Diese Nervenzellen im Gehirn sorgen dafür, dass die Abnehmspritze im Körper wirkt

Ob Semaglutid beim Abnehmen hilft, hängt von bestimmten Nervenzellen im Gehirn ab – sie steuern Appetit, Fettabbau und Nebenwirkungen.

Im Gehirn aktivieren bestimmte Nervenzellen gezielt die Wirkung von Semaglutid – sie bremsen den Appetit und kurbeln die Fettverbrennung an.

Im Gehirn aktivieren bestimmte Nervenzellen gezielt die Wirkung von Semaglutid – sie bremsen den Appetit und kurbeln die Fettverbrennung an. © Pexels

Semaglutid gilt als Hoffnungsträger gegen starkes Übergewicht. Unter den Markennamen Ozempic und Wegovy ist es bereits millionenfach im Einsatz – zur Behandlung von Typ-2-Diabetes und zur Gewichtsreduktion. Doch nicht jeder profitiert gleich gut von dem Medikament – und viele kämpfen mit Nebenwirkungen wie Übelkeit oder dem Abbau von Muskelmasse. Eine neue Studie zeigt jetzt: Im Gehirn gibt es bestimmte Nervenzellen, die gezielt dafür sorgen, dass Semaglutid den Appetit bremst und den Körper zur Fettverbrennung anregt. Andere Nervenzellen sind hingegen eher für die unerwünschten Begleiterscheinungen verantwortlich.

Die Erkenntnis könnte Millionen Menschen helfen – besonders jenen, bei denen Diäten, Bewegung und andere Medikamente bislang kaum Erfolge gebracht haben.

Wie das Gehirn beim Abnehmen mitsteuert

Im Mittelpunkt der Forschung stehen die sogenannten Adcyap1+-Zellen. Diese Nervenzellen sitzen im Hirnstamm, einer Region, die direkt mit dem Körper kommuniziert. Genau dort entfaltet Semaglutid seine Wirkung: Es dämpft den Appetit, regt den Fettabbau an und verändert den Energieverbrauch.

In Versuchen mit Mäusen aktivierten Forscher der Uni Göteborg diese Nervenzellen gezielt – ganz ohne das Medikament zu verabreichen. Die Tiere fraßen daraufhin weniger, verloren an Gewicht, und ihr Stoffwechsel stellte sich auf Fettverbrennung um. Auffällig: Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Muskelabbau traten nicht auf.

Ob Semaglutid wirkt, hängt von bestimmten Nervenzellen im Gehirn ab

Besonders für ältere oder gesundheitlich belastete Menschen ist das relevant. Denn oft verlieren sie nicht nur Fett, sondern auch Muskelmasse – was den Körper schwächt. Die neue Studie zeigt nun, dass die Adcyap1+-Zellen vor allem den Fettabbau anstoßen, ohne nennenswert Muskeln abzubauen.

„Die Aktivierung von Adcyap1+-Neuronen im Hirnstamm ist notwendig für den anhaltenden Gewichtsverlust und speziell für den Fettabbau bei mit Semaglutid behandelten Mäusen“, erklären die Studienautoren.

Neue Angriffspunkte für bessere Medikamente

In einem weiteren Versuch schalteten die Forscher genau diese Nervenzellen aus. Die Folge: Semaglutid verlor fast vollständig seine Wirkung. Die Tiere fraßen wieder normal und nahmen kaum noch ab – obwohl sie weiterhin die gleiche Dosis erhielten.

Bemerkenswert war: Die Nebenwirkungen wie Übelkeit traten trotzdem auf. Das deutet darauf hin, dass im Gehirn getrennte Nervenzellen für Wirkung und Nebenwirkung zuständig sind – ein möglicher Schlüssel zu verträglicheren Medikamenten.

Für wen diese Entdeckung wichtig ist

Gerade Menschen mit starkem Übergewicht, die auf bisherige Therapien kaum ansprechen oder unter den Nebenwirkungen leiden, könnten von dieser Entdeckung profitieren. Medikamente, die nur die „richtigen“ Nervenzellen aktivieren, könnten gezielter wirken – und dabei den Körper weniger belasten.

„Wir haben eine spezifische Gruppe von Nervenzellen identifiziert, die für die Wirkung von Semaglutid auf Gewicht und Appetit notwendig ist, aber kaum zu Nebenwirkungen beiträgt“, sagt Studienleiterin Júlia Teixidor-Deulofeu.

Fettverbrennung auch ohne weniger Essen

Selbst wenn die Mäuse gar kein Futter bekamen, veränderte sich ihr Stoffwechsel. Ihr Körper begann, Fettreserven zur Energiegewinnung zu nutzen. Die Forscher konnten das durch sogenannte Ketonkörper im Blut nachweisen – ein deutliches Signal für Fettverbrennung.

Solche Effekte sind besonders wichtig für Menschen, die sich wenig bewegen können – etwa durch Krankheit oder Mobilitätseinschränkungen. Wenn Medikamente gezielt die passenden Nervenzellen aktivieren, könnte der Körper selbstständig auf „Energiesparen und Fettabbau“ umschalten.

Warum die Studie Hoffnung macht

Semaglutid führt laut Studien bei vielen Patienten zu einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 15 Prozent innerhalb eines Jahres. Doch es gibt Grenzen: Nebenwirkungen, hohe Kosten und unterschiedliche Reaktionen machen den Erfolg unvorhersehbar.

Die Forscher aus Göteborg haben nun einen entscheidenden Mechanismus im Gehirn entschlüsselt. Wer künftig gezielt die verantwortlichen Nervenzellen ansprechen kann, könnte mit geringeren Dosen größere Erfolge erzielen – und das bei deutlich weniger Nebenwirkungen. Für viele Betroffene wäre das ein echter Fortschritt.

Kurz zusammengefasst:

  • Semaglutid wirkt im Gehirn über spezielle Nervenzellen, die gezielt den Appetit senken und den Fettabbau fördern.
  • Diese sogenannten Adcyap1+-Zellen sind nicht für Nebenwirkungen wie Übelkeit verantwortlich – andere Nervenzellen übernehmen diese Rolle.
  • Künftig könnten Medikamente entwickelt werden, die gezielt nur die „nützlichen“ Nervenzellen ansprechen und dadurch verträglicher wirken.

Übrigens: Während Forscher die Wirkung von Semaglutid im Gehirn entschlüsseln, zeigt eine neue Studie: Ein anderes Abnehm-Medikament auf Basis von Tirzepatid war beim Gewichtsverlust und der Reduktion des Taillenumfangs deutlich wirksamer als Semaglutid. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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