Büro-Rückkehr ohne Grund: Starre Präsenzpflicht geht nach hinten los
Für viele heißt es aktuell: Zurück ins Büro. Doch ohne Grund und Strategie führt starre Präsenzpflicht oft zu Frust und sinkender Motivation.
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Ohne klaren Grund zurück ins Büro? Das kann Unternehmen langfristig schaden. © Midjourney
Meist ist mit der Rückkehr der Mitarbeiter ins Büro auch die Hoffnung groß, dass damit automatisch die Produktivität steigt, die Zusammenarbeit besser wird oder Kreativität und Innovation zunehmen. Doch das Gegenteil ist wahrscheinlicher, warnt die Wissenschaftlerin Johanna Bath. Unternehmen, die ohne Grund und klare Strategie eine Rückkehr ins Büro vorschreiben, riskieren Frust und sinkende Motivation, die langfristig sogar der Unternehmensleistung schaden.
„Einfach nur die Leute wieder ins Büro holen, löst keine Probleme“
Bath beschäftigt sich seit Jahren mit Transformationen in Unternehmen. Bereits 2015 beriet sie Vorstände, die Effizienz steigern wollten. Heute beobachtet sie, dass viele Firmen unüberlegt an alten Strukturen festhalten. „Einfach nur die Leute wieder ins Büro holen, löst alleine also keine Probleme“, sagt sie im Gespräch mit der FAZ. Statt fundierter Analysen werde vielerorts eine Rückkehrpflicht beschlossen – ohne echte Begründung.
Dabei ist die Pandemie längst vorbei. Dennoch ringen viele Unternehmen mit der Frage, wie hybrides Arbeiten sinnvoll gestaltet werden kann. In Krisenzeiten neigen Firmen dazu, sich auf bewährte Muster zurückzuziehen. Doch genau das könne Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit gefährden, warnt Bath.
Ohne Strategie kann Homeoffice-Pflicht genauso schädlich sein
Microsoft veröffentlichte zu dem Thema einen aufsehenerregenden Artikel mit dem Titel: „Hybrid Work Is Just Work. Are We Doing It Wrong?“ Er machte deutlich: Hybrides Arbeiten ist kein Selbstläufer. Es braucht Strukturen, Disziplin und eine bewusste Gestaltung.
„Es reicht nicht, einfach eine New-Work-Abteilung zu haben. Die Führungsebene muss aktiv mitgestalten“, fordert Bath. Unternehmen, die einfach nur vorschreiben, an welchen Tagen ihre Mitarbeiter im Büro zu erscheinen haben, greifen zu kurz. Diese Regelungen seien oft nicht durchdacht und schadeten am Ende sogar der Unternehmenskultur.
Negative Folgen: Weniger Zufriedenheit, geringere Loyalität
Eine aktuelle Studie von Bath zeigt, dass verpflichtende Büroquoten den Employer Net Promoter Score (eNPS) erheblich verschlechtern. Diese Kennzahl misst, wie loyal und zufrieden Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber sind. Eine ähnliche Studie aus den USA kam zu demselben Ergebnis: Wer ohne guten Grund ins Büro gezwungen wird, verliert die Motivation.
Ein Beispiel: Ein global aufgestelltes Industrieunternehmen mit 20.000 Mitarbeitern an einem Standort – dort ist es schlicht unmöglich, dass alle ständig vor Ort sind. „Ich hatte gerade einen Termin mit einem echten Hidden Champion. Ein Zurück [ins Büro] ist da gar nicht mehr möglich!“, berichtet Bath in der FAZ. Die meisten Teams arbeiten längst international und digital. Eine starre Büropräsenz würde hier eher behindern als helfen.
Wann Präsenz wirklich sinnvoll ist – und wann nicht
Natürlich gibt es Aufgaben, die besser vor Ort erledigt werden. Kreative Workshops, Brainstormings oder das berühmte „zufällige Gespräch an der Kaffeemaschine“ – all das kann wertvoll sein. Doch diese Momente passieren nicht automatisch, nur weil Mitarbeiter wieder im Büro sitzen.
„Gute kreative Zusammenarbeit in Präsenz braucht Struktur“, sagt Bath. Einfach zehn Leute in einen Raum zu setzen, die dann doch nur in Videokonferenzen sitzen, bringe nichts. Unternehmen müssten sich überlegen, wie sie Präsenzzeit gezielt nutzen – und wann flexibles Arbeiten mehr Sinn macht.
Büro-Rückkehr ohne Grund? Ein Zeichen von Misstrauen
Viele Unternehmen setzen auf Büropräsenz, weil sie glauben, dass nur so wirklich gearbeitet wird. Doch die Realität sieht anders aus. Wer motivierte Mitarbeiter will, muss Vertrauen zeigen – und ihnen die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, wann und wo sie am produktivsten arbeiten.
Die Wirtschaftskrise sorgt vielerorts für Unsicherheit. Doch statt vorschnell zu alten Mustern zurückzukehren, sollten Unternehmen hybride Modelle mit Bedacht gestalten. Bath warnt: „Wir lassen im Moment Leute mit den Herausforderungen der digitalen Zusammenarbeit alleine – und konzentrieren uns stattdessen auf Homeoffice-Quoten.“
Kurz zusammengefasst:
- Eine Rückkehr ins Büro ohne guten Grund sorgt für Frust, senkt die Motivation und kann Unternehmen mehr schaden als nützen.
- Studien zeigen: Starre Bürotage verschlechtern die Stimmung und passen oft nicht zu modernen, international vernetzten Arbeitsweisen.
- Hybrides Arbeiten braucht klare Konzepte – sinnvolle Präsenzzeiten statt Pflichttermine, echte Führung statt starrer Regeln.