Diese smarte Brille erkennt Stress, Müdigkeit und Krankheiten – allein am Blinzeln
Eine neue KI-Brille misst Gesundheit am Blinzeln – und erkennt, ob jemand gestresst, übermüdet oder krank ist, noch bevor Symptome auftreten.

Doktorand Dongyin Hu zeigt BlinkWise – ein KI-System, das mit Funksignalen Blinzeln und Augengesundheit misst. © Sylvia Zhang
Wie oft ein Mensch blinzelt, scheint belanglos. Doch dieser winzige Reflex verrät erstaunlich viel über den Körper. Wer häufiger blinzelt, ist oft übermüdet oder gestresst, wer seltener blinzelt, könnte sich stark konzentrieren – oder an trockenen Augen leiden. Forscher der University of Pennsylvania haben nun eine Brille entwickelt, die eben diese Signale erkennt. Sie misst über Funksignale, wie sich die Lider bewegen – und kann daraus Rückschlüsse auf Gesundheit, Erschöpfung und mentale Belastung ziehen.
Die Idee dahinter: Unser Blinzeln ist wie ein Spiegel des Nervensystems. Es verändert sich, wenn der Körper überfordert oder das Gehirn ausgelaugt ist. Hier setzt das neue System namens BlinkWise an. Es funktioniert ohne Kamera und ohne Datenübertragung in die Cloud – alle Auswertungen laufen direkt auf dem Brillenrahmen. Damit ist die Technik nicht nur energieeffizient, sondern auch datenschutzfreundlich.
KI-Brille erkennt Erschöpfung und Konzentration im Alltag
Der Aufsatz, kaum größer als ein Daumennagel, sendet schwache Funksignale aus, die vom Augenlid zurückgeworfen werden. Aus diesen winzigen Bewegungen erkennt die Brille, wie stark oder lange jemand blinzelt. „Blinzeln ist etwas, das wir Tausende Male am Tag tun, ohne darüber nachzudenken – und doch sagt es so viel über unsere Gesundheit aus“, erklärt Augenärztin Lama Al-Aswad, die an dem Projekt mitarbeitet. Blinzeln kann ein wichtiges Frühwarnsignal sein – etwa bei chronischer Müdigkeit oder beginnenden Augenkrankheiten.
Erste Tests zeigen, wie präzise das System arbeitet.
- Wenn Menschen müde werden, verlängert sich die Blinzelzeit.
- Bei starker Konzentration, etwa bei komplizierten Aufgaben, verringert sich die Blinzelfrequenz deutlich.
- Auch sogenannte Teilblinzler – unvollständige Lidschläge – lassen sich erkennen. Sie können auf trockene Augen oder eine gestörte Befeuchtung hinweisen.
Funksignale ersetzen Kameras – und schützen die Privatsphäre
Während bisherige Systeme auf Hochgeschwindigkeitskameras und Laborbedingungen angewiesen waren, genügt hier ein kleiner Aufsatz an einer handelsüblichen Brille. „BlinkWise lässt sich einfach anklemmen – man kann Blinzeln überall messen“, sagt Projektleiter Dongyin Hu. Das System arbeitet in Echtzeit und braucht zehnmal weniger Speicherplatz als vergleichbare smarte Brillen.
Neu ist auch, dass BlinkWise keine Bilder aufnimmt, sondern winzige Funkwellen aussendet, die Bewegungen des Augenlids in Millisekunden erfassen. Damit erreicht das System eine deutlich höhere Genauigkeit als Kameras, die meist nur 30 bis 60 Bilder pro Sekunde liefern.
Die Funksensoren können Tausende Messpunkte pro Sekunde erfassen und so eine Art „Blinzelkurve“ erstellen, die Öffnen und Schließen des Lids in Echtzeit zeigt.
KI-Brille warnt zuverlässig bei Übermüdung und versteht den Träger
Gerade bei Berufen mit hoher Verantwortung – etwa bei Lkw-Fahrern, Ärzten oder Piloten – könnte die Technik helfen, Warnzeichen früher zu erkennen. Wenn die Blinzelphasen länger werden oder unregelmäßig ausfallen, sendet die Brille einen Hinweis: Es ist Zeit für eine Pause.
Für den Alltag denkbar sind auch Anwendungen zur Bildschirmarbeit oder bei Augenerkrankungen. Wer regelmäßig über trockene Augen klagt, könnte sein Blinzelverhalten beobachten und Therapien gezielter anpassen.
Wenn Technik Gesundheit sichtbar macht
Das Besondere an BlinkWise ist die Kombination aus minimaler Hardware und intelligenter Software. Die Forscher entwickelten ein System, das neuronale Netze direkt auf der Brille laufen lässt – ohne Internet, ohne externe Rechenleistung. Das senkt Energieverbrauch und Kosten erheblich.
Damit entsteht eine neue Art der Gesundheitsüberwachung, die kaum spürbar ist, aber wertvolle Einblicke liefert. Die Forscher hoffen, dass solche Systeme künftig helfen, kognitive Veränderungen oder neurologische Krankheiten frühzeitig zu erkennen – allein über das, was unsere Augen täglich tun: blinzeln.
Kurz zusammengefasst:
- Die KI-Brille BlinkWise nutzt Funksignale, um Bewegungen der Augenlider zu messen – sie erkennt Stress, Müdigkeit und mögliche Krankheiten schon früh.
- Alle Daten werden direkt auf der Brille verarbeitet, ohne Kamera oder Cloud – das spart Energie und schützt die Privatsphäre.
- Das System liefert präzise Echtzeitdaten und könnte künftig in Medizin, Verkehr und Alltag helfen, Übermüdung oder gesundheitliche Veränderungen rechtzeitig zu erkennen.
Übrigens: Während die KI-Brille BlinkWise Gesundheit und Müdigkeit am Blinzeln erkennt, arbeitet Stanford an einer neuen Mixed-Reality-Brille, die Realität und virtuelle Welt nahezu verschmelzen lässt. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Sylvia Zhang