Alzheimer-Früherkennung – Blutwerte zeigen schon mit 24 erste Warnzeichen
Bereits mit 24 zeigen Blutwerte erste Hinweise auf Alzheimer. Sie stehen in Zusammenhang mit kognitiven Schwächen.

Schon bei jungen Erwachsenen ab 24 lassen sich im Blut erste Alzheimer-Risiken erkennen – lange bevor Symptome auftreten. © Pexels
Viele bringen Vergesslichkeit erst mit dem Alter in Verbindung. Doch laut einer neuen Studie der Columbia University zeigen sich erste Anzeichen für ein erhöhtes Alzheimer-Risiko schon viel früher. Bereits Mitte 20 können bestimmte Blutwerte und Lebensstilfaktoren messbare Auswirkungen auf das Denkvermögen haben. Die Forscher weisen darauf hin, dass genau hier die Chance für eine wirksame Alzheimer-Früherkennung und frühzeitige Vorbeugung liegt – lange bevor sich erste Symptome bemerkbar machen.
Die Erkenntnisse stammen aus einer der größten Langzeitstudien der USA, mit mehr als 11.000 Teilnehmern im Alter zwischen 24 und 44 Jahren. Getestet wurden Gedächtnis, Konzentration, Blutwerte und genetische Merkmale. Das Ergebnis: Bereits bei gesunden jungen Erwachsenen lassen sich messbare Unterschiede im Denkvermögen erkennen – abhängig von Faktoren wie Blutdruck, Bewegung und Entzündungswerten.
Alzheimer-Früherkennung muss früher ansetzen
Im Zentrum der Studie stand der sogenannte CAIDE-Score (Cardiovascular Risk Factors, Ageing and Dementia) – eine Art Risikowert für Demenz. Er setzt sich aus mehreren bekannten Faktoren zusammen: Alter, Bildung, Geschlecht, Blutdruck, Cholesterin, Körpergewicht und Bewegung. Die Forscher wollten wissen, ob dieser Wert schon bei jungen Erwachsenen etwas über ihre geistige Leistungsfähigkeit aussagt.
Das Ergebnis war eindeutig: Je höher der CAIDE-Score, desto schlechter schnitten die Teilnehmer in einem Gedächtnistest ab. Dabei mussten sie sich eine Zahlenreihe merken und diese rückwärts aufsagen – ein typischer Test für das Kurzzeitgedächtnis. Schon ein einziger Punkt mehr im Score wirkte sich messbar negativ aus.
„Der CAIDE-Score hing bei jungen Erwachsenen mit allen kognitiven Leistungen zusammen“, erklärt Studienleiterin Allison Aiello von der Columbia University. Dieser Zusammenhang zeigte sich bereits bei Menschen im Alter zwischen 24 und 34 Jahren – also lange vor dem Alter, in dem man üblicherweise an Alzheimer denkt.
Entzündungen im Körper greifen das Gedächtnis an
Neben dem Risikoscore untersuchten die Forscher auch Entzündungsmarker im Blut, etwa das C-reaktive Protein (hsCRP) oder Interleukin-6. Ergebnis: Je höher diese Werte, desto schwächer die geistige Leistung – vor allem in den Bereichen Merkfähigkeit und Konzentration. Auch das Tau-Protein, das bei Alzheimer eine zentrale Rolle spielt, zeigte erste Effekte: Wer erhöhte Werte aufwies, konnte sich schlechter an Wörter erinnern.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass mehrere etablierte Risikofaktoren und Biomarker schon in jungen Jahren mit der kognitiven Leistung zusammenhängen“, sagt Aiello. Das gelte auch für biologische Prozesse, die bislang vor allem bei älteren Menschen mit Alzheimer in Verbindung gebracht wurden – wie Nervenzellabbau und chronische Entzündung.
Umwelt wirkt früher als Gene – Lebensstil zählt schon in jungen Jahren
Eine Ausnahme bildete der genetische Risikofaktor APOE ε4, der bei älteren Menschen stark mit Demenz in Verbindung steht. In der untersuchten Altersgruppe hatte diese Genvariante jedoch noch keine erkennbare Auswirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit. Das stützt frühere Vermutungen, wonach Umwelt- und Lebensstilfaktoren in jungen Jahren die deutlich größere Rolle spielen.
„APOE ε4 zeigte in dieser Altersgruppe keinen signifikanten Zusammenhang mit dem Denkvermögen“, so die Autoren der Studie. Der entscheidende Einfluss dieses Gens scheint erst später im Leben zuzunehmen – wenn sich bereits Schäden im Gehirn gebildet haben.
Große Langzeitstudie liefert belastbare Daten
Die Studie der Columbia University basiert auf der „Add Health“-Erhebung, die seit 1994 Jugendliche in den USA begleitet. Untersucht wurden zwei Erhebungswellen: Die erste zwischen 2008 und 2009 mit Teilnehmern im Alter von 24 bis 34 Jahren (Median: 28 Jahre), die zweite zwischen 2016 und 2018 mit Teilnehmern zwischen 34 und 44 Jahren (Median: 38 Jahre). Insgesamt flossen Daten von mehr als 11.000 Menschen ein, darunter Blutwerte, genetische Tests, Interviews und kognitive Aufgaben.
Die Teilnehmer kamen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen: rund 72 Prozent waren weiß, etwa 13 Prozent schwarz und 10 Prozent hispanisch. Die Geschlechterverteilung war ausgeglichen.
Frühe Prävention lohnt sich – Lebensstil schützt auch das Gehirn
Die Forscher betonen, wie wichtig es ist, Alzheimer-Risikofaktoren schon in jungen Jahren im Blick zu behalten. „Unsere Studie legt nahe, dass frühe Alzheimer-Prävention über den gesamten Lebensverlauf hinweg entscheidend ist“, sagt Allison Aiello. Wer bereits mit Mitte 20 auf Blutdruck, Gewicht und ausreichend Bewegung achtet, kann das Risiko für späteren kognitiven Abbau möglicherweise verringern.
Was dem Herz-Kreislauf-System guttut, hilft offenbar auch dem Gehirn. Gedächtnisprobleme im Alter sind häufig kein Zufall – sondern das Ergebnis von Lebensstil und Gesundheitsverhalten über viele Jahre hinweg. Die Erkenntnisse liefern damit wichtige Impulse für eine Alzheimer-Früherkennung, die deutlich früher ansetzt als bisher.
Kurz zusammengefasst:
- Entscheidender Ansatzpunkt für die Alzheimer-Früherkennung: Bereits ab einem Alter von 24 Jahren lassen sich Risikofaktoren und Biomarker im Blut nachweisen.
- Ein hoher CAIDE-Score, Entzündungswerte und bestimmte Eiweiße wie das Tau-Protein korrelieren mit messbar schlechteren Gedächtnisleistungen.
- Genetische Faktoren wie APOE ε4 spielen in jungen Jahren kaum eine Rolle – entscheidend sind Lebensstil und Frühprävention.
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