Himmelsscheibe von Nebra: Das Geheimnis ihrer Herstellung nach 3.600 Jahren gelüftet

Die Herstellung der Himmelsscheibe von Nebra erfolgte in einem komplexen Schmiedeprozess – ein Meisterwerk der Frühbronzezeit.

Meisterwerk der Bronzezeit: Die Himmelsscheibe von Nebra entstand durch einen aufwendigen Warmschmiedeprozess mit rund zehn Schmiedezyklen.

Meisterwerk der Bronzezeit: Die Himmelsscheibe von Nebra entstand durch einen aufwendigen Warmschmiedeprozess mit rund zehn Schmiedezyklen. © Wikimedia

Es klingt wie aus einem Krimi: Vor über 20 Jahren entdeckten Grabräuber die Himmelsscheibe von Nebra in einem Waldstück in Sachsen-Anhalt. Was folgte, war ein wilder Handel, der schließlich mit einer spektakulären Sicherstellung durch die Polizei endete. Heute gilt die Bronzescheibe als der wohl bedeutendste archäologische Fund Deutschlands. Doch wie genau erfolgte die Herstellung dieses Meisterwerks der Frühbronzezeit? Diese Frage hat nun ein Forscherteam beantwortet – und die Ergebnisse sind so beeindruckend wie die Himmelsscheibe selbst.

Geheimnis der Herstellung der Himmelsscheibe von Nebra entschlüsselt

Die Himmelsscheibe von Nebra ist ein archäologisches Meisterwerk und gilt als die älteste bekannte Darstellung konkreter Himmelsphänomene. Wissenschaftler des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt haben nun den Herstellungsprozess der rund 3.600 Jahre alten Bronzescheibe entschlüsselt. Dabei wurde deutlich, dass die Fertigung ein komplexer und zeitintensiver Prozess war, der fortgeschrittene handwerkliche Fähigkeiten erforderte.

Bis die Scheibe ihre finale Form erreichte, durchlief sie etwa zehn Schmiedezyklen. Bei jedem Zyklus wurde das Material auf etwa 700 Grad Celsius erhitzt, geschmiedet und anschließend durch Glühen entspannt. Diese Methode ermöglichte es, die Bronzestruktur so zu formen, dass Stabilität und Gleichmäßigkeit gewährleistet waren.

Warmschmieden als Schlüsselprozess

Die Himmelsscheibe wurde nicht einfach gegossen. Stattdessen begann der Herstellungsprozess mit einem gegossenen Rohling, der durch Warmschmieden weiterverarbeitet wurde. Diese Technik war für die Bronzezeit bemerkenswert fortschrittlich. Die Ergebnisse der jüngsten metallografischen Untersuchungen, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Scientific Reports, belegen, dass die Handwerker der Frühbronzezeit eine beachtliche Präzision und Expertise besaßen.

Eine Replik der Himmelsscheibe, gefertigt vom Kupferschmied Herbert Bauer, zeigte, dass der ursprüngliche Rohling des Originals etwas größer und dünner war als bei der Kopie. Dadurch benötigte Bauer bei der Nachbildung mehr Schmiedezyklen als beim Original nachgewiesen wurde.

Modernste Analysen enthüllen Details

Für die Untersuchung wurde eine kleine Materialprobe aus dem äußeren Bereich der Himmelsscheibe erneut analysiert. Bereits 2002 war diese Probe für erste Forschungen entnommen und später wieder eingesetzt worden. Dank moderner bildgebender Verfahren wie der Elektronenrückstreubeugung und der Energiedispersiven Röntgenspektroskopie konnten die Forscher neue Erkenntnisse gewinnen. Parallel dazu führten Härtemessungen und experimentelle Schmiedetests zu weiteren Aufschlüssen.

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Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt betont, wie wichtig diese erneuten Untersuchungen waren. Sie zeigen, dass die Handwerker der Bronzezeit nicht nur exzellente Gießer, sondern auch erfahrene Schmiede waren. Die Himmelsscheibe belegt, wie weitreichend das metallurgische Wissen jener Zeit bereits entwickelt war.

Bedeutende Entdeckungen trotz langer Forschungsgeschichte

Obwohl die Himmelsscheibe seit ihrer Rückführung im Jahr 2002 intensiv erforscht wurde, liefern die jüngsten Analysen neue und bedeutende Erkenntnisse. Landesarchäologe Harald Meller, der auch das Buch „Die Himmelsscheibe von Nebra – Der Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas“ zusammen mit Kai Michel verfasste, beschreibt den Fund als „außergewöhnlichen Charakter dieses Jahrhundertfundes“, der die hohe Kunstfertigkeit der frühbronzezeitlichen Metallverarbeitung widerspiegele.

Die Himmelsscheibe bleibt ein Symbol für die handwerkliche Meisterschaft und das astronomische Wissen der Frühbronzezeit. Ihre detaillierte Fertigungstechnik offenbart nicht nur die komplexen Methoden, die bei ihrer Herstellung angewandt wurden, sondern auch den kulturellen und technologischen Fortschritt der damaligen Gesellschaft.

Was du dir merken solltest:

  • Die Herstellung der Himmelsscheibe von Nebra erfolgte in einem komplexen Warmschmiedeprozess mit etwa zehn Schmiedezyklen – eine beeindruckende technische Leistung der Frühbronzezeit.
  • Modernste Analysen und experimentelle Replikationen zeigten, dass die Scheibe nicht gegossen, sondern aus einem gegossenen Rohling geschmiedet wurde, wobei präzises Erhitzen, Schmieden und Glühen zum Einsatz kamen.
  • Die Forschungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt unterstreichen die handwerkliche Perfektion und das fortgeschrittene metallurgische Wissen der bronzezeitlichen Handwerker.

Übrigens: Nicht nur die Himmelsscheibe von Nebra birgt spannende Geheimnisse, auch der Altarstein von Stonehenge fasziniert Wissenschaftler. Wie ein tonnenschwerer Stein über 800 Kilometer transportiert wurde, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Frank Vincentz via Wikimedia unter Public Domain

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