Beckenboden-Probleme: Warum viele Frauen Intimität vermeiden

Beckenbodenerkrankungen sind nicht nur körperlich belastend. Sie wirken sich auch stark auf die Sexualität aus und verstärken Unsicherheiten bei betroffenen Frauen.

Beckenbodenstörungen treten am häufigsten bei Schwangeren, frisch gebackenen Mamas und Frauen in den Wechseljahren auf. © Pexels

Beckenbodenstörungen treten am häufigsten bei Schwangeren, frisch gebackenen Mamas und Frauen in den Wechseljahren auf. © Pexels

Ein entspannter Abend zu zweit, aber plötzlich schleicht sich die Unsicherheit ein: Was, wenn der Körper nicht mitspielt? Für viele Frauen mit Beckenboden-Problemen ist Intimität mit Angst und Scham verbunden. Eine aktuelle Studie der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) zeigt, wie sehr solche Beschwerden das Sexualleben beeinträchtigen können – bis hin zur völligen Vermeidung von Sex.

Unterschiede bei Alter und Beschwerden

Das Forschungsteam untersuchte 157 Frauen mit Beckenbodenstörungen wie Harn- oder Stuhlinkontinenz sowie Organabsenkung, bei denen sich Gebärmutter, Blase oder Darm in die Scheide vorwölben. Von den Befragten gaben 111 Frauen an, sexuell aktiv zu sein, während 46 erklärten, keinen Geschlechtsverkehr zu haben. Die Analyse zeigte, dass die sexuell inaktiven Frauen im Durchschnitt 8 bis 10 Jahre älter waren. Rund 80 Prozent von ihnen waren in den Wechseljahren, während dies bei den sexuell aktiven Frauen nur zur Hälfte zutraf.

Vor allem Frauen, deren Beschwerden erst innerhalb des letzten Jahres auftraten, zogen sich häufiger zurück. „Wir wollten herausfinden, welche Faktoren das Sexualleben beeinflussen und warum manche Frauen Intimität meiden“, erklärte Signe Nilssen Stafne, Hauptautorin der Studie.

Organabsenkung als Unsicherheitsfaktor

Ein besonders schwerwiegendes Problem stellt der Beckenorganprolaps (POP) dar. Dieser entsteht, wenn die Muskeln und Gewebe, die die Organe im Beckenraum stützen, geschwächt sind. Dadurch können sich Organe wie Blase, Gebärmutter, Vagina, Gebärmutterhals, Harnröhre oder Rektum aus ihrer normalen Position absenken. Frauen berichteten häufig, dass sie sich durch die Absenkung von Gebärmutter, Blase oder Darm in ihrem Körper unwohl fühlten. „Viele entwickeln ein negatives Selbstbild und haben Angst, dass Geschlechtsverkehr ihre Beschwerden verschlechtern könnte“, so Stafne. Diese Unsicherheit verstärke sich, wenn die Symptome noch relativ neu seien.

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Obwohl Beckenbodenstörungen nicht zwangsläufig zu einem vollständigen Verzicht auf Intimität führten, fanden die Forscher heraus, dass besonders Organabsenkung und rektale Beschwerden die sexuelle Zufriedenheit stark beeinträchtigten.

Wenn rektale Beschwerden die Nähe belasten

Am belastendsten sind laut der Studie rektale Beschwerden wie Stuhlinkontinenz. Die betroffenen Frauen berichteten, dass sie aus Angst vor Kontrollverlust lieber auf Intimität verzichteten. Susan Saga von der NTNU erklärte: „Die Sorge vor peinlichen Situationen während des Geschlechtsverkehrs hemmt viele Frauen.“ Diese Belastung betreffe nicht nur den Körper, sondern oft auch die emotionale Nähe in Beziehungen.

Hier können offene Gespräche Abhilfe schaffen. Besonders bei Frauen in den Wechseljahren oder mit rektalen Beschwerden ist es wichtig, das Thema sexuelle Gesundheit im Dialog mit Ärzten und Pflegern nicht auszuklammern. „Wir müssen das Tabu rund um Beckenbodengesundheit brechen“, sagte Saga.

Tabu bleibt ein Hindernis

Von den ursprünglich 625 angeschriebenen Frauen nahmen nur 200 an der Befragung teil. Das entspricht einer Teilnahmequote von 32 Prozent. Zudem füllten einige Frauen den Fragebogen nur teilweise aus, was die Aussagekraft der Forschungsergebnisse schwächt. Das Forscherteam vermutet, dass viele Frauen sich scheuten, über ihre Sexualität und Beckenbodenprobleme zu sprechen – ein Tabu, mit dem man in Zukunft brechen sollte, zum Wohle der Betroffenen.

Was du dir merken solltest:

  • Frauen mit Beckenbodenstörungen vermeiden laut einer NTNU-Studie bis zu viermal häufiger Geschlechtsverkehr, besonders wenn sie an Organabsenkung oder rektalen Beschwerden leiden.
  • Besonders betroffen sind Frauen in den Wechseljahren oder mit neu aufgetretenen Symptomen, da Unsicherheit und ein negatives Selbstbild ihr Sexualleben stark belasten können.
  • Die Forscher empfehlen, sexuelle Gesundheit bei Beckenboden-Problemen offen anzusprechen, da dies Betroffenen helfen kann, Scham abzubauen und Vertrauen aufzubauen.

Bild: © Pexels

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