Vertrauen in die Wissenschaft wächst, wenn Forscher offen über Rückschläge sprechen

Offene Worte über Fehler machen Forscher glaubwürdiger. Laut einer neuen Studie stärkt Scheitern das Vertrauen in die Wissenschaft deutlich.

Scheitern stärkt das Vertrauen in Wissenschaft

Laut einer internationalen Umfrage wünschen sich 83 Prozent der Menschen bessere Erklärungen wissenschaftlicher Arbeit und mehr Transparenz. © Pexels

In der Öffentlichkeit glänzt die Wissenschaft oft mit bahnbrechenden Erfolgen, großen Entdeckungen und klaren Ergebnissen. Was selten sichtbar wird: die Zweifel im Labor, die misslungenen Versuche, die vielen Umwege bis zur Erkenntnis. Genau dort, im Schatten des Scheiterns, liegt ein bislang unterschätzter Schlüssel für mehr Glaubwürdigkeit. Eine neue Studie der University of Michigan zeigt, dass gerade das offene Eingeständnis von Fehlern das Vertrauen in die Wissenschaft deutlich stärken kann.

Vertrauen in die Wissenschaft: Ehrlichkeit überzeugt stärker als Erfolg

Wer öffentlich über Misserfolge berichtet, zum Beispiel in sozialen Netzwerken, wirkt auf andere glaubwürdiger, nahbarer und menschlicher. Und genau das beeinflusst, ob Menschen wissenschaftliche Informationen ernst nehmen. Wer Wissenschaft als vertrauenswürdig einstuft, ist auch eher bereit, Förderprogramme zu unterstützen oder politischen Maßnahmen zuzustimmen.

Für die Studie analysierten die Forscher die Reaktionen von 1.843 Erwachsenen aus den USA. Die Teilnehmer sahen Beiträge eines fiktiven Wissenschaftlers – mal schilderte er Erfolge, mal Rückschläge. Das Ergebnis war klar: Wer offen auch über Fehlschläge berichtete, wurde deutlich positiver bewertet. Der Wissenschaftler wirkte „ehrlicher, fürsorglicher und zugänglicher“, wie es in der Auswertung heißt.

Seine Kompetenz wurde durch diese Offenheit nicht infrage gestellt. Im Gegenteil: Menschlichkeit und Fachwissen schlossen sich für die meisten nicht aus.

Offenheit schafft Nähe und fördert Vertrauen in die Wissenschaft

Für den Alltag heißt das: Wenn Forscher sich nicht als unfehlbare Experten präsentieren, sondern auch Herausforderungen benennen, entsteht mehr Interesse. Menschen fühlen sich eingeladen, Fragen zu stellen und sich mit komplexen Themen wie Impfschutz, Klimawandel oder Ernährung auseinanderzusetzen.

Allerdings kommt es darauf an, wie Rückschläge dargestellt werden. Klagen über Geldprobleme oder Überlastung wirken schnell abschreckend. Es kommt besser an, wenn die Geschichte zeigt, wie Herausforderungen gemeistert wurden – und wie daraus neue Ideen entstehen.

Ein zu negatives Bild kann sogar Vertrauen zerstören. Die Studie warnt davor, Probleme nur aneinanderzureihen. Die Öffentlichkeit möchte keine perfekte Erfolgsgeschichte, aber auch nicht bloßes Gejammer.

Zwei psychologische Effekte erklären die Wirkung

Warum das funktioniert, erklären die Studienautoren mit zwei Effekten:

  • Erwartungsbruch: Viele Menschen gehen davon aus, dass Wissenschaftler immer erfolgreich sind. Wenn Forscher dann offen über Fehler sprechen, überrascht das – und macht sie glaubwürdiger.
  • Identifikation: Wer Schwächen zeigt, wirkt nahbar. Man erkennt sich in solchen Momenten wieder und fühlt sich emotional angesprochen.

Diese beiden Effekte sorgen dafür, dass Offenheit nicht als Schwäche, sondern als Stärke wahrgenommen wird. „Wir hören oft, dass Wissenschaftler online menschlich sein sollen“, sagt Studienautorin Annie Li Zhang. „Diese Studie zeigt, wie das praktisch aussehen kann – und wie daraus echte Verbindung zur Öffentlichkeit entsteht.“

Die Öffentlichkeit fordert Transparenz in der Forschung

Das Bedürfnis nach offener Kommunikation ist international hoch:

  • 83 Prozent der Befragten weltweit wünschen sich bessere Erklärungen zu Forschung
  • Über 50  Prozent möchten, dass Wissenschaft stärker in politische Entscheidungen einfließt
  • In den USA finden 92 Prozent, dass Forscher ihre Meinung ändern sollten, wenn neue Erkenntnisse vorliegen
  • 84 Prozent wollen wissen, wer die Studien finanziert

Diese Erwartungen zeigen: Die Öffentlichkeit will verstehen, wie Forschung entsteht – nicht nur, was am Ende dabei herauskommt.

Kurz zusammengefasst:

  • Wer offen über Rückschläge in der Forschung spricht, wird von der Öffentlichkeit als glaubwürdiger, menschlicher und vertrauenswürdiger wahrgenommen – ohne an Kompetenz zu verlieren.
  • Diese Offenheit erhöht die Bereitschaft, wissenschaftliche Informationen anzunehmen, politische Maßnahmen zu unterstützen und Forschung finanziell zu fördern.
  • Entscheidend ist, wie die Geschichten erzählt werden: Persönliche Einblicke in überstandene Herausforderungen schaffen Nähe und stärken das Vertrauen in Wissenschaft.

Übrigens: Viele Konservative in den USA zweifeln längst nicht mehr nur an Klimaforschung oder Gender Studies – ihr Misstrauen betrifft die Wissenschaft insgesamt. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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