Plastikpartikel im Gehirn: Wie Mikroplastik über die Nase eindringen könnte
Forscher entdecken Mikroplastik im menschlichen Gehirn, insbesondere in den Riechkolben. Eine neue Studie untersucht mögliche gesundheitliche Folgen des Plastiktransports durch die Nase.
Forscher haben Mikroplastik im Gehirngewebe von Menschen gefunden. Eine neue Studie, die kürzlich im JAMA Network Open veröffentlicht wurde, weist darauf hin, dass winzige Plastikpartikel in den Riechkolben oberhalb der Nase nachgewiesen wurden. Diese Entdeckung könnte laut dem Smithsonian Magazine belegen, dass Mikroplastik über die Nase ins Gehirn gelangen kann.
Mikroplastik: Überall zu finden
Mikroplastik ist nahezu allgegenwärtig. Es taucht in antiken Ausgrabungsstätten auf, in frisch gefallenem Schnee in der Antarktis, auf dem Gipfel des Mount Everest und sogar in der tiefsten Stelle der Erde, dem Marianengraben. Im menschlichen Körper wurden die winzigen Plastikpartikel bereits in Blut, Kot von Babys, Plazenten und Lungen nachgewiesen. Nun berichten Wissenschaftler auch von Funden im menschlichen Gehirn, genauer gesagt in den Riechkolben, die sich oberhalb der Nase befinden. Diese Entdeckung sorgt für neue Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen von Mikroplastik.
Die Forscher vermuten, dass Mikroplastik möglicherweise über die Riechbahn der Nase in das Gehirn gelangen könnte. Laut dem Umweltwissenschaftler Luís Fernando Amato-Lourenço von der Freien Universität Berlin, Mitautor der Studie, sei es durchaus möglich, dass Mikroplastik, einmal in den Riechkolben gelangt, auch in andere Regionen des Gehirns vordringen könne. „Der Transport hängt von mehreren Faktoren ab, darunter die Form des Partikels, ob es sich um eine Faser oder ein Fragment handelt, seine Größe und die Abwehrmechanismen des Körpers“, sagte Amato-Lourenço im Gespräch mit CNN.
Studie an menschlichen Riechkolben
Für die Studie entnahmen die Forscher Proben von den Riechkolben von 15 menschlichen Leichen. Die Verstorbenen waren zwischen 33 und 100 Jahre alt. In acht der Proben fanden die Wissenschaftler Mikroplastikpartikel, die weniger als fünf Millimeter lang waren. Insgesamt entdeckten sie 16 Plastikfasern und -partikel, die aus Polypropylen, Polyamid, Nylon und Polyethylenvinylacetat bestanden. Polypropylen, ein weit verbreitetes Plastik, das in Kleidung, Möbeln, Teppichen und Verpackungen verwendet wird, war dabei am häufigsten vertreten.
Interessanterweise analysierten die Forscher keine Nanoplastikpartikel, die noch viel kleiner sind – etwa 1.000 Mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Amato-Lourenço erklärte gegenüber CNN, dass die gefundenen Mikroplastikpartikel viel kleiner seien als diejenigen, die in anderen Studien in menschlichen Organen wie der Plazenta, den Nieren oder der Leber nachgewiesen wurden.
Auswirkungen auf die Gesundheit unklar
Das Forschungsteam zeigte sich wenig überrascht von den Ergebnissen, da Mikroplastik heutzutage so allgegenwärtig ist. Die Nase sei darauf ausgelegt, Staub, Partikel und andere Eindringlinge daran zu hindern, in die Lunge zu gelangen, was es logisch erscheinen lässt, dass auch Plastikfragmente im Nasengewebe festgehalten würden. Ob Mikroplastik tatsächlich über die Riechbahn in das Gehirn gelangen kann, bleibt jedoch unklar. Es gibt Mikroorganismen wie die Gehirn-fressende Amöbe Naegleria fowleri, die auf diesem Weg ins Gehirn gelangen können, doch solche Fälle seien sehr selten.
Ein weiterer Wissenschaftler, Matthew Campen, Toxikologe an der University of New Mexico, äußerte sich gegenüber NBC News skeptisch: „Es gibt Belege dafür, dass sehr kleine Partikel über die Riechkolben ins Gehirn gelangen können, aber dies ist nicht als Hauptweg für das Eindringen von Fremdmaterial ins Gehirn bekannt.“ Campen leitete eine andere Studie, die in einem Preprint veröffentlicht wurde und ebenfalls Mikroplastik in menschlichen Gehirnen nachwies.
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Warum nur manche Proben betroffen waren
Interessant ist, dass die Forscher keine Erklärung dafür fanden, warum in manchen Riechkolben Mikroplastik nachgewiesen wurde und in anderen nicht. Eine mögliche Erklärung sei laut den Wissenschaftlern, dass eine Entzündung der Nasenschleimhaut, bekannt als Mukosa, das Eindringen von Plastikpartikeln in das Nasengewebe bei einigen Personen erleichtert haben könnte.
Bisher gibt es kaum gesicherte Erkenntnisse über die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von Mikroplastik im menschlichen Körper. Einige Studien weisen jedoch darauf hin, dass Mikroplastik schädlich sein könnte. Anfang dieses Jahres fand eine Studie einen Zusammenhang zwischen Mikroplastik in menschlichen Arterien und einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen. Diese Forschung, die im März im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, markiert „das erste Mal, dass eine gesundheitliche Auswirkung direkt den Plastikpartikeln zugeschrieben wurde“, sagte der Epidemiologe Philip Landrigan von der Boston College gegenüber National Geographic. Zuvor sei die gängige Meinung gewesen, dass zwar Mikroplastik im Körper vorhanden sei, man jedoch nichts über seine Auswirkungen wisse. Landrigan betonte: „Diese Studie ändert das.“ Dennoch bleiben viele Fragen offen, die von der Wissenschaft in Zukunft beantwortet werden müssen.
Was du dir merken solltest:
- Forscher fanden Mikroplastik in den Riechkolben menschlicher Leichen, was darauf hindeutet, dass Plastikpartikel über die Nase ins Gehirn gelangen könnten.
- Acht von 15 untersuchten Proben enthielten verschiedene Arten von Mikroplastik, wobei Polypropylen am häufigsten vorkam.
- Die gesundheitlichen Auswirkungen sind noch unklar, aber einige Studien zeigen potenzielle Risiken, wie ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen durch Mikroplastik.
Übrigens: Eine weitere Gefahrenquelle aus der Umwelt, die der Mensch selbst verursacht, bedroht unsere Gesundheit: Pestizide aus der Landwirtschaft, die ins Grundwasser gelangen. Wie gefährlich das ist, erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy
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