Flut von Klimaklagen: Neue Fälle setzen Unternehmen unter Druck

Klimaklagen gegen Unternehmen nehmen weiterhin zu und üben Druck auf Konzerne und Politik aus.

Klimaklagen

Der Protest wird lauter: Die Anzahl der Klimaklagen weltweit nimmt zu. © Pexels

Der Anstieg der Klimaklagen gegen Unternehmen setzt sich fort, wie aus einer aktuellen Analyse des Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment hervorgeht. Seit 2015 seien rund 230 solcher Klagen eingereicht worden, über zwei Drittel davon seit 2020. Die Autoren des Berichts „Global trends in climate change litigation: 2024 snapshot“ sehen darin eine Form strategischer Klagen, die darauf abzielen, breitere Klimaschutzmaßnahmen voranzutreiben.

In den USA wurden 2023 nur 15 Prozent der Klimaklagen gegen Unternehmen geführt, während es im Rest der Welt etwa 40 Prozent waren. Besonders hervorzuheben sind die 47 neuen Fälle von „Greenwashing“, die 2023 eingereicht wurden. Diese Klagen zielen darauf ab, irreführende Kommunikation von Firmen bezüglich ihres Engagements für den Klimaschutz anzuprangern. Über die Hälfte dieser Fälle wurde bereits entschieden, wobei 54 von 77 zugunsten der Kläger endeten.

Übrigens: Mit genau so einem Fall sah sich der Süßwarenhersteller Katjes konfrontiert. Über die Klage entschied in letzter Instanz der BGH. Dabei musste der Konzern eine Niederlage einstecken. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.

Wachsende Bedeutung von Unternehmen in Klimaklagen

2023 gab es auch wichtige Entwicklungen bei den „polluter pays“-Fällen, in denen Unternehmen für klimaschädliche Emissionen zur Verantwortung gezogen werden sollen. Die Anzahl dieser Klagen ist weltweit gestiegen, mit mehr als 30 aktiven Fällen. Zudem wurden sechs Fälle registriert, die sich gegen die Finanzierung klimaschädlicher Projekte richten.

Übrigens: Das „polluter-pays“-Prinzip (Verursacherprinzip) ist eines der Grundprinzipien der Umweltpolitik der Europäischen Union (EU). Die Anwendung dieses Prinzips bedeutet, dass die Verschmutzer die Kosten ihrer Umweltverschmutzung tragen, einschließlich der Kosten für Maßnahmen zur Vermeidung, Kontrolle und Beseitigung der Umweltverschmutzung sowie der Kosten, die der Gesellschaft dadurch entstehen. Durch die Anwendung dieses Prinzips werden die Verschmutzer dazu angeregt, Umweltschäden zu vermeiden, und werden für die von ihnen verursachte Umweltverschmutzung zur Verantwortung gezogen. Außerdem trägt der Verschmutzer und nicht der Steuerzahler die Kosten für die Sanierung.

Die Datenbasis des Berichts umfasst 2.666 Klimaklagen, die seit 2015 eingereicht wurden, dem Jahr der Verabschiedung des Pariser Abkommens. 2023 gab es allein 233 Fälle, darunter fast 50, die nicht im Einklang mit den Klimazielen stehen. Diese umfassen unter anderem Klagen gegen Umwelt-, Sozial- und Governance-Politiken (ESG), die das Risikomanagement bezüglich des Klimawandels herausfordern.

Globale Trends und deutsche Klimaklagen

Die Klimaklagen haben auch neue Länder erreicht, mit ersten Fällen in Panama und Portugal, sodass nun in insgesamt 55 Ländern solche Fälle verzeichnet wurden. Besonders in den Ländern des Globalen Südens nehmen diese zu und erlangen mehr Aufmerksamkeit, mit über 200 registrierten Fällen.

Deutschland hat 2023 sieben neue Klimaklagen registriert, was die fortlaufende Beteiligung an globalen Klimaschutzbestrebungen unterstreicht. Während die USA mit insgesamt 1745 dokumentierten Fällen führend bleiben, zeigt die Situation in Deutschland, dass auch hier zunehmend rechtliche Schritte im Kampf gegen den Klimawandel unternommen werden.

Der Fall der KlimaSeniorinnen Schweiz

Der Bericht des Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment deutet an, dass die langfristigen Auswirkungen der Klimaklagen auf den Klimaschutz noch schwer zu bestimmen sind. Einige Klagearten, wie die gegen staatliche Rahmenbedingungen, haben aber bereits dauerhafte Auswirkungen auf die nationale Klimapolitik. Ein Fall, der erst kürzlich für großes Aussehen sorgte, war die Klage der KlimaSeniorinnen Schweiz. Laut ihrer Webseite hatte die Klage folgendes Ziel:

Wir fordern eine unabhängige gerichtliche Überprüfung der Klimapolitik. Unser Ziel ist es, dass der Staat seine Schutzpflichten uns gegenüber wieder wahrnimmt und ein Klimaziel verfolgt, das der Anforderung genügt, eine gefährliche Störung des Klimasystems zu verhindern. Wir fordern zudem umfassendere, auf dieses Ziel angepasste Maßnahmen und eine bessere Umsetzung der bereits beschlossenen Maßnahmen.

Am 9. April 2024 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die Schweiz durch ihre unzureichenden Maßnahmen gegen den Klimawandel die Menschenrechte verletze. Das Gericht erkannte eine Verletzung des Artikels 8, das Recht auf Privat- und Familienleben, sowie des Artikels 6, das Recht auf Zugang zu einem Gericht, an. Es wurde festgestellt, dass die schweizerischen Gerichte die stichhaltigen wissenschaftlichen Belege zum Klimawandel nicht angemessen gewürdigt und die Klagen nicht ernsthaft behandelt hatten.

Was du dir merken solltest:

  • Klimaklagen gegen Unternehmen nehmen weltweit zu. Etwa 230 neue Fälle wurden seit 2015 eingereicht. Die Klagen sollen Unternehmen und Regierungen für klimabezogene Schäden zur Rechenschaft ziehen und eine breitere Klimaschutzagenda vorantreiben.
  • Die Mehrheit dieser Klagen richtet sich immer noch gegen Regierungen. Doch der Anteil der gegen Unternehmen gerichteten Klagen steigt, insbesondere außerhalb der USA, wo nun rund 40 Prozent der Fälle Unternehmen betreffen.
  • Gerichtliche Entscheidungen in Klimafällen haben das Potenzial, sowohl nationale als auch internationale Klimaschutzpolitiken maßgeblich zu beeinflussen. Das zeigt zum Bespiel der Fall der KlimaSeniorinnen Schweiz.

Bild: © Pexels

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