UN-Bericht warnt: Welthunger nimmt dramatisch zu
Ein UN-Bericht warnt, dass im Kampf gegen den Welthunger große Rückschritte gemacht wurden: Im letzten Jahr hungerten 733 Millionen Menschen.
Der Kampf gegen den Welthunger hat laut einem Bericht der Vereinten Nationen (UN) in den letzten Jahren erhebliche Rückschläge erlitten: Im Jahr 2023 waren rund 733 Millionen Menschen von Hunger betroffen. Das bedeutet, dass jeder elfte Mensch weltweit darunter leidet – in Afrika ist es sogar jeder fünfte.
Dieser Bericht umfasst Zahlen aus dem kürzlich veröffentlichten „State of Food Security and Nutrition in the World“ (SOFI). Maximo Torero, Chefökonom der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), zeigt sich in Anbetracht dieser Zahlen wenig optimistisch.
Wir sind immer noch weit davon entfernt, das Ziel zu erreichen, die Welt bis 2030 von Hunger, Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung zu befreien.
Maximo Torero, Chefökonom der FAO
Sollte sich der aktuelle Trend fortsetzen, könnten im Jahr 2030 noch immer etwa 582 Millionen Menschen hungern – die Hälfte davon allein in Afrika.
Ernährungsunsicherheit weltweit auf hohem Niveau
Trotz Fortschritten bei der Bekämpfung von Wachstumsverzögerungen und der Förderung des Stillens bleibt das weltweite Hungerniveau seit drei Jahren unverändert hoch. Im Jahr 2023 waren zwischen 713 Millionen und 757 Millionen Menschen unterernährt, etwa 152 Millionen mehr als 2019.
Rund 2,33 Milliarden Menschen weltweit waren 2023 moderat oder stark von Ernährungsunsicherheit betroffen. Über 864 Millionen Menschen erlebten sogar schwere Ernährungsunsicherheit, was bedeutet, dass sie zeitweise ohne Nahrung auskommen mussten. In Afrika sind 58 Prozent der Bevölkerung moderat oder stark von Ernährungsunsicherheit betroffen.
Regionen im Fokus: Afrika, Asien und Lateinamerika
Die regionalen Trends zeigen ein deutliches Bild: In Afrika steigt der Hunger weiter an und betrifft 20,4 Prozent der Bevölkerung. In Asien bleibt die Hungerrate bei 8,1 Prozent stabil, was angesichts der Bevölkerungszahl der Region dennoch besorgniserregend ist. Lateinamerika hat einige Fortschritte gemacht – dort sind nur noch 6,2 Prozent der Bevölkerung von Hunger betroffen. Allerdings hat sich die Situation in Westasien, der Karibik und den meisten afrikanischen Regionen von 2022 bis 2023 verschlechtert.
Torero erklärt, dass Afrika eine einzigartige Herausforderung darstelle. Der Hunger dort nehme vor allem aufgrund von Konflikten, extremen Klimaereignissen und wirtschaftlichen Abschwüngen zu. Er bezeichnete den Krieg als „einen Haupttreiber“ des Hungers, der die Nahrungsmittelkrise in vielen Ländern verschärfe.
Wirtschaftliche Gründe für den Hunger
Der Zugang zu angemessener Nahrung bleibe ebenfalls für Milliarden Menschen unerreichbar. Im Jahr 2022 konnten sich 2,8 Milliarden Menschen keine gesunde Ernährung leisten. Der Unterschied zwischen einkommensstarken und einkommensschwachen Ländern ist dabei erheblich: Nur 6,3 Prozent der Menschen in erstgenannten Ländern konnten sich keine gesunde Ernährung leisten, verglichen mit 71,5 Prozent in ärmeren Ländern.
COVID-19 und seine Auswirkungen auf den Welthunger
COVID-19 bleibt ein bedeutender Faktor im Kampf gegen den Welthunger. Die Zahl der Menschen, die sich bis 2022 keine gesunde Ernährung leisten konnten, lag in Ländern mit mittlerem und höherem Einkommen unter dem Niveau vor der Pandemie. In einkommensschwachen Ländern erreichte die Zahl der Menschen, die nicht genug gesunde Nahrung kaufen konnten, 2022 den höchsten Stand seit 2017.
Diese Ungleichheit lässt sich laut Torero auf „den signifikanten Anstieg der Ungleichheiten zwischen Ländern und Regionen, der durch COVID-19 verursacht wurde“ zurückführen.
Finanzierung und Maßnahmen, um den Hunger zu stoppen
Der Bericht fordert erhöhte, kosteneffiziente Finanzierungen und einen standardisierten Ansatz für Ernährungssicherheit und Ernährung. Die Leiter der verschiedenen UN-Organisationen, darunter FAO General-Director Qu Dongyu und UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell, betonten, dass es entscheidend sei, die Finanzierungslücke zu schließen.
Die Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen ist wichtiger denn je, da wir vor der dringenden Aufgabe stehen, die Sustainable Development Goals (SDGs) innerhalb von sechs kurzen Jahren zu erreichen. […] Wir müssen gemeinsam Innovationen vorantreiben und zusammenarbeiten, um effizientere, inklusivere, widerstandsfähigere und nachhaltigere Agrar- und Ernährungssysteme zu schaffen, die künftigen Herausforderungen besser standhalten und eine bessere Welt ermöglichen.
Qu Dongyu, FAO General-Director
Die Welt kann und muss es tun. Es ist nicht nur eine moralische Pflicht, sondern auch eine kluge Investition in die Zukunft.
Catherine Russell, UNICEF Executive Director
Wir müssen verstehen, dass unsere Agrar- und Ernährungssysteme aufgrund des Klimawandels zunehmenden Risiken und Unsicherheiten ausgesetzt sind… Spender müssen eine größere Risikotoleranz an den Tag legen, um effektive Finanzierungen zu aktivieren.
Maximo Torero, Chefökonom der FAO.
Der schnellste Weg aus Hunger und Armut führt nachweislich über Investitionen in die Landwirtschaft in ländlichen Gebieten. […] Um Hunger und Unterernährung zu beenden, müssen wir mehr – und klüger – investieren. Wir müssen neues Geld aus dem privaten Sektor in das System einbringen und die pandemiebedingte Bereitschaft zu ehrgeizigen globalen Finanzreformen wieder aufleben lassen, die günstigere Finanzierungen für die Länder ermöglichen, die sie am dringendsten benötigen.
Alvaro Lario, Präsident der IFAD
Was du dir merken solltest:
- Ein UN-Bericht zeigt, dass 733 Millionen Menschen im Jahr 2023 von Hunger betroffen waren, was weltweit jedem elften Menschen und in Afrika jedem fünften entspricht.
- Bis 2030 werden voraussichtlich noch 582 Millionen Menschen hungern, die Hälfte davon in Afrika, wenn sich der aktuelle Trend fortsetzt.
- Konflikte, Klimawandel und wirtschaftliche Abschwünge sind laut UN die Hauptursachen für den Anstieg beim Welthunger, insbesondere in Afrika, wo 58 Prozent der Bevölkerung moderat oder stark von Ernährungsunsicherheit betroffen sind.
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