Herzgesundheit und Demenzrisiko: Dieser Blutwert warnt schon in der Lebensmitte vor späterem Gedächtnisverlust
Schon geringe Herzschäden in der Lebensmitte beeinträchtigen die Herzgesundheit und erhöhen das Demenzrisiko – erkennbar an einem erhöhten Proteinwert.
Selbst unsichtbare Herzschäden in der Lebensmitte können Jahrzehnte später Spuren im Gehirn hinterlassen – messbar an einem winzigen Protein im Blut. © Pexels
Menschen, deren Herz schon in der Lebensmitte unbemerkt Schaden nimmt, haben im Alter häufiger mit Demenz zu kämpfen. Das zeigt eine groß angelegte Langzeitstudie des University College London (UCL), veröffentlicht im European Heart Journal. Der entscheidende Hinweis liegt im Blut: Ein leicht erhöhter Wert des Proteins Troponin, das auf feine Verletzungen des Herzmuskels hinweist, könnte Jahrzehnte vor den ersten Anzeichen geistiger Einbußen Alarm schlagen.
Wie Troponin zum Frühwarnsignal fürs Gehirn wird
Troponin ist eigentlich ein Marker für Herzinfarkte. Ärzte messen es, wenn sie einen akuten Herzschaden vermuten. Die britische Studie legt nun nahe, dass auch leicht erhöhte Werte – also unterhalb der Alarmgrenze – bedeutsam sind. Sie deuten auf winzige, anhaltende Schäden im Herzmuskel hin, die den Kreislauf und damit die Versorgung des Gehirns langfristig beeinträchtigen.
„Schlechte Herzgesundheit in der Lebensmitte erhöht das Risiko, später an Demenz zu erkranken“, erklärt Studienleiter Professor Eric Brunner vom UCL Institute of Epidemiology and Health Care. Die Forscher untersuchten fast 6000 Teilnehmer zwischen 45 und 69 Jahren über einen Zeitraum von rund 25 Jahren.
Herzgesundheit und Demenzrisiko: Schon kleine Abweichungen zählen
Jede Verdopplung des Troponin-Wertes im Blut ging mit einem um zehn Prozent höheren Risiko für Demenz einher. Bei Teilnehmern mit den höchsten gemessenen Werten lag die Wahrscheinlichkeit sogar um 38 Prozent über der Vergleichsgruppe mit niedrigen Werten. Entscheidend: Diese Unterschiede zeigten sich bereits 20 bis 25 Jahre, bevor eine Demenz diagnostiziert wurde.
Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Schäden am Herzmuskel sehr früh beginnen und das Gehirn über Jahrzehnte beeinflussen. „Die Schädigung des Gehirns bei Demenz-Patienten entsteht langsam – über viele Jahre, bevor die Symptome sichtbar werden“, so Brunner.
Gehirnleistung sinkt im Alter messbar schneller
Die Teilnehmer absolvierten regelmäßig Gedächtnis- und Konzentrationstests. Wer zu Beginn erhöhte Troponin-Werte hatte, zeigte später einen deutlich schnelleren Abbau der geistigen Fähigkeiten. Mit 80 Jahren lag die Leistung im Schnitt auf dem Niveau eines Menschen, der rund eineinhalb Jahre älter war. Mit 90 Jahren betrug der Unterschied bereits zwei Jahre.
Besonders eindrücklich: Auch nach der Berücksichtigung anderer Einflussfaktoren – etwa Blutdruck, Blutzucker, Bewegung oder Gewicht – blieb der Zusammenhang zwischen Troponin und geistigem Abbau bestehen.
Hirnscans belegen Schrumpfung wichtiger Regionen
Ein Teil der Studienteilnehmer ließ zusätzlich Magnetresonanzaufnahmen (MRT) anfertigen. Die Auswertung ergab: Personen mit erhöhtem Troponin-Wert in der Lebensmitte wiesen 15 Jahre später ein kleineres Gehirnvolumen auf. Besonders betroffen war der Hippocampus – die Region, die für das Gedächtnis entscheidend ist.
Menschen mit den höchsten Werten hatten im Schnitt 0,6 Prozent weniger graue Hirnsubstanz und ein um 18 Prozent höheres Risiko für eine deutliche Schrumpfung des Hippocampus. Das entsprach einem „Alterungseffekt“ von etwa drei zusätzlichen Jahren.
Frühe Vorsorge schützt Herz und Kopf zugleich
Laut Professor Bryan Williams von der British Heart Foundation unterstreichen die Ergebnisse den engen Zusammenhang zwischen Herz und Gehirn. „Unsere Herz- und Gehirngesundheit sind untrennbar miteinander verbunden“, sagt Williams. „Mittleres Alter ist eine besonders empfindliche Phase, in der sich Herzschäden auf Jahrzehnte hinaus auswirken können.“
Er rät, den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren, Cholesterin im Blick zu behalten, sich ausreichend zu bewegen, auf das Gewicht zu achten und nicht zu rauchen. Diese Maßnahmen schützen nicht nur das Herz, sondern auch die geistige Leistungsfähigkeit.
Auch Bewegung kann das Gehirn schützen: Eine Studie der ETH Zürich zeigt, dass schon 24 Minuten Heimtraining am Tag die geistige Leistung älterer Menschen messbar verbessert. Das Programm „Brain-IT“ kombiniert einfache Bewegungen mit Gedächtnisübungen – und stärkt Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit selbst bei einer beginnenden Demenz.
Warum Herztests künftig mehr verraten könnten
Die UCL-Forscher sehen in Troponin einen möglichen Baustein künftiger Risikobewertungen. Wenn sich die Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, könnte der Blutwert helfen, Menschen frühzeitig zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für Demenz haben – lange bevor Symptome auftreten.
Die Botschaft ist klar: Was dem Herzen guttut, hilft auch dem Kopf. Wer seine Herzgesundheit ernst nimmt, könnte damit nicht nur sein Leben verlängern, sondern auch sein Gedächtnis bewahren.
Kurz zusammengefasst:
- Ein erhöhter Troponin-Wert im Blut zeigt, dass Herzgesundheit und Demenzrisiko eng verbunden sind – erste Warnzeichen können schon in der Lebensmitte auftreten.
- Menschen mit dauerhaft höheren Troponin-Werten entwickeln Jahrzehnte später häufiger Demenz und zeigen einen schnelleren geistigen Abbau.
- Gute Herzgesundheit senkt langfristig das Demenzrisiko – regelmäßige Kontrolle von Blutdruck, Gewicht und Cholesterin schützt auch das Gedächtnis.
Übrigens: Auch die Augen können Hinweise auf das Herz liefern – winzige Gefäße in der Netzhaut verraten, wie gesund Herz und Kreislauf wirklich sind. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels
