinden kann. Um diese Faktoren gezielt zu untersuchen, entwickelt Meckings Team maßgeschneiderte Moleküle, die als Testobjekte dienen. „Ich bin optimistisch, dass wir die damit verbundenen Herausforderungen überwinden können“, sagt Mecking.

Ein spannender Durchbruch für Forschung und Umwelt

Mit seinem kreativen, fast detektivischen Ansatz setzt die Universität Konstanz neue Maßstäbe in der Erforschung des Kunststoffabbaus. Die Erkenntnisse könnten langfristig nicht nur helfen, die weltweite Plastikverschmutzung zu reduzieren, sondern auch nachhaltigere Materialien zu entwickeln.

Dieses Projekt zeigt, wie ein innovativer Forschungsansatz Umweltprobleme besser verstehen und lösen kann – ein Schritt, der für eine sauberere Zukunft unverzichtbar ist.

Was du dir merken solltest:

  • Polyethylen, ein besonders langlebiger Kunststoff, zerfällt in der Umwelt nur sehr langsam über abiotische und biologische Prozesse.
  • Forscher der Universität Konstanz nutzen markierte Isotope als „chemischen Fingerabdruck“, um den Abbau präzise zu verfolgen und besser zu verstehen.
  • Ziel ist es, die molekularen Eigenschaften von Kunststoffen zu analysieren, um Materialien zu entwickeln, die schneller biologisch abgebaut werden können.

Übrigens: Schwarzes Plastik in der Küche sieht harmlos aus, kann aber giftige Stoffe enthalten, die bei der Zubereitung von Lebensmitteln gefährlich werden. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Uni Konstanz

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