Arbeit ohne Frust – So stärkt Abschalten in der Freizeit die Motivation im Job
Eine aktuelle Studie zeigt: Wer in der Freizeit konsequent von der Arbeit abschaltet, hat weniger negative Gefühle und ist zufriedener im Job.

Forscher der Universität Trier und der RWTH Aachen belegen, dass Erholung in der Freizeit die Jobzufriedenheit um bis zu sechs Prozent erhöhen kann. © Unsplash
Nach einem langen Arbeitstag noch Mails beantworten, gedanklich an Projekten weiterarbeiten oder für den Chef erreichbar sein – für viele Beschäftigte ist das Alltag. Doch genau dieses Verhalten nimmt die Freude am Job und beeinträchtigt das Wohlbefinden. Eine aktuelle Untersuchung der Universität Trier zeigt eindrücklich: Ohne konsequentes Abschalten von der Arbeit in der Freizeit drohen Frust und sinkende Lebensqualität.
Abschalten in der Freizeit mindert Sorgen und stärkt Zufriedenheit
Die Forscher nutzten das deutsche sozio-ökonomische Panel, eine seit 1984 laufende Befragung von jährlich bis zu 30.000 Menschen. Erfasst werden dabei nicht nur Einkommen und Bildung, sondern auch Gesundheit, Stimmung und Lebenszufriedenheit.
Das Ergebnis ist eindeutig: Wer nach Feierabend wirklich abschaltet, erlebt spürbare Verbesserungen.
- 5 bis 6 Prozent weniger Traurigkeit, Sorgen und Wut
- 2 bis 6 Prozent mehr Zufriedenheit mit Gesundheit, Schlaf, Freizeit, Familie und Job
„Wir konnten feststellen, dass räumliche und psychologische Distanz zur Arbeit zu 5 bis 6 Prozent weniger Traurigkeit, Wut und Sorgen führt“, so Studienleiter Dr. Mehrzad Baktash.
Kleine Unterschiede mit großer Wirkung
Dass sechs Prozent nach wenig klingt, täuscht. Jobunsicherheit sorgt im gleichen Maß für ein Absinken der Zufriedenheit. Schon kleine Veränderungen im Alltag können also starke Auswirkungen auf die Stimmung haben. Abschalten stabilisiert die Gefühle, verbessert den Schlaf und erhöht die allgemeine Lebensfreude.
Der Zusammenhang zeigte sich in allen Gruppen – unabhängig von Alter, Geschlecht, Familienstand oder Region. Selbst während der Corona-Pandemie blieb der Effekt bestehen. Bei Beschäftigten, die abschalten konnten, stieg das Glücksgefühl in dieser Zeit sogar noch stärker.
Freizeit bewusst gestalten
Wer klare Grenzen zieht, profitiert doppelt. Die emotionale Stabilität steigt, und auch die Jobzufriedenheit verbessert sich. Beschäftigte, die nach der Arbeit nicht erreichbar sind, berichten von mehr Motivation und Freude im Beruf.
„Auch hier zeigt sich eine 2 bis 6 Prozent höhere Zufriedenheit durch echtes Abschalten vom Berufsalltag“, erklärt Dr. Lisa Pütz von der RWTH Aachen. Wer Grenzen setzt, arbeitet langfristig mit mehr Begeisterung und Ausdauer.
Jobzufriedenheit messbar höher
Die Forscher konnten den Effekt quantifizieren: Eine zusätzliche Einheit beim „Abschalten“ erhöhte die Jobzufriedenheit um fast einen halben Punkt auf einer Skala von null bis zehn. Zum Vergleich: Jobunsicherheit senkte die Werte um etwa denselben Betrag.
Besonders stark war der Effekt auf die sogenannte „Affect Balance“, die das Verhältnis von positiven und negativen Gefühlen abbildet. Hier lag der Gewinn bei rund 17 Prozent – ein deutlicher Zuwachs an emotionalem Gleichgewicht.
Arbeitgeber profitieren von klaren Regeln
Die Ergebnisse haben auch Konsequenzen für Unternehmen. Noch immer wird ständige Erreichbarkeit häufig als Zeichen besonderer Leistungsbereitschaft belohnt. Doch genau diese Haltung wirkt sich negativ aus. „Wer langfristig glückliche Angestellte möchte, sollte aber das Gegenteil honorieren“, betont Baktash.
Unternehmen können viel dazu beitragen, dass Beschäftigte in ihrer Freizeit wirklich abschalten können. Entscheidend ist, klare Strukturen zu schaffen und Erwartungen offen zu kommunizieren:
- Klare Regeln formulieren: Nach Feierabend sollte keine Antwortpflicht mehr bestehen.
- Kommunikation begrenzen: Führungskräfte sollten selbst mit gutem Beispiel vorangehen und außerhalb der Arbeitszeit keine Mails verschicken.
- Technische Lösungen einsetzen: Abwesenheitsnotizen, automatische Antwortfunktionen oder zeitversetztes Versenden von Nachrichten entlasten die Mitarbeiter.
- Ruhezeiten respektieren: Verbindliche Pausen- und Erholungszeiten im Betriebsklima verankern.
So entsteht eine Unternehmenskultur, die echte Erholung ermöglicht und langfristig Gesundheit und Motivation stärkt.
Arbeit und Freizeit verschwimmen – Abschalten wird zur zentralen Herausforderung
Die Bedeutung reicht über den einzelnen Arbeitsplatz hinaus. Das Panel, auf dem die Analyse basiert, begleitet seit fast 40 Jahren zehntausende Menschen. Die Daten legen nahe, dass sich die Arbeitskultur insgesamt stärker auf echte Erholung einstellen sollte.
Seit der Pandemie verwischen die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit noch mehr. Homeoffice und digitale Kommunikation verstärken diesen Trend. Umso wichtiger ist es, neue Routinen zu entwickeln, die freie Zeit wirklich frei halten.
Arbeitskultur braucht mehr Erholung
Die Studie macht deutlich: Erholung ist kein Luxus, sondern ein wesentlicher Faktor für Zufriedenheit und Gesundheit. Wer beim Abschalten in der Freizeit konsequent Abstand von der Arbeit gewinnt, lebt glücklicher und geht motivierter in den Job.
„Weitere Forschung ist nötig, um festzustellen, ob außerhalb Deutschlands dieselben Phänomene festzustellen sind. Außerdem konnten wir noch keine Daten für die Zeit nach der Pandemie auswerten“, erklärt Pütz.
Kurz zusammengefasst:
- In der Freizeit von der Arbeit abschalten stärkt die emotionale Stabilität, verbessert den Schlaf und erhöht die allgemeine Lebenszufriedenheit spürbar.
- Die Jobzufriedenheit steigt im gleichen Maß, wie Jobunsicherheit sie senkt – Abschalten wirkt damit ähnlich stark wie ein sicherer Arbeitsvertrag.
- Der positive Effekt gilt für alle Beschäftigtengruppen und blieb selbst während der Pandemie stabil, weshalb klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit entscheidend sind.
Übrigens: Quiet Quitting nimmt seit der Pandemie stark zu – Millionen machen nur noch Dienst nach Vorschrift. Welche Rolle Kontrollverlust und fehlende Bindung dabei spielen, mehr dazu in unserem Artikel.
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