Bundesregierung will Zollfreigrenze kippen: Auswirkungen auf Shein und Temu

Das Finanzministerium will eine Abschaffung der Zollfreigrenze unterstützen. Asiatische Händler wie Shein und Temu könnte dies hart treffen.

Temu und Shein befinden sich aktuell auf einem Höhenflug: Die chinesischen Online-Händler überzeugen vor allem mit billigen Preisen, doch mit denen könnte bald Schluss sein. © Vecteezy

Die Bundesregierung will die Zollfreigrenze kippen, wovon besonders asiatische Online-Händler wie Shein und Temu betroffen sein könnten. Dem Handelsverband HDE zufolge will sich die Bundesregierung hinter eine geplante Neuordnung der Import-Regelungen der Europäischen Union stellen, wie die Tagesschau berichtet.

Derzeit müssen für Päckchen unter einem Warenwert von 150 Euro keine Zollgebühren bezahlt werden. Von dieser Regelung profitieren Billig-Händler aus Fernost wie etwa die Shopping-Plattform Temu – ein in den USA gegründetes Tochterunternehmen eines chinesischen Konzerns – und der Fast-Fashion-Anbieter Shein (der übrigens wie das englische „She-in“ ausgesprochen wird), welcher in Guangzhou, China, gegründet wurde.

Bundesfinanzminister Christian Lindner habe nun jedoch signalisiert, dass Deutschland ein Ende der 150-Euro-Regelung auf europäischer Ebene unterstützen werde. Das Finanzministerium wolle sich zwar nicht zu konkreten Fällen äußern, begrüße aber generell, dass die EU-Kommission Vorschläge vorgelegt habe, um Zollregelungen an die Herausforderungen des Online-Handels anzupassen.

Kritik an der aktuellen Zollregelung

Der HDE kritisiert die Zollregelung seit langem, da sie seiner Ansicht nach eine Flut von Billigwaren auf dem Weg nach Europa unterstützt. Zudem bemängelt der Verband, dass zahlreiche Waren nicht ausreichend auf die Einhaltung von europäischen Standards durch die Zollbehörden kontrolliert werden könnten. Auch auf europäischer Ebene wolle man der Paketflut aus Asien nun entschiedener entgegentreten: Die EU-Kommission hatte im Mai 2023 entsprechende Reformpläne auf den Tisch gelegt.

Die derzeitige 150-Euro-Grenze könnte zudem dazu führen, dass Online-Händler Lieferungen aufteilten, um unter dem Schwellenwert zu bleiben. Bei rund 65 Prozent der Pakete könnte der Wert zudem absichtlich zu niedrig deklariert worden sein. Shein und Temu weisen diese Vorwürfe allerdings zurück.

Beliebtheit der Online-Händler steigt weiter

Der EU-Kommission zufolge erreichten im vergangenen Jahr rund zwei Milliarden Pakete mit einem erklärten Warenwert von je unter 150 Euro Europa aus Drittstaaten. Auch deutsche Verbraucher shoppen immer häufiger bei den asiatischen Online-Händlern. Laut einer Konsumenten-Befragung des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH konnte Shein die Bestellhäufigkeit im Vergleich zu 2023 mehr als verdoppeln. 22 Prozent der deutschen Verbraucher kaufen dort mindestens einmal im Monat ein.

„Immer mehr Menschen greifen auf Temu und Shein zurück. Das liegt vor allem an den niedrigen Preisen“, sagte IFH-Geschäftsführer Kai Hudetz. Zwei Drittel der Verbraucher suchen auf den Plattformen gezielt nach Schnäppchen. Jeder Zweite gab an, dort Produkte zu kaufen, die er oder sie sich sonst nicht leisten könne.

Zukunft der Zollregelungen

Welche Auswirkungen eine Veränderung der Import-Regelungen in die EU hätte, sollte die Kommission sie tatsächlich durchsetzen können, bleibt jedoch fraglich. Temu betonte, sein Wachstum resultiere vielmehr aus effizienten Lieferketten und hänge nicht von Regelungen zur zollfreien Einfuhr von Waren ab.

Shein, welcher als größter Onlinemodehändler der Welt gilt und derzeit eine Börsennotierung in London anstrebt, erklärte, das Unternehmen halte sich an alle Regeln und Gesetze. Das gelte auch im Hinblick auf Zollvorschriften.

Die „Chinaisierung“ des deutschen Handels

Laut Netzversteher gewinnen chinesische Online-Händler wie Temu und Shein an Einfluss und bedrohen etablierte Akteure wie Amazon. Diese Plattformen bieten extrem günstige Produkte direkt vom Hersteller, was zu erhöhtem Wettbewerbsdruck für lokale Einzelhändler führt. Die deutsche Verbraucher erwarten nun eine breite Produktpalette, schnelle Lieferung und niedrige Preise. Dies zwingt lokale Händler, sich anzupassen, um relevant zu bleiben.

Jedoch gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Qualität und Nachhaltigkeit der angebotenen Produkte sowie der Arbeitsbedingungen bei der Herstellung. Diese Entwicklungen könnten das Aussterben klassischer Onlinehändler und Affiliates begünstigen, da sinkende Margen und steigende Kosten deren Geschäft unrentabel machen.

Was du dir merken solltest:

  • Die Bundesregierung unterstützt die Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze, um die Flut von Billigwaren aus Asien wie von Shein und Temu einzudämmen.
  • Asiatische Online-Händler wie Shein und Temu profitieren aktuell von dieser Regelung, was den Handelsverband HDE zu Kritik veranlasst hat.
  • Die EU-Kommission hat im Mai 2023 Reformpläne vorgestellt, um die Zollregelungen an die Herausforderungen des Online-Handels anzupassen.

Bild: © Vecteezy

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