Neues Mittel gegen Eisenmangel: Doppelt so wirksame Aufnahme dank Haferprotein
Forscher der ETH Zürich entwickeln ein Haferprotein-Präparat, das Eisenmangel deutlich wirksamer ausgleicht als bisherige Mittel.
Das von der ETH Zürich entwickelte Haferprotein-Präparat verbessert die Eisenaufnahme deutlich. Die patentierte Technik könnte künftig auch bei anderen Nährstoffmängeln eingesetzt werden. © Unsplash
Eisenmangel zählt zu den häufigsten Nährstoffdefiziten weltweit und betrifft Millionen Menschen. Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und blasse Haut sind oft erste Anzeichen eines zu niedrigen Eisenwerts. Besonders Frauen haben ein erhöhtes Risiko, weil sie regelmäßig mehr Eisen verlieren, als sie über die Ernährung aufnehmen – vor allem durch die Menstruation, Schwangerschaften und den erhöhten Bedarf während der Stillzeit. Viele versuchen, den Mangel mit Nahrungsergänzungsmitteln auszugleichen – doch deren Wirkung bleibt häufig begrenzt.
Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) haben nun ein neues pflanzliches Präparat entwickelt, das Hoffnung macht: Es basiert auf Haferprotein und verbessert die Eisenaufnahme im Körper deutlich. In ersten Studien zeigte sich, dass das Mittel den Eisenmangel fast doppelt so effizient ausgleichen kann wie herkömmliche Präparate.
Haferprotein verbessert Eisenaufnahme deutlich bei Eisenmangel
Das Team um Professor Raffaele Mezzenga entwickelte eine Verbindung aus ultrafeinen Haferprotein-Nanofasern und winzigen Eisenpartikeln. Diese Struktur hilft dem Körper, das Eisen besonders leicht aufzunehmen. Entscheidend ist die Kombination mit Natrium-Ascorbat, einer Form von Vitamin C, die das Eisen stabil hält und vor Oxidation schützt.
In einer klinischen Studie nahmen 52 Frauen mit Eisenmangel an einem Vergleichstest teil. Sie erhielten entweder das neue Haferpräparat oder herkömmliches Eisen-Sulfat – jeweils in einer Dosis von vier Milligramm Eisen. Das Ergebnis war deutlich: Der Körper absorbierte 46,2 Prozent des Eisens aus dem Haferpräparat, beim Eisen-Sulfat waren es nur 26,3 Prozent. Die Aufnahme war also 76 Prozent höher.
Wirkung bleibt auch bei schwieriger Ernährung stabil
Besonders überzeugend war die Wirkung, wenn das Präparat mit sogenannten Polyphenolen kombiniert wurde – Pflanzenstoffen, die die Eisenaufnahme normalerweise hemmen. Selbst in diesem Fall blieb die Absorption um 65 Prozent höher als beim Standardpräparat.
Damit könnte die neue Methode helfen, Eisenmangel auch bei Menschen zu behandeln, die viel pflanzliche oder ballaststoffreiche Kost essen. „Das Präparat ist vollständig pflanzlich und daher auch für Vegetarier und Veganer geeignet“, erklärt Mezzenga. „Diese Personengruppen leiden besonders häufig an Eisenmangel, weil Eisen aus pflanzlicher Nahrung schlechter aufgenommen wird.“
Haferprotein gegen Eisenmangel bleibt geschmacksneutral
Viele Eisenpräparate haben den Nachteil, dass sie Speisen oder Getränke verfärben oder metallisch schmecken. Das neue Haferprotein-Präparat umgeht dieses Problem. Es ist farb- und geschmacksneutral und lässt sich problemlos in Wasser, Fruchtsaft oder Müsli mischen.
Die Aufnahme funktioniert am besten, wenn das Pulver in Wasser aufgelöst wird. Es bleibt stabil, auch wenn es längere Zeit an der Luft steht. In Labortests behielt das Eisen selbst nach einem Monat über 90 Prozent seines aktiven Fe²⁺-Anteils – eine Voraussetzung für die gute Aufnahme im Darm.
Stabilität durch Haferprotein
Der Effekt beruht auf einer Besonderheit des Haferproteins. Die Wissenschaftler erhitzten es in einer sauren Lösung, bis sich winzige Filamente bildeten, an deren Oberfläche sich Eisenpartikel anlagern. Diese Nanostruktur verhindert, dass das Eisen zu größeren, schwer löslichen Komplexen verklumpt.
„Haferprotein stabilisiert das Eisen und schützt es vor Oxidation“, so die Experten von der ETH. Dadurch bleibt es länger in einer Form, die der Körper aufnehmen kann. Dieser Mechanismus macht das Präparat besonders effizient und erklärt die deutlich höhere Bioverfügbarkeit im Vergleich zu herkömmlichen Präparaten.
Sicherheit und Verträglichkeit belegt
Neben der Wirksamkeit spielte auch die Sicherheit eine zentrale Rolle. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass sich die winzigen Eisenpartikel im Magen vollständig auflösen und keine Rückstände im Körper hinterlassen. Histologische Untersuchungen ergaben keine Anreicherung in Organen.
Auch im aktuellen Versuch blieben Nebenwirkungen aus. Das Präparat verursachte weder Magenbeschwerden noch Geschmacksveränderungen. Damit könnte es für Menschen interessant werden, die Eiseninfusionen oder herkömmliche Tabletten bisher schlecht vertragen.
Neue Perspektiven für die Ernährung
Die Forscher sehen in ihrer Entwicklung mehr als nur ein neues Nahrungsergänzungsmittel. Das Haferprotein-Eisen-Präparat lässt sich leicht in alltägliche Lebensmittel integrieren. Getränke, Müslis oder pflanzliche Milchalternativen könnten künftig gezielt mit dem Wirkstoff angereichert werden.
„Wir möchten die Technologie weiterentwickeln, um künftig auch andere Nährstoffmängel wie Zink- oder Selenmangel zu bekämpfen“, sagt Mezzenga. Die ETH Zürich hat das Verfahren bereits patentieren lassen und prüft nun den Einsatz in verschiedenen Lebensmitteln.
Präparat bietet Hilfe für Frauen
Rund eine von fünf Frauen in Europa leidet an Eisenmangel – häufig ohne es zu wissen. Die typischen Symptome wie Erschöpfung, blasse Haut oder Haarausfall werden oft erst spät erkannt. Das neue Haferpräparat könnte hier Abhilfe schaffen, vor allem für Menschen, die sich bewusst fleischarm ernähren oder auf herkömmliche Präparate empfindlich reagieren.
Das Forschungsteam sieht in der Kombination aus Haferprotein und Eisen-Nanopartikeln einen entscheidenden Fortschritt in der Nährstoffversorgung. Das Präparat ist einfach anzuwenden, wirksam und pflanzlich – eine seltene Kombination, die es bisher so nicht gibt.
Kurz zusammengefasst:
- Forscher der ETH Zürich haben ein pflanzliches Präparat aus Haferprotein entwickelt, das der Körper bis zu 76 Prozent besser aufnimmt als herkömmliches Eisen-Sulfat – und dabei verträglicher und geschmacksneutral ist.
- In einer klinischen Studie mit 52 Frauen erhöhte das neue Mittel die Eisenaufnahme auf 46,2 Prozent, blieb auch bei eisenhemmenden Lebensmitteln wirksam und eignet sich damit besonders für Vegetarier und Veganer.
- Das Haferprotein stabilisiert das Eisen, verhindert Oxidation und macht das Präparat lange haltbar, sicher und alltagstauglich – ein möglicher Fortschritt für die Behandlung von Eisenmangel weltweit.
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