Hundertjährige altern oft gesünder als andere – und das schon ab 70

Hundertjährige altern anders: Sie entwickeln Krankheiten langsamer, bleiben länger geistig fit – und das oft schon ab dem 70. Lebensjahr.

Hundertjährige altern gesünder – und das beginnt mit 70

Laut Studie treten bei Hundertjährigen deutlich seltener neuropsychiatrische Erkrankungen wie Demenz oder Depression auf. © DALL-E

Wer 100 Jahre alt wird, gilt oft als medizinische Ausnahme. Viele verbinden ein solch hohes Alter mit Krankheiten, Pflegebedarf und geistigem Abbau. Doch eine große schwedische Studie zeigt ein anderes Bild: Hundertjährige leben nicht nur länger, sondern auch erstaunlich stabil. Ihre Krankheitsverläufe unterscheiden sich früh – und sie bleiben oft gesünder als Menschen, die früher sterben.

Wissenschaftler des Karolinska Institutet analysierten dazu die Gesundheitsdaten von über 274.000 Personen, die zwischen 1920 und 1922 geboren wurden. Nur rund 1,6 Prozent erreichten das 100. Lebensjahr. Gerade sie lieferten besonders auffällige Befunde.

Krankheiten entwickeln sich langsamer

Schon ab dem 70. Lebensjahr verlaufen Gesundheit und Krankheitsrisiken bei Hundertjährigen anders als bei anderen.

Die Studie zeigt:

  • Im Alter von 90 Jahren hatten 80 Prozent der Hundertjährigen höchstens fünf Diagnosen.
  • Der Median lag bei nur zwei Erkrankungen.
  • Bei Menschen, die mit 95 Jahren starben, lag der Median bereits bei drei.
  • Die Zahl der Diagnosen nahm ab etwa 90 Jahren kaum noch zu.
  • Multimorbidität – also das gleichzeitige Auftreten mehrerer Leiden – blieb die Ausnahme.

Statt viele Krankheiten auf einmal zu entwickeln, bleibt ihre Krankheitslast über Jahrzehnte hinweg erstaunlich stabil.

Herzprobleme setzen später ein

Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten als Hauptursache für Todesfälle in Europa. Doch bei Hundertjährigen treten sie seltener auf – und vor allem später im Leben. Im Alter von 90 Jahren litten nur 37,8 Prozent der Hundertjährigen an einer kardiovaskulären Erkrankung. In der Vergleichsgruppe der früher Verstorbenen lag der Anteil deutlich über 50 Prozent. Laut den Forschern gehört gerade dieses verzögerte Auftreten zu den Schlüsselfaktoren für gesunde Langlebigkeit.

Ein weiterer Unterschied: Viele Hundertjährige haben zwar chronische Erkrankungen – aber diese betreffen meist nur ein einzelnes Organsystem. Das vereinfacht die Therapie und erhöht die Lebensqualität.

Geistig oft stabil – trotz des hohen Alters

Auch neurologische oder psychische Erkrankungen wie Demenz oder Depression traten bei Hundertjährigen deutlich seltener auf. Die Unterschiede waren gerade in den letzten Lebensjahren besonders ausgeprägt.

Wichtige Beobachtungen:

  • Weniger neuropsychiatrische Diagnosen im Vergleich zu früher Verstorbenen.
  • Geistige Leistungsfähigkeit oft bis ins hohe Alter erhalen.
  • In Kombination mit stabiler körperlicher Gesundheit: höhere Lebensqualität.

Frühzeitige Unterschiede ab 70

Schon ab dem 70. Lebensjahr verlaufen die Gesundheitswege deutlich unterschiedlich. Wer später 100 wird, hebt sich schon in den Jahren davor im Krankheitsprofil ab.

Die Studienautoren erklären:

Die Differenzen in der Krankheitsakkumulation zwischen Hundertjährigen und Nicht-Hundertjährigen tauchen bereits ab dem mittleren Erwachsenenalter auf.

Prävention muss also deutlich früher ansetzen. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, Bewegung, ausgewogene Ernährung und gesunder Schlaf könnten entscheidende Stellschrauben sein.

Gene allein erklären es nicht

Hundertjährige tragen ähnlich viele krankheitsassoziierte Gene wie andere. Dennoch erkranken sie seltener – oder deutlich später. Die Forscher vermuten dabei ein Zusammenspiel aus genetischer Ausstattung und stabilen Lebensgewohnheiten.

Denkbare äußere Faktoren für gesünderes Altern

Schützende Umweltbedingungen können zum Beispiel durch eine geringe Schadstoffbelastung, saubere Luft, ausreichend Sonnenlicht oder einen naturnahen Lebensstil entstehen. Wer in einer Umgebung lebt, die Entzündungen oder oxidativen Stress reduziert, entlastet damit dauerhaft seinen Körper.

Auch gesunde Alltagsroutinen wie regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und ein stabiler Tag-Nacht-Rhythmus tragen zur langfristigen Gesunderhaltung bei. Studien deuten darauf hin, dass besonders einfache, aber konsequent eingehaltene Gewohnheiten einen schützenden Effekt haben – etwa tägliche Spaziergänge, frische Mahlzeiten oder ausreichend Schlaf.

Ein weiterer Faktor ist Stressregulation. Menschen, die im Alter gesund bleiben, berichten häufig von einer ausgeglichenen Lebensführung und einer gewissen psychischen Robustheit. Weniger chronischer Stress bedeutet weniger Belastung für Herz, Kreislauf und Immunsystem – und damit eine langsamere Alterung.

Nicht zuletzt spielen soziale Beziehungen eine zentrale Rolle. Enge familiäre Bindungen, regelmäßiger Austausch mit anderen oder ein stabiles soziales Netzwerk wirken wie ein Puffer gegen Isolation und mentale Erschöpfung. Gerade im hohen Alter können solche Kontakte entscheidend für das seelische und körperliche Gleichgewicht sein.

Kurz zusammengefasst:

  • Hundertjährige entwickeln Krankheiten langsamer und leiden seltener gleichzeitig an mehreren Erkrankungen – ihre Krankheitslast bleibt oft bis ins hohe Alter stabil.
  • Herz-Kreislauf-Leiden und neuropsychiatrische Erkrankungen wie Demenz treten bei ihnen deutlich seltener und später auf.
  • Die Unterschiede beginnen schon ab dem 70. Lebensjahr und hängen laut Studie weniger mit Genen als mit Lebensstil, Stress, Umfeld und sozialen Faktoren zusammen.

Übrigens: Schon ab dem 50. Lebensjahr altert unser Körper nicht gleichmäßig – manche Organe setzen früher Rost an als andere. Welche Gewebe zuerst betroffen sind und warum die Aorta dabei eine Schlüsselrolle spielt – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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