Studie sorgt für Klarheit: Sind Paranüsse wirklich radioaktiv – und wie riskant ist das?
Paranüsse enthalten viel Selen und messbare radioaktive Spuren, doch entscheidend ist die Bioverfügbarkeit: Eine Studie zeigt, was im Körper tatsächlich ankommt.
Laboranalyse von Paranüssen: Messgeräte zeigen, welche Stoffe aus den Nüssen bei der Verdauung tatsächlich gelöst werden und in den Körper gelangen. © B. Schröder/HZDR
Paranüsse gelten als kleines Kraftpaket. Sie liefern viel Selen und stehen dadurch regelmäßig auf Empfehlungslisten. Gleichzeitig tauchen immer wieder Hinweise auf radioaktive Spuren und problematische Metalle auf. Das sorgt für Verunsicherung – vor allem, weil Messwerte allein wenig darüber sagen, was sie für den Körper bedeuten. Entscheidend ist eine Frage, die im Alltag oft untergeht: Welche Stoffe stecken in einem Lebensmittel – und welche davon nimmt der Körper tatsächlich auf?
Forscher des Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und des VKTA – Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e. V. haben diese Unterscheidung untersucht. In einer Laborstudie analysierte das Team systematisch, welche Spurenelemente aus Paranüssen während der Verdauung tatsächlich freigesetzt werden. Die Experimente bildeten dabei die Bedingungen im menschlichen Magen-Darm-Trakt gezielt nach.
Im Mittelpunkt steht das Konzept der Bioverfügbarkeit. Es beschreibt, welcher Anteil eines Stoffes sich im Verdauungstrakt löst und dem Körper zur Aufnahme zur Verfügung steht. Erst dieser Wert erlaubt eine realistische Einschätzung von Nutzen und möglichen Risiken – unabhängig davon, wie hoch ein Stoff im Lebensmittel selbst messbar ist.
Warum Paranüsse als Selenquelle überzeugen
Paranüsse enthalten sehr viel Selen. Das Spurenelement unterstützt das Immunsystem und schützt Zellen vor oxidativem Stress. Schon eine einzelne Nuss kann den empfohlenen Tagesbedarf von etwa 55 bis 70 Mikrogramm decken.
Die Studie zeigt, wie viel des enthaltenen Selens während der Verdauung freigesetzt werden. „Unsere Studie bestätigt den außergewöhnlich hohen Selengehalt in Paranüssen. Gleichzeitig konnten wir zeigen, dass etwa 85 Prozent des Selens während der Verdauung gelöst werden“, erklärt Astrid Barkleit vom HZDR. Entscheidend ist dabei auch die chemische Form. Das Selen liegt überwiegend als Selenomethionin vor – eine Verbindung, die der Körper besonders gut verwerten kann.
Radioaktive Spuren: messbar, aber kaum aufgenommen
Neben nützlichen Inhaltsstoffen enthalten Paranüsse auch Barium und Radium. Beide Elemente stammen aus den Böden des südamerikanischen Regenwalds, in denen sie teilweise Kalzium ersetzen, das dort nur begrenzt verfügbar ist. Radium ist radioaktiv und steht im Verdacht, Knochen zu schädigen. Dieser Befund sorgt seit Jahren für Verunsicherung. Der bloße Nachweis im Lebensmittel sagt jedoch wenig über das tatsächliche Risiko aus.
Die Laborversuche liefern hier eine klare Einordnung. Von Barium und Radium werden jeweils nur etwa zwei Prozent während der Verdauung freigesetzt. Diana Walther vom VKTA erklärt: „Selbst bei täglichem Verzehr einer Paranuss ergibt sich eine Strahlendosis von nur etwa 2,4 Mikrosievert pro Jahr.“
Zur Einordnung: Ein Millisievert entspricht 1.000 Mikrosievert. Die zusätzliche Strahlenbelastung durch Paranüsse liegt damit bei rund einem Tausendstel der natürlichen Jahresdosis. Diese beträgt in Deutschland im Mittel etwa 2,1 Millisievert pro Jahr, wie das Bundesamt für Strahlenschutz angibt. Der Beitrag aus Paranüssen fällt im Vergleich dazu praktisch nicht ins Gewicht.
Warum der Körper problematische Stoffe blockiert
Der Grund für die geringe Aufnahme liegt in der Zusammensetzung der Nuss selbst. Paranüsse enthalten Phytinsäure, einen pflanzlichen Speicherstoff, der Mineralstoffe und Metalle sehr stark bindet. Viele Elemente bleiben dadurch unlöslich und gelangen nicht in den Stoffwechsel.
Vereinfacht bedeutet das:
- Selen liegt in einer Form vor, die der Körper gut aufnehmen kann.
- Barium und Radium bleiben größtenteils gebunden und passieren den Verdauungstrakt wieder.
Diese Unterschiede erklären, warum hohe Gehalte im Lebensmittel nicht automatisch ein hohes gesundheitliches Risiko bedeuten.
Weitere Spurenelemente ohne Bedeutung für die Gesundheit
Neben Radium und Barium untersuchten die Forscher auch andere Spurenelemente, darunter Strontium, Lanthan und Europium. Strontium ähnelt Kalzium chemisch und wird etwa zur Hälfte aufgenommen. Die gemessenen Mengen blieben jedoch sehr niedrig.
Lanthan und Europium zählen zu den Seltenen Erden. Sie kommen natürlicherweise im Boden vor und erfüllen im menschlichen Körper keine bekannte Funktion. In den Paranüssen fanden sie sich nur in Spuren. Die aufgenommenen Mengen lagen deutlich unter allen Grenzwerten und gelten als unproblematisch.
Was die Ergebnisse für den Alltag bedeuten
Die Studie zeigt, warum sich Fragen zu Nutzen und Risiko nicht allein über Messwerte beantworten lassen. Entscheidend ist nicht, welche Stoffe im Lebensmittel nachweisbar sind, sondern wie der Körper mit ihnen umgeht.
Für den Alltag ergibt sich daraus ein klares Bild:
- Paranüsse liefern sehr gut verfügbares Selen.
- Radioaktive Spuren sind vorhanden, werden aber kaum aufgenommen.
- Die zusätzliche Strahlenbelastung bleibt selbst bei regelmäßigem Verzehr sehr niedrig.
„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass Paranüsse ein wertvolles Lebensmittel sind“, so Barkleit. Die enthaltenen problematischen Elemente spielten „aufgrund ihrer geringen Löslichkeit beim Verzehr kaum eine Rolle“.
Kurz zusammengefasst:
- Paranüsse liefern sehr viel Selen, und rund 85 Prozent dieses Spurenelements werden im Verdauungstrakt freigesetzt und können vom Körper gut aufgenommen werden.
- Radioaktive Stoffe wie Radium und Barium sind zwar messbar, doch nur etwa zwei Prozent gelangen überhaupt in den Körper, wodurch die zusätzliche Strahlenbelastung extrem gering bleibt.
- Entscheidend ist die Bioverfügbarkeit, denn pflanzliche Stoffe wie Phytinsäure binden problematische Metalle stark – deshalb gelten Paranüsse bei normalem Verzehr als gesundheitlich unbedenklich.
Übrigens: Ähnlich wie bei Paranüssen hat sich auch bei Erdnüssen ein lange gültiger Ernährungsrat als trügerisch erwiesen – frühe Einführung kann das Allergierisiko bei Babys drastisch senken. Wie Studien zeigen, warum der richtige Zeitpunkt entscheidend ist und was Eltern heute anders machen sollten, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © B. Schröder/HZDR
