Bildungsnotstand in Deutschland: Warum unsere Schulen versagen

Bildungsexperte Markus Warnke kritisiert den Bildungsnotstand in Deutschland und zählt tiefgreifende Mängel an deutschen Schulen auf.

Bildungsnotstand Deutschland

Tiefgreifende Mängel im Bildungssystem: Ein Viertel der Viertklässler kann nicht altersgemäß rechnen. © Pexels

Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung Bildung, kritisiert die dramatische Lage des deutschen Schulsystems. Laut dem Bildungsexperten endet das Schuljahr mit einer katastrophalen Bilanz, geprägt von maroden Schulgebäuden und einem eklatanten Lehrermangel. Die Details über den Bildungsnotstand in Deutschland, die Warnke im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ nannte, zeigen ein Bildungssystem am Rande des Kollapses.

Eines der größten Probleme ist das Versagen vieler Schüler, die Mindeststandards zu erreichen. Laut Warnke können „32,5 Prozent der Neuntklässler nicht richtig lesen und 24,1 Prozent scheitern beim Leseverstehen in Englisch“. Bei den Viertklässlern kann ein Viertel nicht altersgemäß rechnen.

Zusätzlich mangelt es an Bildungspersonal: In Berlin fehlen schätzungsweise 27.000 Schulplätze. Außerdem sind mindestens 700 Lehrerstellen unbesetzt, was dazu führt, dass jede siebte Unterrichtsstunde ausfällt. Laut dem Tagesspiegel zeigen sich in Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen die Missstände deutlicher – wie Brenngläser der Republik. Warnke erklärt dazu, dass vor allem die Länder besonders schlecht abschneiden, in denen viele Familien Sozialhilfe erhalten.

Bundesweite Initiative zur Verbesserung der Bildungschancen

An diesem Problem setzt das Startchancen-Programm der Bundesregierung an, das mit einem Budget von 20 Milliarden Euro ausgestattet ist und darauf abzielt, die Bildungschancen für benachteiligte Schüler zu verbessern. „Mit diesem Programm sollen insgesamt 4.000 besonders belastete Schulen in Deutschland unterstützt werden“, führt Warnke aus. Die Wübben Stiftung spielt eine beratende Rolle in mehreren Bundesländern, um die effektive Umsetzung dieses Programms zu gewährleisten.

Datenschutz versus Bildungsförderung

Ein kontroverses Thema, das Warnke anspricht, ist der Konflikt zwischen Datenschutz und Bildungsförderung. Er kritisiert, dass in Deutschland oft der Datenschutz als Hindernis für effektive Bildungsreformen gesehen wird. „In Kanada, wo Datenschutz auch großgeschrieben wird, behindert dies nicht die individuelle Förderung der Kinder“, merkt Warnke an. Er schlägt vor, ähnliche Systeme wie die Schüler-Identifikationsnummern in Kanada auch in Deutschland einzuführen, um den Bildungsstand jedes Schülers individuell fördern zu können.

In Kanada hat jedes Kind eine eigene Schüler-Identifikationsnummer. Zweimal jährlich führen die Schulen in allen Fächern digitale Kompetenztests durch, bei denen die Schüler, beispielsweise im Fach Mathematik, mehrere Aufgaben lösen. Anschließend kann die Lehrkraft unmittelbar erkennen, welche Schüler Schwierigkeiten mit bestimmten Bereichen haben, wie etwa dem Zahlenraum oder der Addition. Auf Basis dieser Ergebnisse wird individuell entschieden, welche Fördermaßnahmen jedem Schüler am besten helfen. So ist jede Schule stets über den aktuellen Wissensstand ihrer Klassen informiert. Zudem wird regelmäßig das emotionale Wohlbefinden der Schüler erfasst, und bei Bedarf werden umgehend Sozialarbeiter oder Psychologen hinzugezogen, um Unterstützung zu bieten.

Wie sinnvoll sind Schulnoten?

Laut Warnke spiegeln Schulnoten häufig die subjektive Bewertung durch Lehrkräfte wider. Sie reflektieren, ob ein Schüler fleißig war oder den Stoff der letzten Unterrichtseinheiten gut wiedergeben konnte – allesamt lobenswerte Leistungen. Allerdings kritisiert der Experte folgendes:

In Deutschland passiert es aber allzu oft, dass ein Kind lange Zeit nur etwas auswendig lernt, und Jahre später auffliegt, dass ihm wichtige Grundlagen fehlen.

Markus Warnke

Vorbild Hamburg: Datengetriebene Bildungserfolge

Deutschlandweit werden in den Klassen 3 und 8 die sogenannten VERA-Vergleichsarbeiten geschrieben. Auf dieser Grundlage können die Leistungsstandards verglichen werden. Das reicht nach Meinung des Bildungsexperten allerdings nicht aus. „Hamburg hat das Konzept der datengestützten Unterrichtsentwicklung übernommen und auf alle Jahrgänge ausgeweitet“, erklärt Warnke. „So konnten sie viel besser analysieren, was die Schülerinnen und Schüler gelernt haben und welche Konzepte funktionieren. So konnten außerdem zielgenau die Ressourcen verteilt und gesteuert werden.“

Was du dir merken solltest:

  • Markus Warnke hebt hervor, dass der Bildungsnotstand an Schulen in Deutschland gravierende Mängel hervorbringt, darunter ein massiver Lehrermangel und eine unzureichende Infrastruktur, die dazu führen, dass viele Schüler die Mindestbildungsstandards nicht erreichen.
  • Das Startchancen-Programm ist eine bundesweite Initiative, die mit einem Budget von 20 Milliarden Euro darauf abzielt, 4.000 besonders benachteiligte Schulen zu unterstützen, um Bildungschancen zu verbessern und Leistungsdefizite zu adressieren.
  • Warnke kritisiert, dass der Datenschutz in Deutschland oft innovative Bildungsansätze behindert, und schlägt vor, Modelle wie die Schüler-Identifikationsnummern aus Kanada einzuführen, um individuelle Lernfortschritte effektiver zu verfolgen und zu fördern.

Übrigens: Ein anderer Mann will mit seinem KI-Bot Khanmigo den Lehrer-Beruf transformieren. Sal Khan hat es sich mit einer Khan Academy in den USA zur Aufgabe gemacht, die Bildungsproblematik mit technischer Hilfe anzugehen. Eine derartige Initiative könnte auch für Deutschland zum Vorbild für den hiesigen Bildungsnotstand werden. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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