Warum junge Chinesen jetzt „Revenge Saving“ betreiben

Junge Menschen in China folgen zunehmend einem Trend namens „Revenge Saving“, eine Reaktion auf wirtschaftliche Unsicherheit.

Revenge Saving

Viele junge Chinesen suchen unter dem Begriff „Revenge Saving“ nach Partnern, die sie beim Erreichen ihrer Sparziele unterstützen. © Vecteezy

Während in vielen Teilen der Welt junge Menschen, besonders die Generation Z, immer mehr Schulden anhäufen, üben sich junge Chinesen im „Revenge Saving“. Anstatt Geld für Luxusgüter oder Reisen auszugeben, sparen sie in einem beispiellosen Ausmaß.

„Revenge Saving“ bedeutet so viel wie „Rachesparen“. Was es damit auf sich hat, hat sich CNBC auf der chinesischen Social-Media-Plattform Xiaohongshu („kleines rotes Buch“) angeschaut.

Chinas Jugend setzt extreme Sparziele

Eine junge Chinesin mit dem Nutzernamen „Little Zhai Zhai“ teilte dort in einem Video, dass sie monatlich nur 300 Yuan (etwa 41 Euro) ausgeben wolle. Sie erklärte, wie sie ihre täglichen Essensausgaben auf 10 Yuan (etwa 1,38 Euro) senken konnte. Andere junge Chinesen suchen „Sparpartner“ in sozialen Netzwerken. Diese Spargruppen unterstützen sich gegenseitig dabei, ihre strikten Sparziele zu erreichen. Zu den Sparmaßnahmen gehört auch, in Gemeindekantinen für ältere Menschen zu essen, wo Mahlzeiten zu günstigen Preisen angeboten werden.

Shaun Rein, Geschäftsführer der China Market Research Group, sagte gegenüber CNBC: „Die chinesische Jugend hat eine Revenge-Saving-Mentalität.“ Er erklärte, dass sich das Verhalten der jungen Chinesen im Vergleich zur vorherigen Generation deutlich verändert habe.

Im Gegensatz zu den Jugendlichen der 2010er-Jahre, die oft mehr ausgaben, als sie verdienten, und sich verschuldeten, um teure Gegenstände wie Gucci-Handtaschen oder iPhones zu kaufen, beginnen junge Chinesen jetzt, mehr zu sparen.

Shaun Rein

Wirtschaftliche Unsicherheit als Hauptgrund

Ein Grund für dieses Verhalten ist laut Experten, dass die junge Generation die wirtschaftliche Unsicherheit in China spürt. Christopher Beddor, stellvertretender Direktor der Chinaforschung bei Gavekal Dragonomics, sagte gegenüber CNBC: „Junge Menschen spüren wahrscheinlich das Gleiche wie alle anderen: Die Wirtschaft läuft einfach nicht so gut.“

Laut einem Bericht der chinesischen Zentralbank verzeichneten die Gesamteinlagen von Haushalten im ersten Quartal 2024 ein Wachstum von 11,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch wenn das Bruttoinlandsprodukt Chinas im ersten Quartal mit 5,3 Prozent über den Erwartungen lag, prognostiziert der Internationale Währungsfonds für das kommende Jahr eine weitere Verlangsamung auf 4,5 Prozent.

Übrigens: Wer es sich leisten kann, investiert in China in Goldbohnen.

Arbeitsmarkt für junge Menschen besonders schwierig

Zusätzlich zur schwächelnden Wirtschaft bleibt der Arbeitsmarkt in China angespannt, was vor allem junge Menschen trifft. „Viele junge Leute haben einfach keine andere Wahl, als weniger Geld auszugeben“, sagte Jia Miao, Assistenzprofessorin an der NYU Shanghai, gegenüber CNBC. Sie betonte, dass viele entweder keinen Job finden oder es schwer haben, ihr Einkommen zu steigern.

Die Jugendarbeitslosigkeit in China erreichte im Mai 2024 14,2 Prozent, weit über dem landesweiten Durchschnitt von 5 Prozent. Während es keine offiziellen Zahlen zu den monatlichen Löhnen von Absolventen gibt, ergab eine Umfrage, dass das durchschnittliche monatliche Einkommen von Hochschulabsolventen des Jahres 2023 bei 6.050 Yuan (etwa 832 Euro) lag, was einem Anstieg von nur 1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies berichtete die lokale Forschungsgruppe MyCOS. Shaun Rein fügte hinzu: „Das Vertrauen und die positiven Erwartungen sind unter der Jugend verschwunden. Es wird Jahre, wenn nicht länger, dauern, bis sie sich wieder wohlfühlen, Geld in großen Mengen auszugeben.“

Der „stille“ Verzicht auf Konsum

Neben dem Spartrend tauchen in den sozialen Medien auch neue Schlagwörter wie „umgekehrter Konsum“ und „geizige Wirtschaft“ auf. „Umgekehrter Konsum“ bezieht sich auf das bewusste Bemühen, Ausgaben zu reduzieren, während die „geizige Wirtschaft“ für das gezielte Suchen nach Rabatten und Angeboten steht.

Dieser Trend steht im starken Gegensatz zur allgemeinen Entwicklung unter der Generation Z weltweit, die im Schnitt weniger spart. Sie ist im Gegenteil sogar bereit, Schulden für ein besseres Leben in Kauf zu nehmen. Eine Studie von Intuit ergab, dass 73 Prozent der Gen Z in den USA eine höhere Lebensqualität über Ersparnisse stellen würden.

Was du dir merken solltest:

  • Chinas junge Generation spart im Rahmen des Trends „Revenge Saving“ zunehmend mehr, anstatt wie früher Geld für Luxusgüter und Reisen auszugeben.
  • Der Grund dafür ist die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit und der schwierige Arbeitsmarkt, der vor allem die Jugend mit einer Arbeitslosenquote von 14,2 Prozent besonders hart trifft.
  • Schlagwörter wie „umgekehrter Konsum“ und „geizige Wirtschaft“ symbolisieren den bewussten Verzicht und das Streben nach Sparsamkeit, während weltweit die Generation Z tendenziell bereit ist, für ein besseres Leben Schulden zu machen.

Übrigens: Nicht nur junge Chinesen verändern ihr Konsumverhalten. Der Trend des „Underconsumptioncore“ ist auf TikTok auch in der westlichen Welt vertreten. Was es damit auf sich hat, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy

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