Klimawandel zwingt Millionen Bauern zur Entscheidung: Bleiben, kämpfen – oder fliehen?
Eine neue Simulation zeigt, wie der Klimawandel die Landwirtschaft bedroht und 13 Millionen Familien vor schwierige Entscheidungen stellt.

Wenn Felder überfluten und Böden versalzen, bleibt vielen Bauern nur die Anpassung – oder die Flucht. © Wikimedia
Der Klimawandel verändert die Landwirtschaft in vielen Küstenregionen grundlegend: Böden versalzen, Überflutungen nehmen zu, immer mehr Felder stehen unter Wasser, Ernten brechen ein. Millionen Bauernfamilien weltweit stehen vor der Frage, ob sie bleiben, sich anpassen oder ihre Heimat verlassen sollen.
Ein Forschungsteam des Instituts für Umweltwissenschaften an der Vrije Universiteit Amsterdam hat dafür ein neues Modell entwickelt: DYNAMO-M, kurz für Dynamic Agent-Based Model for Migration. Es simuliert, wie 13 Millionen betroffene Haushalte bis 2080 auf diese existenziellen Herausforderungen reagieren könnten.
Modell macht Landwirtschaftskrisen greifbar
DYNAMO-M ist kein abstraktes Rechenprogramm. Es zeigt, wie reale Familien unter Druck handeln könnten. Soll eine Familie bleiben und Verluste hinnehmen? Soll sie versuchen, sich mit neuen Pflanzen, höher gebauten Häusern oder Drainagesystemen zu schützen? Oder bleibt nur die Flucht in sicherere Gebiete?
Das Modell berücksichtigt:
- 23 zentrale Nahrungspflanzen, darunter Reis und Weizen
- 60 Jahre Entwicklung, von heute bis 2080
- Wirtschaftliche Logik realer Entscheidungen: Anpassung, Stillstand oder Flucht
„Wir wollten ein Werkzeug schaffen, das konkrete Handlungsspielräume aufzeigt“, erklärt Studienautor Kushagra Pandey.
Küstenregionen besonders stark gefährdet
Die Forscher haben sogenannte Hotspots identifiziert – Orte, an denen besonders viele Menschen betroffen sind. Dazu gehören Küstengebiete in Florida, New York und Oregon, aber auch Regionen in Japan, China, den Philippinen und Italien. Überall dort bedrohen Überschwemmungen und versalzene Böden die Landwirtschaft.
Vor allem Gebiete, die nur bei extremen Hochwasserlagen überflutet werden, gelten als besonders anfällig. DYNAMO-M zeigt: Dort drohen nicht nur Ernteverluste, sondern auch Massenabwanderungen.
Anpassung wird überlebenswichtig
Der Klimawandel macht es für Bauern in vielen Regionen fast unmöglich, wie bisher weiterzuwirtschaften. Ohne Unterstützung könnten viele Familien gezwungen sein, ihre Höfe aufzugeben. Doch das Modell macht auch Hoffnung: Es zeigt, dass viele bleiben würden – wenn sie gezielt unterstützt werden.
Mögliche Anpassungsstrategien:
- Salztolerante Pflanzen
- Höher gebaute Wohnhäuser
- Bessere Drainagesysteme
Doch all das kostet Geld und Wissen – beides fehlt oft vor Ort.
Kleine Subventionen haben große Wirkung
Genau hier setzt DYNAMO-M an. Die Forscher haben im Modell verschiedene politische Maßnahmen durchgerechnet: Subventionen, Versicherungen oder Beratungsprogramme. Das Ergebnis: Schon kleine finanzielle Hilfen könnten eine große Wirkung haben.
Kleine Subventionen können die Anpassungsfähigkeit erheblich verbessern und die durch den Meeresspiegelanstieg bedingte Migration verringern.
Kushagra Pandey
Wenn Bauern wissen, dass der Staat sie im Ernstfall unterstützt, sind sie eher bereit, sich anzupassen statt zu fliehen.
Klimawandel gezielt begegnen: Landwirtschaft braucht konkrete Planung
Behörden, Hilfsorganisationen und politische Entscheidungsträger bekommen mit dem Modell ein Werkzeug an die Hand, um gezielter zu handeln. Es zeigt, welche Regionen besonders schnell Hilfe brauchen – und wo bestimmte Maßnahmen besonders effektiv sind.
Präsentiert wurde das Modell auf der Generalversammlung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU) 2025 in Wien. Dort stieß es auf großes Interesse – nicht nur unter Wissenschaftlern, sondern auch bei Organisationen, die weltweit in Katastrophenschutz und Entwicklungsarbeit aktiv sind.
Kurz zusammengefasst:
- Das Modell DYNAMO-M zeigt, wie die Landwirtschaft weltweit auf Überschwemmungen und Bodenversalzung durch den Klimawandel reagieren könnte.
- Besonders gefährdet sind Küstenregionen in den USA, Asien und Europa – dort drohen massive Ernteausfälle und Landflucht.
- Gezielte Hilfen wie kleine Subventionen oder Versicherungen können entscheidend dazu beitragen, die Anpassungsfähigkeit zu stärken und Migration zu vermeiden.
Übrigens: Auch Schwangerschaften bleiben vom Klimawandel nicht verschont. Eine neue Simulation zeigt: Luftverschmutzung und Hitze könnten Geburten verzögern – mit ernsten Folgen für Mutter und Kind. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Flickr.com via Wikimedia unter CC BY 2.0