Kann das Herz sich selbst heilen? Eine neue Studie sagt Ja

Eine neue Studie zeigt: Das Herz kann geschädigtes Gewebe erneuern. Diese Entdeckung könnte Millionen helfen.

Regeneration statt Versagen: Herzmuskelzellen können sich mit der richtigen Therapie von selbst erneuern. © Vecteezy

Regeneration statt Versagen: Herzmuskelzellen können sich mit der richtigen Therapie von selbst erneuern. © Vecteezy

Herzversagen ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Laut den Centers for Disease Control (CDC) sind allein in den USA fast sieben Millionen Menschen betroffen. Damit ist Herzversagen für 14 Prozent aller jährlichen Todesfälle in den Vereinigten Staaten verantwortlich. Auch in Deutschland verursachen laut Statistischem Bundesamt Herz-Kreislauf-Erkrankungen die meisten Todesfälle. Medikamente können den Krankheitsverlauf zwar verlangsamen, doch eine Heilung gibt es bislang nicht. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Hesham Sadek von der University of Arizona hat nun Hinweise darauf gefunden, dass das Herz sich selbst heilen kann, indem es Herzmuskelzellen regeneriert – zumindest bei einigen Patienten mit künstlichem Herzen. „Das ist der bislang stärkste Beweis dafür, dass sich menschliche Herzmuskelzellen tatsächlich regenerieren können“, erklärte Sadek. Diese Entdeckung könnte völlig neue Wege zur Behandlung von Herzinsuffizienz eröffnen.

Die Ergebnisse der Studie, die im Fachjournal Circulation veröffentlicht wurden, basieren auf der Analyse von Gewebeproben von Patienten mit einer linksventrikulären Unterstützungspumpe (LVAD). Diese Pumpe übernimmt die Arbeit des geschwächten Herzens und kann den Betroffenen Jahre schenken, in denen eine Transplantation oft die letzte Option bleibt.

Ruhe für das Herz: Schlüssel zur Regeneration?

Sadeks Team untersuchte, warum bei einigen dieser Patienten eine außergewöhnliche Regeneration der Herzmuskelzellen beobachtet wurde. Das Geheimnis könnte in der „Ruhephase“ des Herzens liegen, die durch die Pumpe ermöglicht wird. „Die Pumpe übernimmt die Aufgabe, Blut in den Körper zu pumpen, während das Herz sich erholen kann“, sagte Sadek. Seine Theorie: Die Entlastung erlaubt den Muskeln, sich zu regenerieren – ähnlich wie ein verletzter Muskel nach ausreichender Ruhephase heilt.

Das Team erhielt Proben von Kollegen der University of Utah und analysierte diese mithilfe von Kohlenstoffdatierung. Forscher des Karolinska-Instituts in Schweden konnten dadurch nachweisen, dass die regenerierten Zellen tatsächlich neu entstanden sind. Die Herzmuskelzellen der Patienten regenerierten sich mehr als sechs Mal schneller als bei Menschen mit einem gesunden Herzen.

 Hesham Sadek ist Direktor des Sarver Heart Center und Leiter der Abteilung Kardiologie im Fachbereich Medizin am U of A College of Medicine – Tucson. © Kris Hanning, U of A Health Sciences Office of Communications
 Hesham Sadek ist Direktor des Sarver Heart Center und Leiter der Abteilung Kardiologie im Fachbereich Medizin am University of Arizona College of Medicine – Tucson. © Kris Hanning, U of A Health Sciences Office of Communications

Die Fähigkeit des Herzens zur Regeneration ist da, sie braucht nur die richtigen Bedingungen.

Hesham Sadek

Warum regenerieren nur manche Herzen?

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse bleibt eine entscheidende Frage offen: Warum profitieren nur rund 25 Prozent der Patienten von dieser außergewöhnlichen Regeneration? Sadek und sein Team wollen nun untersuchen, was die sogenannten „Responder“ von anderen unterscheidet. „Es ist nicht klar, warum manche Patienten darauf reagieren und andere nicht“, erklärte er. Die Forscher hoffen, die molekularen Mechanismen zu entschlüsseln, die diesen Effekt auslösen. Das Ziel: Jeder Herzinsuffizienz-Patient soll zukünftig von dieser Fähigkeit profitieren.

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Die Forschungsergebnisse bauen auf Sadeks früheren Arbeiten auf. Bereits 2011 zeigte er in einer Studie, dass Herzmuskelzellen im Mutterleib aktiv wachsen, aber nach der Geburt aufhören, sich zu teilen. Die dauerhafte Belastung durch das Pumpen von Blut scheint diese Regenerationsfähigkeit auszuschalten. In einer weiteren Studie 2014 fand er erste Hinweise darauf, dass künstliche Herzen diese Teilungsfähigkeit wiederherstellen können.

Ein Hoffnungsschimmer für Millionen Patienten

„Wenn wir die Mechanismen hinter dieser Regeneration vollständig verstehen, könnten wir Herzversagen möglicherweise heilen“, erklärte Sadek. Besonders spannend ist laut dem Forscher, dass künstliche Herzen keine Zukunftsvision sind. „Diese Geräte sind erprobt und werden bereits seit Jahren eingesetzt“, betonte er. Die aktuellen Erkenntnisse könnten also Millionen Menschen zugutekommen, ohne dass völlig neue Technologien entwickelt werden müssen.

Die Forscher sind entschlossen, die nächsten Schritte anzugehen. Sie wollen verstehen, warum manche Patienten Responder sind und wie diese Fähigkeit auf andere übertragen werden kann. Sadek sieht darin eine echte Chance:

Die Möglichkeit, das Herz sich selbst heilen zu lassen, ist nicht mehr nur eine Vision, sondern eine greifbare Perspektive.

Was du dir merken solltest:

  • Bei Patienten mit künstlichen Herzen regenerieren sich Herzmuskelzellen bis zu sechs Mal schneller, da die Pumpen dem Herzen eine Ruhephase ermöglichen.
  • Nur etwa 25 Prozent der Patienten zeigen diese Regeneration. Die Forschung arbeitet daran, herauszufinden, warum manche darauf ansprechen und andere nicht.
  • Ziel ist es, die Regenerationsfähigkeit bei allen Patienten zu aktivieren, was langfristig eine Heilung von Herzinsuffizienz ermöglichen könnte.

Übrigens: Eine neue Studie zeigt, dass zuckerhaltige Getränke das Risiko für Herzkrankheiten deutlich steigern. Gelegentliche süße Leckereien hingegen können das Herz sogar schützen. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy

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