Immer mehr Monster-Pick-ups auf deutschen Straßen – Die Spritschlucker sind ein Problem für Umwelt und Geldbeutel
Immer mehr Pick-ups rollen über deutsche Straßen. Hoher Spritverbrauch, extreme CO2-Emissionen und hohe Kfz-Steuern sorgen für Kritik.
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In nur vier Jahren ist die Zahl der Pick-ups in Deutschland um über 60 Prozent gestiegen – besonders durch große US-Modelle wie den Dodge Ram. © Wikimedia
Die Zahl der in Deutschland zugelassenen Pick-ups ist in den letzten Jahren stark gestiegen. 2020 waren es knapp 65.000 Fahrzeuge, Anfang 2024 bereits mehr als 106.000 – ein Zuwachs von über 60 Prozent. Besonders auffällig ist der Anstieg von großformatigen US-Pick-ups wie dem Dodge Ram, der durch eine rechtliche Sonderregelung nach Europa kommt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert diesen Trend und fordert strengere Vorschriften.
Einzelgenehmigungen ermöglichen problematische Zulassungen
Statt über eine reguläre EU-Typgenehmigung werden viele dieser Fahrzeuge über sogenannte Einzelgenehmigungen zugelassen. Diese Regelung war ursprünglich für Sonderfahrzeuge gedacht, kommt nun aber vermehrt für Serienmodelle zum Einsatz. 2023 wurden in den 27 EU-Staaten insgesamt 4.025 solcher Einzelgenehmigungen erteilt – davon allein 3.291 in Deutschland. Besonders auffällig: Von diesen Genehmigungen entfielen 2.944 auf den Dodge Ram.
Laut DUH führt diese Praxis dazu, dass wichtige EU-Sicherheits- und Umweltstandards umgangen werden. Neue Vorschriften, die seit Juli 2024 in Kraft sind, schreiben unter anderem automatisierte Notbremsen, Spurhalteassistenten und einen Geschwindigkeitsassistenten für Neuwagen vor. Bei Pick-ups mit Einzelgenehmigung greifen diese Regeln jedoch nicht.
Extrem hohe CO2-Emissionen bleiben unberücksichtigt
Neben den Sicherheitsmängeln sind auch die Umweltaspekte problematisch. Ein Dodge Ram stößt zwischen 300 und 910 Gramm CO2 pro Kilometer aus – drei- bis neunmal mehr als der Durchschnitt aller neuen Pkw. Dennoch werden diese Emissionen nicht auf die Flottenwerte der Herstellergruppe Stellantis angerechnet, zu der Dodge gehört.
Ein weiterer Kritikpunkt: Fahrzeuge mit Einzelgenehmigung müssen keine Abgastests im Straßenbetrieb absolvieren. Dadurch fehlen realistische Daten über deren Umweltbelastung. Auch die EU-Kommission sieht das Problem, hat bislang aber keine Gegenmaßnahmen ergriffen.
Hohe Kfz-Steuer für Pick-ups mit großem Hubraum
Zusätzlich zur Umweltbelastung bringen diese Fahrzeuge erhebliche Steuerkosten mit sich. Dodge Rams haben in der Regel große Motoren mit einem Hubraum von 5,7 Litern oder mehr. Für Benzinmotoren fällt eine Steuer von 2,00 Euro je 100 Kubikzentimeter an, was allein für 5.700 Kubikzentimeter bereits 114 Euro bedeutet.
Auch die CO2-Emissionen treiben die Kfz-Steuer weiter in die Höhe. Da ein Dodge Ram oft mehr als 300 g/km CO2 ausstößt, greift das höchste Steuerstufenmodell. Für jede Emission über 195 g/km fallen 4 Euro pro Gramm CO2 an. Ein Fahrzeug mit 350 g/km verursacht somit zusätzliche Kosten von (350 – 95) * 4 = 1.020 Euro. Damit kann die jährliche Kfz-Steuer für einen Dodge Ram schnell über 1.000 Euro steigen – eine erhebliche finanzielle Belastung für Halter dieser Fahrzeuge.
DUH fordert strengere Regelungen und höhere Steuern
Die DUH verlangt klare Vorgaben, um diese Umgehung europäischer Standards zu stoppen. „Zum Schutz von Umwelt und Klima und der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden haben wir in Europa verbindliche Standards, die alle typgenehmigten Fahrzeuge einhalten müssen. Ausgerechnet überdimensionierte Monster-Pick-ups werden aber vom Kraftfahrt-Bundesamt an diesen Standards vorbeigeschleust und zugelassen“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Er fordert eine angepasste Kfz-Steuer, die besonders CO2-intensive Fahrzeuge höher belastet. Zudem müsse im ersten Jahr der Neuzulassung ein erhöhter Hebesatz gelten. Auch Einschränkungen beim Parken und höhere Parkgebühren für übergroße Fahrzeuge sollten geprüft werden.
Klage gegen das Kraftfahrt-Bundesamt eingereicht
Um mehr Transparenz zu schaffen, hat die DUH das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes zur Herausgabe detaillierter Informationen aufgefordert. Da das KBA dieser Bitte nicht nachkam, reichte die DUH eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Schleswig ein.
Bereits 2023 hatte der europäische Umweltverband Transport and Environment (T&E) die EU-Kommission auf die Problematik der Einzelgenehmigungen hingewiesen. Dennoch bleibt Deutschland das Zentrum dieser Praxis: Über 80 Prozent aller in der EU erteilten Einzelgenehmigungen entfallen auf deutsche Straßen.
Die DUH fordert nun das Bundesverkehrsministerium auf, konsequent gegen diese Sonderbehandlungen vorzugehen und sich auf EU-Ebene für eine Reform einzusetzen. Denn die steigende Zahl von Pick-ups auf deutschen Straßen zeigt, dass Handlungsbedarf besteht.
Kurz zusammengefasst:
- Die Zahl der Pick-ups in Deutschland ist in vier Jahren um über 60 Prozent gestiegen, vor allem durch großformatige US-Modelle wie den Dodge Ram.
- Viele dieser Fahrzeuge werden über Einzelgenehmigungen zugelassen, wodurch EU-Sicherheits- und Umweltstandards umgangen werden.
- Die hohen CO2-Emissionen und die steigenden Kfz-Steuern machen diese Pick-ups teuer für Umwelt und Halter. Die DUH fordert strengere Regeln.
Bild: © Reinhold Möller via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0