Schon der Besitz reicht: 12-Jährige mit eigenem Handy leiden häufiger an Depressionen
Depressionen, Schlafmangel, Übergewicht: Kinder, die schon mit 12 Jahren ein Handy besitzen, haben häufiger gesundheitliche Probleme als Gleichaltrige ohne eigenes Gerät.
Smartphones gehören in Familien längst zum Alltag, können für Kinder aber schwerwiegende Folgen haben. © Pexels
Immer früher wünschen sich Kinder ein eigenes Handy – für viele Familien ist das längst Alltag. Doch eine neue Untersuchung aus den USA stellt diesen Trend in Frage. Forscher haben herausgefunden, dass Kinder, die bereits mit zwölf Jahren ein eigenes Smartphone besitzen, häufiger an Depressionen leiden, schlechter schlafen und öfter übergewichtig sind als Gleichaltrige ohne eigenes Gerät.
Die Studie des Children’s Hospital of Philadelphia wertete die Daten von über 10.000 Kindern aus, die Teil einer groß angelegten US-Studie zur Gehirnentwicklung im Jugendalter sind. Damit liefert sie einen der bislang umfangreichsten Einblicke in die gesundheitlichen Folgen früher Smartphone-Verfügbarkeit.
Früher Start, klare Risiken
Das Team um den Kinder- und Jugendpsychiater Ran Barzilay wollte wissen, ob der Besitz eines Handys in diesem jungen Alter mit bestimmten Gesundheitsproblemen verbunden ist. Die Ergebnisse zeigen auffällige Unterschiede:
- Rund 6,5 Prozent der Zwölfjährigen mit Smartphone litten bereits an einer Depression – ohne Smartphone waren es etwa 4,5 Prozent.
- 18 Prozent der Handybesitzer galten als fettleibig, verglichen mit 12 Prozent ihrer Altersgenossen ohne Gerät.
- Beim Schlaf gaben 47 Prozent der Kinder mit Smartphone an, weniger als neun Stunden pro Nacht zu schlafen. Unter den Gleichaltrigen ohne Handy war das bei 31 Prozent der Fall.
Diese Zahlen zeigen: Schon bevor Jugendliche in die heikle Phase der Pubertät eintreten, lassen sich Unterschiede im Wohlbefinden und Lebensstil erkennen – allein durch den Besitz eines Smartphones.
Forscher sehen Smartphones als Gesundheitsfaktor
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass wir Smartphones als wichtigen Faktor für die Gesundheit von Jugendlichen betrachten sollten“, sagte Barzilay. Die Entscheidung, einem Kind ein eigenes Gerät zu geben, müsse „mit Bedacht und unter Berücksichtigung möglicher Auswirkungen auf Leben und Gesundheit“ getroffen werden.
Den Experten zufolge war nicht ausschlaggebend, wie lange oder wofür das Handy genutzt wurde. Schon die Verfügbarkeit eines Geräts scheint etwas zu verändern – etwa durch ständige Erreichbarkeit, sozialen Druck oder nächtliche Nutzung im Bett.
Handys können Kinder unbemerkt belasten
Kinder, die bereits mit zwölf Jahren ihr eigenes Handy haben, stehen oft stärker unter sozialem Einfluss. Gruppenchats, Online-Vergleiche und der Drang, nichts zu verpassen, können Stress erzeugen. Wenn dann noch Schlaf- und Bewegungsmangel hinzukommen, steigt das Risiko für psychische Probleme.
Wichtig: Die Studie beweist keinen ursächlichen Zusammenhang. Sie zeigt jedoch deutliche Muster: Kinder mit Smartphones schlafen schlechter, bewegen sich weniger und berichten häufiger über depressive Verstimmungen. Diese Kombination kann langfristig das seelische und körperliche Wohlbefinden beeinträchtigen.
Smartphones verändern Kindheit und Alltag
Für viele Familien gehört das Handy inzwischen zur Grundausstattung – zur Sicherheit, zur Kommunikation oder für schulische Zwecke. Barzilay warnt jedoch vor den gesundheitlichen Nebenwirkungen dieses Komforts: „Es ist entscheidend, dass junge Menschen Zeit ohne Smartphone haben, um sich körperlich zu betätigen. Bewegung schützt langfristig vor Übergewicht und unterstützt die psychische Gesundheit.“
Besonders heikel ist laut der Studie der Einfluss auf den Schlaf. Viele Kinder nutzen ihr Handy noch spät abends. Das blaue Licht der Displays und der ständige Informationsfluss stören den natürlichen Schlafrhythmus. Auf Dauer kann das zu Erschöpfung und Konzentrationsproblemen führen.
Was Eltern jetzt wissen sollten
Die Ergebnisse der US-Studie liefern Eltern wertvolle Anhaltspunkte, um über das erste Handy bewusster zu entscheiden. Dabei hilft es, ein paar einfache Regeln einzuhalten:
- Fester Zeitpunkt: Das eigene Smartphone erst dann erlauben, wenn Kinder die nötige Reife zeigen.
- Bildschirmfreie Zonen: Keine Handys im Schlafzimmer oder während der Mahlzeiten.
- Klare Nutzungszeiten: Grenzen für Chats, Spiele und Social Media festlegen.
- Bewegung fördern: Sport und Freizeit ohne Bildschirm zum Ausgleich.
Mit solchen Gewohnheiten können Familien die Risiken abmildern, ohne den Zugang zur digitalen Welt grundsätzlich zu verbieten.
Studie liefert neue Einblicke in das Verhalten junger Nutzer
Interessant ist auch, was sich innerhalb nur eines Jahres verändert: Kinder, die erst mit 13 Jahren ein Smartphone bekamen, berichteten seltener über depressive Verstimmungen und Schlafmangel. Ihr Risiko für Übergewicht blieb allerdings unverändert. Das zeigt, dass das Alter, in dem Kinder erstmals ein eigenes Gerät besitzen, eine wichtige Rolle spielen könnte.
Das Team vom Children’s Hospital of Philadelphia plant deshalb, die Jugendlichen langfristig zu begleiten. In künftigen Analysen wollen sie prüfen, welche Apps, Bildschirmzeiten und Nutzungsarten besonders schädlich wirken – und wie Eltern und Schulen gezielt gegensteuern können.
Kurz zusammengefasst:
- Kinder, die schon mit zwölf Jahren ein eigenes Smartphone besitzen, leiden häufiger an Depressionen, schlafen weniger und sind öfter übergewichtig als Gleichaltrige ohne Handy.
- Entscheidend ist nicht, wie lange das Gerät genutzt wird – schon der Besitz scheint Stress, soziale Vergleiche und Schlafmangel zu fördern.
- Eltern können Risiken verringern, indem sie feste Handyzeiten vereinbaren, bildschirmfreie Phasen schaffen und Bewegung gezielt fördern.
Übrigens: Nicht nur in Schule und Schlafzimmer kann das Smartphone Probleme verursachen – auch auf der Toilette wird es zum Risiko. Eine Studie aus den USA zeigt, dass langes Scrollen beim Sitzen das Hämorrhoiden-Risiko deutlich erhöht – mehr dazu in unserem Artikel.
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