Ozeane weltweit verändern ihre Farbe: Ein Segen für Polarmeere, doch eine Katastrophe für die Tropen

Die Farbe der Ozeane hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert: Tropenmeere werden blauer, die an den Polen hingegen grüner.

Ozeane ändern ihre Farbe: Polarmeere blühen, Tropen verblassen

In den Meeren der nördlichen Hemisphäre blüht vermehrt Phytoplankton, so wie hier vor Island. © NASA

Die Farbe der Ozeane verändert sich: Während sich die Wasserflächen in den Tropen zunehmend blauer zeigen, werden die Polarmeere grüner. Dieser Wandel könnte zu einer bedeutenden Verschiebung von Fischbeständen führen und das Leben vieler Menschen beeinflussen, die von der Fischerei abhängig sind.

Satellitenmessungen zeigen deutliche Verschiebungen

Verantwortlich für die Farbänderung ist der grüne Pflanzenfarbstoff Chlorophyll, der von mikroskopisch kleinen Algen produziert wird – sogenanntem Phytoplankton. In den Polarregionen nimmt die Konzentration von Chlorophyll derzeit zu, wodurch diese grüner erscheinen. In tropischen und subtropischen Meeren hingegen geht diese Konzentration zurück – sie werden blauer.

Ein Forschungsteam um Haipeng Zhao, Postdoktorand an der Duke University, hat für diese Erkenntnis Satellitendaten aus fast 20 Jahren ausgewertet. Diese stammen von einem NASA-Instrument, das alle zwei Tage die Erde scannt. Die Wissenschaftler wollten wissen, wie sich die Chlorophyllverteilung über die Jahre verändert hat. Dafür betrachteten sie ausschließlich Daten aus dem offenen Ozean. Küstenregionen wurden wegen der dort enthaltenen Schwebstoffe – etwa Sedimenten, die unaufgelöst im Wasser treiben – ausgeschlossen. 

Das Ergebnis der Untersuchung: „In tropischen und subtropischen Regionen nimmt der Chlorophyllgehalt ab, in hohen Breiten dagegen zu“, erklärt Zhao laut Coastal Review. Um den Trend genauer zu erfassen, nutzte das Team zwei Methoden, die eigentlich in der Wirtschaftsforschung zum Einsatz kommen: den Gini-Index und die Lorenz-Kurve. Mit diesen Methoden wird üblicherweise die Vermögensverteilung in einer Gesellschaft gemessen.

Übertragen auf die Meeresdaten zeigte der unübliche Ansatz jedoch:

Es ist wie bei reichen und armen Menschen – die Reichen werden reicher, die Armen ärmer.

Haipeng Zhao

Farbe der Ozeane wird zum Frühwarnsignal

Die im Fachjournal Science veröffentlichte Studie dokumentiert, dass insbesondere die nördliche Hemisphäre deutlich grüner wird. Gleichzeitig verlieren tropische Gewässer an Chlorophyll und erscheinen dadurch blauer. Dieser Farbunterschied spiegelt nicht nur die Algenmenge wider – er könnte auch Folgen für das gesamte marine Ökosystem haben.

Die Konzentration des grünen Pigments Chlorophyll in den Weltmeeren verändert sich. Dies hat nicht nur einen Einfluss auf die Farbe der Meere, sondern auch auf deren Ökosysteme. © Haipeng Zhao
Die Konzentration von Chlorophyll in den Weltmeeren verändert sich. Dies hat nicht nur einen Einfluss auf die Farbe der Meere, sondern auch auf deren Ökosysteme. © Haipeng Zhao

Phytoplankton bildet die Grundlage der marinen Nahrungskette. Nicolas Cassar, Professor an der Duke University und Co-Autor der Studie, warnt daher: „Wenn weniger Phytoplankton vorhanden ist, kann das auch die höheren Ebenen der Nahrungskette beeinflussen – was möglicherweise zu einer Umverteilung von Fischbeständen führt.“

Rückgang in den Tropen trifft die Ärmsten

Ein anhaltender Rückgang des Phytoplanktons in den Tropen könnte primär für die ärmeren Länder Folgen haben, etwa im Pazifikraum. Viele dieser Staaten sind auf Fischerei sowohl zur Ernährung als auch zur wirtschaftlichen Entwicklung angewiesen. Sollte der Trend anhalten, könnte diesen Menschen eine wichtige Lebensgrundlage abhandenkommen.

Die Wissenschaftler halten sich aber noch zurück, die Veränderungen auf den Klimawandel zurückzuführen. Die Zeitspanne der Datenerhebung – von 2003 bis 2022 – sei zu kurz, um einen sicheren Zusammenhang herzustellen. Laut Susan Lozier von der Georgia Tech könnten zum Beispiel auch natürliche Klimaschwankungen wie El Niño eine Rolle spielen. 

Wir brauchen noch einige Jahrzehnte an Messdaten, um sicher sagen zu können, welche Einflüsse überwiegen.

Susan Lozier

Kohlenstoffbindung im Meer verändert sich

Ein weiterer Grund für diesen Trend könnte sein, dass das Phytoplankton während der Photosynthese große Mengen an Kohlendioxid bindet. Wenn die Organismen sterben und auf den Meeresboden sinken, gelangt dieser Kohlenstoff in tiefere Wasserschichten. Das trägt zur langfristigen Speicherung von CO2 bei. Doch der Effekt hängt davon ab, wo und wie tief der Kohlenstoff landet.

„Wenn Kohlenstoff in Tiefen gelangt oder in Bereichen, wo das Wasser lange nicht an die Oberfläche kommt, bleibt er sehr viel länger gespeichert“, sagt Cassar. Gelangt er hingegen in flachere Wasserschichten, kann er schneller wieder in die Atmosphäre zurückkehren – und damit die Wirkung der Meere als Kohlenstoffspeicher schwächen.

Kurz zusammengefasst:

  • Die Farbe der Ozeane verändert sich: In den Polarregionen nimmt das Chlorophyll zu, in den Tropen ab.
  • Diese Verschiebung deutet auf eine Umverteilung des Phytoplanktons hin, das die Grundlage der marinen Nahrungskette bildet.
  • Die Folgen könnten weltweite Fischbestände und die Speicherung von Kohlendioxid im Meer beeinflussen.

Übrigens: Während Algen im Ozean die Farbe des Wassers verändern, könnten ähnliche Mikroorganismen künftig Häuserwände in CO2-Speicher verwandeln. Wie lebende Baustoffe Klima und Städte verändern – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © NASA

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