Wenn die Liebe langsam stirbt: Der leise Abschied beginnt oft zwei Jahre vor der Trennung
Es fängt mit leiser Unzufriedenheit an – dann geht es steil bergab mit der Beziehung.

Den Ring abzulegen ist das symbolische Ende – Unzufriedenheit in einer Beziehung beginnt allerdings schon lange vorher. © Pexels
Eine Beziehung zerbricht selten plötzlich. Oft beginnt der Abschied leise – mit kleinen Enttäuschungen, mit Unzufriedenheit, die langsam wächst. Eine neue psychologische Studie hat untersucht, wie sich dieser Prozess genau abspielt. Dabei zeigt sich: Es gibt typische Anzeichen, die lange vor dem Ende auftauchen. Wer sie erkennt, kann vielleicht noch gegensteuern.
Die Studie stammt von Psychologin Janina Bühler von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Ulrich Orth von der Universität Bern analysierte sie das Verhalten von über 11.000 Menschen in vier westlichen Ländern.
Trennungen kündigen sich oft Jahre vorher an
Den Psychologen zufolge beginnt das Ende einer Beziehung meist schleichend. Die Zufriedenheit in der Partnerschaft nimmt langsam ab – zunächst kaum spürbar. Doch etwa ein bis zwei Jahre vor der Trennung erreicht die Beziehung einen Wendepunkt. Ab da wird die Unzufriedenheit plötzlich viel stärker.
„Ab diesem Punkt geht es steil bergab“, sagt Bühler. Die beiden Forscher sprechen von einem sogenannten Transitionspunkt. Ab diesem Moment sei die Trennung kaum noch aufzuhalten.
Langzeitdaten aus vier Ländern ausgewertet
Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler Daten aus Deutschland, Australien, Großbritannien und den Niederlanden. In diesen Ländern können Menschen ihre Partnerschaft in der Regel frei beenden – ohne starke gesellschaftliche Zwänge.
Besonders aufschlussreich war das deutsche Beziehungs-Panel pairfam, eine Langzeitstudie, die seit Jahren dieselben Menschen zu ihrem Familien- und Beziehungsleben befragt. Die Teilnehmer mussten regelmäßig angeben, wie zufrieden sie mit ihrer Beziehung sind – auf einer Skala von sehr unzufrieden bis sehr zufrieden.
Beziehung wird vom Ende her gedacht
Anstatt wie sonst üblich den Anfang von Beziehungen zu untersuchen, drehten Bühler und Orth die Blickrichtung um. Sie wollten wissen: Wie verändert sich eine Beziehung, wenn sie auf eine Trennung zusteuert?
Dabei stützten sie sich auf ein psychologisches Konzept namens Terminal Decline. Dieses Modell stammt ursprünglich aus der Altersforschung und beschreibt, wie sich geistige und körperliche Fähigkeiten kurz vor dem Lebensende verschlechtern. Bühler übertrug die Idee auf Beziehungen – mit erstaunlichen Ergebnissen.
Endphase dauert zwischen 7 und 28 Monaten
Die sogenannte Endphase – also die Zeit nach dem Transitionspunkt – kann bis zu 28 Monate dauern. Im Durchschnitt liegt sie zwischen einem und zwei Jahren. In dieser Zeit nimmt die Zufriedenheit deutlich ab und zwar nur bei den Personen, die sich später tatsächlich trennen.
In der Vergleichsgruppe – also bei Paaren, die zusammenblieben – war kein solcher starker Abfall der Zufriedenheit zu beobachten.

Trennungswille entsteht oft einseitig
Der Wendepunkt wird von beiden Partnern unterschiedlich erlebt. Derjenige, der sich später trennt, empfindet meist früher Unzufriedenheit. Die andere Person merkt erst kurz vor der Trennung, dass es ernst wird.
Paare gehen also durch verschiedene Phasen hindurch, sie trennen sich in der Regel nicht von heute auf morgen, und diese Phasen werden von beiden Partnern unterschiedlich erlebt.
Psychologin Janina Bühler
Hilfe kommt oft zu spät
Bühler arbeitet auch als Paartherapeutin. Aus ihrer Sicht suchen viele Paare erst dann Hilfe, wenn die Beziehung schon in der Endphase steckt. Dann sei es meist zu spät.
Es ist wichtig, dass wir diese Muster erkennen. Wenn sich die Partner in der präterminalen Phase befinden, noch bevor es steil bergab geht, können Bemühungen zur Verbesserung der Beziehung effektiver sein und eine Trennung kann vielleicht verhindert werden.
Psychologin Janina Bühler
Kurz zusammengefasst:
- Eine Trennung beginnt oft lange vor dem eigentlichen Ende: Die Unzufriedenheit in der Beziehung wächst meist schleichend und beschleunigt sich ab einem bestimmten Punkt.
- Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz fanden heraus, dass dieser Wendepunkt – die sogenannte Endphase – im Schnitt ein bis zwei Jahre vor der Trennung liegt.
- Wer diesen kritischen Zeitraum früh erkennt, hat bessere Chancen, die Beziehung noch zu retten – beispielsweise durch Paartherapie.
Bild: © Pexels