UNO-Abstimmung: Ein neuer Gedenktag für Srebrenica?
Die UNO entscheidet über einen Gedenktag für die Opfer des Srebrenica-Massakers, eingebracht von Deutschland und Ruanda. Am 11. Juli 1995 wurden in Srebrenica rund 8.000 Muslime getötet.
Die UN-Vollversammlung wird über eine von Deutschland und Ruanda initiierte Resolution abstimmen, die den 11. Juli zum internationalen Gedenktag der Opfer des Völkermordes von Srebrenica erklären soll. Damit soll die Erinnerung an eines der dunkelsten Kapitel des Jugoslawien-Kriegs zu institutionalisiert werden.
1995 wurden in der ostbosnischen Stadt Srebrenica etwa 8.000 muslimische Männer und Jugendliche von bosnisch-serbischen Truppen unter dem Befehl von Ratko ermordet. Dieses Ereignis wurde von internationalen Gerichten als Völkermord eingestuft. Der Internationale Gerichtshof stellte jedoch fest, dass Serbien nicht direkt am Völkermord beteiligt war.
Internationale Reaktionen und rechtliche Einordnungen
Das Massaker von Srebrenica wurde von internationalen Gerichten als Völkermord eingestuft. Das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) tat dies bereits im Jahr 2004. 2007 folgte das Urteil vom Internationalen Gerichtshof (IGH). Dieser stellte allerdings fest, dass Serbien nicht direkt an der Durchführung des Völkermordes beteiligt war. Trotz dieser Feststellungen und einer Verurteilung des Massakers durch das serbische Parlament im Jahr 2010, das den Begriff „Völkermord“ vermied, bleibt die Anerkennung der Ereignisse und deren Benennung als Völkermord innerhalb Serbiens und insbesondere in der Republika Srpska umstritten.
Spannungen in Serbien und der Republika Srpska
Die Republika Srpska, einer der zwei Entitäten Bosniens, erlaubt seit Oktober 2021 die Leugnung des Völkermordes wieder. Im Juli zuvor hatte der internationale Bosnien-Beauftragte Valentin Inzko laut ORF eine Ergänzung des Strafgesetzes in ganz Bosnien-Herzegowina durchgesetzt, die eigentlich genau dies unter Strafe stellte. Doch die Republika Srpska setzte sich kurze Zeit später mit einem Gesetz wieder darüber hinweg.
Die Resolution, deren Annahme am heutigen Donnerstag zur Abstimmung steht, hat in Serbien und der Republika Srpska zu erheblichem Widerstand geführt. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic äußerte laut ORF die Befürchtung, dass die Resolution zu Reparationsforderungen führen könnte und sogar die Auflösung der Republika Srpska zur Folge haben könnte, obwohl Serbien und die Republika Srpska in der Resolution nicht namentlich erwähnt werden.
Russlands Standpunkt
Auch Russland, ein Verbündeter Serbiens, hat sich gegen die Resolution ausgesprochen. Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensia kritisierte den Entwurf als provokativ und eine Bedrohung für den Frieden in der Region. Er warf den westlichen Befürwortern der Resolution vor, „alte Wunden des Bürgerkrieges wieder aufzureißen“. Da die Abstimmung in der UNO-Vollversammlung stattfindet und nicht im UNO-Sicherheitsrat, hat Russland keine Möglichkeit, die Annahme der Resolution durch ein Veto zu verhindern.
Bedeutung des Gedenktages
Der 11. Juli soll, beginnend mit dem Jahr 2025 zum 30. Jahrestag des Massakers, als internationaler Tag der Erinnerung begangen werden. Dieser Tag soll nicht nur den Opfern gedenken, sondern auch die individuelle Verantwortung für den Völkermord betonen, eine Ergänzung, die auf Vorschlag Montenegros in die Präambel der Resolution aufgenommen wurde. Das EU-Parlament hatte bereits 2009 den 11. Juli als Gedenktag für die Opfer von Srebrenica deklariert, was die Bedeutung einer kollektiven Erinnerung und Verurteilung solcher Akte unterstreicht.
Die historische Situation in Srebrenica
Im Bosnienkrieg kam es zu heftigen Kämpfen in Ostbosnien, einschließlich der mehrheitlich von Bosniaken bewohnten Stadt Srebrenica. Im Frühjahr 1992 eroberten bosnisch-serbische Truppen und Paramilitärs kurzzeitig Srebrenica, bevor bosniakische Kräfte unter Naser Orić die Stadt im Mai desselben Jahres zurückeroberten. Trotz der Kontrolle über die umliegenden Gebiete durch die bosnischen Serben, führten die bosniakischen Einheiten von Srebrenica aus Gegenangriffe an. Sie konnten aber die Belagerung nicht beenden und das kontrollierte Gebiet nur vorübergehend auf etwa 900 Quadratkilometer erweitern.
Das Gebiet um Srebrenica war seit dem Ausbruch des Bosnienkrieges im Frühjahr 1992 stark umkämpft. Srebrenica wurde 1993 zur UNO-Schutzzone erklärt. Doch der Schutz versagte letztendlich, als serbische Truppen die Stadt einnahmen und den Völkermord begingen.
Die Abstimmung findet ab 16.00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit statt. Es wird erwartet, dass der Entwurf angenommen wird.
Was du dir merken solltest:
- UNO-Vollversammlung stimmt über eine Resolution ab, die den 11. Juli als internationalen Gedenktag für die Opfer des Völkermordes von Srebrenica festlegen soll.
- Massaker, bei dem 1995 etwa 8.000 muslimische Männer und Jugendliche ermordet wurden, ist von internationalen Gerichten als Völkermord eingestuft worden,
- Die Anerkennung dieses Urteils bleibt in Serbien und der Republika Srpska umstritten.
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