Nackt in der Sauna: Warum Deutsche und Schweizer gerne die Kleider ablegen
In Deutschland und der Schweiz ist es kulturell üblich, Saunen nackt zu betreten, eine Praxis, die tief in der langen Tradition der Freikörperkultur verwurzelt ist.
Eine Britin entdeckt die Saunakultur in Deutschland und der Schweiz – eine Welt ohne Badekleidung. In ihrer Heimat üblich, stößt die Nacktheitspflicht in deutschen und schweizerischen Saunen oft auf Verwunderung bei Ausländern. Die Britin, die ihre Erfahrungen in einem Bericht von Galaxus teilt, schildert ihre anfängliche Scheu, sich in der Sauna nackt zu zeigen.
Die Nacktheit ist in Deutschland und der Schweiz weit verbreitet und akzeptiert. Der Deutsche Sauna-Bund erklärt auf seiner Webseite, dass die direkte Einwirkung der Hitze auf die Haut und das ungehinderte Verdunsten des Schweißes der Grund für die Nacktheit sind. „Es ist weder angenehm noch hygienisch, in einem Badeanzug zu schwitzen“, heißt es dort.
Die Britin erzählt, wie sie beim ersten Saunabesuch in Deutschland vor der Entscheidung stand, die Sauna nackt zu betreten oder zu flüchten. Sie entschied sich für den Rückzug, doch die Neugier und das Interesse an der Kultur überwogen schlussendlich. Laut einer Umfrage von 2022 besuchen rund 26,14 Millionen Menschen in Deutschland gelegentlich oder häufig Saunen, was für die tiefe Verankerung der Saunakultur in der deutschen Gesellschaft spricht.
Kultureller Vergleich
In Großbritannien fühlen sich laut Galaxus 59 Prozent der Briten beim Gedanken an Nacktheit unwohl. In Deutschland und der Schweiz hingegen ist das Nacktsein an vielen Orten wie Saunen, Stränden und Seen eine Selbstverständlichkeit. Dies führt oft zu Missverständnissen und Kulturkonflikten, wenn ausländische Gäste mit dieser Praxis konfrontiert werden. Ein Beispiel dafür ist der Fitnesspark National in der Schweiz, wo Mitarbeiter regelmäßig daran erinnern müssen, die Badekleidung abzulegen.
Historischer Kontext
Die Wurzeln dieser offenen Einstellung zur Nacktheit reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Die Entstehung der sogenannten Lebensreform als Antwort auf die Industrialisierung in deutschsprachigen Ländern brachte soziale Bewegungen hervor, die Naturmedizin, Vegetarismus, sowie die Vermeidung von Alkohol und zuckerhaltigen Lebensmitteln förderten und die gesundheitlichen Vorzüge der Nacktheit hervorhoben. Arnold Rikli aus der Schweiz, auch „Sonnendoktor“ genannt und ein Anhänger dieser Bewegung, unterstützte früh Aktivitäten wie das Nacktsonnenbaden und -wandern. Die Historikerin Eva Locher, die sich mit der Lebensreform in der Schweiz beschäftigt hat, erwähnt sogar Versuche, das Nacktskifahren populär zu machen.
Im Gegensatz dazu stand das viktorianische Großbritannien der Nacktheit sehr reserviert gegenüber. Die Erfindung der Bademaschine, eine Kabine, in der sich die Menschen umziehen konnten, bevor sie ins Wasser gingen, illustriert diese Prüderie. Erst 1979 wurde der erste FKK-Strand in Großbritannien eröffnet, was auf erheblichen Widerstand stieß.
Unterschiedliche Wahrnehmungen
Die britische Trainerin für Körperbewusstsein, Judi Craddock, erwähnt in einem Interview mit The Metro, dass viele Menschen Nacktheit fälschlicherweise mit Sexualität verwechseln. In Deutschland hingegen, so eine Umfrage von Statista, bringen nur 13 Prozent der Befragten Nacktheit mit sexueller Erregung in Verbindung. Diese unterschiedlichen Auffassungen führen zu einem grundlegend anderen Umgang mit Nacktheit.
Die Britin beendet ihren Bericht mit der Erkenntnis, dass die freie und ungezwungene Art der Deutschen und Schweizer in Saunen anfangs befremdlich für sie wirkte, aber letztlich eine neue Perspektive auf die menschliche Natur und Körperlichkeit bot.
Was du dir merken solltest:
- In Deutschland und der Schweiz ist es üblich, eine Sauna nackt zu benutzen, was für Besucher aus Ländern wie Großbritannien, wo Badekleidung vorgeschrieben ist, oft überraschend ist.
- Die Akzeptanz der Nacktheit in deutschen und schweizerischen Saunen ist historisch durch die Lebensreformbewegung geprägt, die im 19. Jahrhundert begann und sich für die Vorteile der Nacktheit aus gesundheitlichen und natürlichen Gründen stark machte, was die unterschiedlichen Einstellungen zur Körperlichkeit in diesen Kulturen unterstreicht.
- Während in Deutschland und der Schweiz Nacktheit oft als nicht-sexuell und als ein Teil gesunder Lebensweise angesehen wird, besteht in Großbritannien eine stärkere Assoziation von Nacktheit mit Sexualität, was die unterschiedlichen gesellschaftlichen Perspektiven auf Nacktheit und ihre Akzeptanz in der öffentlichen Kultur zeigt.
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