Vom Arbeiterkind zum Premier: Starmer verspricht frischen Wind – Ruanda-Plan gestoppt
Großbritanniens neuer Premierminister Keir Starmer stoppt Abschiebungen nach Ruanda und setzt auf ein reformiertes Kabinett.
Nach dem beeindruckenden Wahlsieg der Labour-Partei unter der Führung von Keir Starmer kam es gleich am ersten Amtstag zu signifikanten politischen Veränderungen. Der neue Premierminister, der die Partei bereits seit vier Jahren leitet, setzte ein klares Zeichen, indem er sofort die umstrittenen Pläne seiner Vorgängerregierung für Abschiebungen nach Ruanda stoppte.
Das Ruanda-Abschiebeverfahren ist „tot und begraben“, so Starmer. Der Labour-Chef erklärte laut der BBC, er werde den „Trick“ beenden, Migranten, die illegal in das Vereinigte Königreich kommen, nach Ruanda zu deportieren. Dieses Verfahren wurde von der vorherigen konservativen Regierung eingeführt.
Ruanda-Verfahren tot
Labour hatte im Wahlkampf versprochen, das Verfahren abzuschaffen, das bereits rund 310 Millionen Pfund gekostet hat. Bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem Einzug in die Downing Street Nr. 10 sagte Keir Starmer den Journalisten: „Das Ruanda-Verfahren war tot, bevor es überhaupt begonnen hatte.“ Er argumentierte, dass das Verfahren „nie ein Abschreckungsmittel war“, da es „weniger als 1 Prozent“ der Ankömmlinge in kleinen Booten betreffen würde.
Die finanziellen Auswirkungen der Abschaffung des Verfahrens und die Gesamtkosten für den Steuerzahler sind noch nicht bekannt. Das Ende des Verfahrens wirft zudem Fragen über das Schicksal von 52.000 Migranten auf, die zur Abschiebung vorgesehen waren.
Starke Frauen im Team von Starmer
In seinem neuen Kabinett hat Starmer Personalentscheidungen getroffen, die bereits jetzt als wegweisend betrachtet werden. Besonders hervorzuheben ist Rachel Reeves, die als erste Frau das Amt der Finanzministerin übernimmt.
In einem Interview mit dem Guardian erklärte Reeves vor der Wahl, sie wolle die „letzte gläserne Decke in der Politik“ durchbrechen. Sie empfinde eine „große Verantwortung“, das Finanzministerium zu nutzen, um die Position der Frauen im ganzen Vereinigten Königreich zu verbessern. Dies schließe ein, sicherzustellen, dass Frauen am Arbeitsplatz angemessen entlohnt werden. Ihre Vision für die Zukunft sieht vor, dass der Staat eine aktive Rolle durch gezielte Investitionen einnehmen soll, um die öffentlichen Dienste wieder aufzubauen.
Angela Rayner mit Mastertitel in echtem Leben
Auch Angela Rayner, die neue stellvertretende Labour-Chefin, bringt frischen Wind in das Kabinett. Ihr Hintergrund, aufgewachsen in einer Sozialwohnung in Nordengland und ihre Erfahrung als alleinerziehende Mutter, gibt ihr, wie sie selbst sagt, „einen Mastertitel in ‚echtem Leben‘“.
Bei einer Rede als britische Schattenbildungsministerin im Jahr 2016 sagte Rayner, sie sei nicht mit einem Silberlöffel im Mund auf die Welt gekommen. Kritisch wandte sie sich damals an die regierenden Tories, die ihr vorwarfen: „Sie hat die Schule mit 16 verlassen, sie hat keinen Universitätsabschluss, was weiß sie schon über Bildung?“ Rayners Antwort an die Tories: „Ich habe vielleicht keinen Abschluss, aber ich habe einen Master in Lebenserfahrung.“ Sie wird sich im Kabinett um Wohnungsbau und die Angleichung der Lebensverhältnisse in den Regionen kümmern.
Außenpolitik und Verteidigung unter neuer Führung
David Lammy, der neue britische Außenminister, und John Healey, der das Verteidigungsressort übernimmt, stehen ebenfalls vor großen Herausforderungen. Lammy, der bereits Erfahrung auf internationaler Bühne gesammelt hat, möchte sich der EU wieder annähern. Seine erste Reise brachte Lammy gleich nach Berlin. „Diese neue Regierung im Vereinigten Königreich hat ihre Prioritäten sehr klar formuliert. Wir wollen einen Neustart – einen ‚Reset‘ – unserer Beziehungen zu Europa“, so Lammy laut der Tagesschau.
Healey hingegen muss die von Labour angekündigte Erhöhung der Militärausgaben auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes umsetzen und sich um eine Armee kümmern, die in den letzten Jahren stark reduziert wurde.
Kampf gegen irreguläre Einwanderung
Yvette Cooper, als neue Chefin des Home Office zuständig für die Migrationspolitik, wird eine harte Linie im Kampf gegen irreguläre Einwanderung vertreten müssen. Ihr Amtsantritt dürfte durch die Entscheidung Starmers, die Abschiebepläne nach Ruanda zu stoppen, erleichtert werden.
Starmer, ein Kind der Arbeiterklasse
Keir Starmer selbst entstammt der Arbeiterklasse. Als Sohn einer Krankenschwester und eines Werkzeugmachers hatten seine Eltern großen Einfluss darauf, wer er heute sei. Eine schwere Krankheit seiner Mutter konfrontierte seine Familie mit erheblichen Herausforderungen. „Das ermöglicht es mir, den Menschen in die Augen zu schauen und zu sagen, ich weiß, wie hart das Leben sein kann“, so Starmer auf einer Veranstaltung der Labour vor der Wahl.
Der Labour-Chef habe die Werte und Lektionen, die er von seinen Eltern mitbekommen hat, genutzt und sein Kabinett danach gebaut: „Ich habe die Partei verändert, um sie wieder in den Dienst der arbeitenden Menschen zu stellen, eine, die nationale Sicherheit und Respekt vor dem Geld der Steuerzahler ins Zentrum all unseres Handelns stellt.“
Im Gegensatz zum Multimillionär Rishi Sunak ist zu erwarten, dass Keir Starmer sich in die täglichen finanziellen Sorgen vieler Menschen – insbesondere in Bezug auf die Inflation – hineinversetzen kann, heißt es in einem Deutschlandfunk-Bericht.
Was du dir merken solltest:
- Keir Starmer hat am ersten Tag seiner Amtszeit die kontroversen Abschiebepläne nach Ruanda gestoppt. Diese hatte die vorherige konservative Regierung eingeführt.
- Er führte wichtige Veränderungen im Kabinett durch. Er ernannte Rachel Reeves als erste weibliche Finanzministerin. Außerdem besetzte die strategischen Rollen neu, um eine aktive Staatsrolle und wirtschaftliche Reformen zu fördern.
- Starmers Herkunft und persönliche Erfahrungen beeinflussen seine politischen Entscheidungen stark. Insbesondere sein Engagement für soziale Gerechtigkeit und die Verbesserung der Lebensverhältnisse sind eng mit einer Vita verknüpft.
Bild: © Number 10 via Wikimedia unter Open Government Licence v3.0
2 thoughts on “Vom Arbeiterkind zum Premier: Starmer verspricht frischen Wind – Ruanda-Plan gestoppt”