Weniger Stunden, volles Gehalt: Spaniens Regierung kürzt die Wochenarbeitszeit – Unternehmen fürchten Milliardenkosten
Spanien will die Arbeitszeit kürzen – gegen den Widerstand der Wirtschaft.
![Arbeitsministerin Yolanda Díaz treibt die Arbeitszeitverkürzung voran. © Wikimedia](https://smartup-news.de/wp-content/uploads/2025/02/2048px-Yolanda_Diaz_en_reunion-1024x683.jpg)
Arbeitsministerin Yolanda Díaz treibt die Arbeitszeitverkürzung voran. © Wikimedia
In Spanien soll die Arbeitszeit deutlich reduziert werden – bei vollem Lohnausgleich. Darüber berichtet die FAZ. Ein entsprechender Gesetzesentwurf sieht vor, die Wochenarbeitszeit von derzeit 40 Stunden auf 37,5 Stunden zu senken. Das betrifft mehr als zwölf Millionen Arbeitnehmer. Während die Regierung den Schritt als Verbesserung der Lebensqualität bezeichnet, schlagen Unternehmer Alarm und befürchten hohe zusätzliche Kosten.
Arbeitszeitverkürzung: Was Spanien plant
Seit 1983 gilt in Spanien die 40-Stunden-Woche. In vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes und bei großen Unternehmen arbeiten Angestellte jedoch bereits seit längerem nur 37,5 Stunden pro Woche. Nun will die linke Minderheitsregierung diese Arbeitszeitverkürzung gesetzlich für alle festschreiben – und das bei vollem Lohnausgleich. Noch bis zum Jahresende soll das neue Gesetz verabschiedet werden.
Laut dem spanischen Arbeitsministerium sollen rund zwölf Millionen Arbeitnehmer von der Maßnahme profitieren. Betroffen sind vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die in Spanien die Mehrheit der Betriebe ausmachen. Besonders stark vertreten sind diese im Gastgewerbe, der Bauwirtschaft und der Landwirtschaft. Nach Angaben ihres Verbands Cepyme zählen allein diese Betriebe mehr als acht Millionen Beschäftigte.
Unternehmen fürchten Milliardenkosten
Die Arbeitszeitverkürzung stößt jedoch auf starken Widerstand der Unternehmer. Laut Schätzungen könnten die zusätzlichen Kosten für die Lohnfortzahlungen weit über 20 Milliarden Euro betragen. Besonders kleinere Betriebe befürchten, dass sie die verkürzte Arbeitszeit ohne zusätzliche Belastungen kaum umsetzen können.
Die Regierung hält dagegen und glaubt, dass die Maßnahme durch Produktivitätssteigerungen ausgeglichen werden könne. Gleichzeitig soll die verkürzte Arbeitszeit die Lebensqualität verbessern, die Arbeitsbelastung von Frauen reduzieren und auch den CO2-Ausstoß senken. Arbeitsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Yolanda Díaz bezeichnete den Tag der Entscheidung als „historisch“. Laut FAZ will die Regierung darüber hinaus strengere Kontrollen der Arbeitszeiten einführen.
Digitale Zeiterfassung und Kontaktverbot in der Freizeit
Zu den geplanten Begleitmaßnahmen gehört die verpflichtende digitale Erfassung der Arbeitszeit. Zudem soll ab 2025 ein neues Gesetz das sogenannte „Recht auf digitale Entkopplung“ einführen. Dieses Recht schützt Arbeitnehmer davor, in ihrer Freizeit von Vorgesetzten kontaktiert zu werden. Arbeitgeber, die dagegen verstoßen, müssen mit Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro rechnen.
Diese Forderung zielt darauf ab, die zunehmende Belastung durch berufliche Erreichbarkeit einzuschränken. Die Reform ist ein zentrales Wahlversprechen der Partei Sumar, die von Arbeitsministerin Yolanda Díaz geführt wird. Díaz scheut dabei nicht, einen offenen Konflikt mit dem Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo einzugehen, der mehr Rücksicht auf die Interessen der Unternehmen gefordert hatte.
Unternehmerverband verlangt langsame Umsetzung
Der Widerstand aus der Wirtschaft bleibt hartnäckig. Der Dachverband der spanischen Unternehmer CEOE fordert eine schrittweise Einführung der kürzeren Arbeitszeiten. Sie argumentieren, dass das wirtschaftliche Wachstum aktuell stark von EU-Fördergeldern abhängig sei. Sollte die Finanzierung durch die EU in Zukunft auslaufen, drohen große wirtschaftliche Probleme für viele Betriebe. Derzeit profitiert Spanien von einem Wachstum der Wirtschaftsleistung von 3,2 Prozent im vergangenen Jahr.
Neben der Verkürzung der Arbeitszeit plant die Regierung auch eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Dieser soll um 50 Euro auf 1184 Euro pro Monat angehoben werden. Doch bevor es dazu kommt, steht die linke Minderheitsregierung vor einer schwierigen Aufgabe: Sie muss erst eine Mehrheit im Parlament gewinnen. Ein kürzlich eingereichtes Gesetzespaket scheiterte bereits und auch der Haushalt für das Jahr 2025 ist noch nicht verabschiedet. Die Regierung ist dennoch zuversichtlich, ihre Pläne durchsetzen zu können.
Kurz zusammengefasst:
- Spanien will die Wochenarbeitszeit von 40 auf 37,5 Stunden reduzieren, ohne dass Arbeitnehmer Gehaltseinbußen haben – davon könnten über zwölf Millionen Beschäftigte profitieren.
- Unternehmen kritisieren die Reform wegen hoher Kosten, während die Regierung argumentiert, dass kürzere Arbeitszeiten Produktivität und Lebensqualität verbessern könnten.
- Zusätzlich sollen strengere Arbeitszeitkontrollen und ein Kontaktverbot für Vorgesetzte in der Freizeit eingeführt werden, um Arbeitnehmer besser zu schützen.
Bild: © AntonMST29 via Wikimedia unter CC BY 4.0