Wer wegen Cannabis ins Krankenhaus muss, hat später ein höheres Risiko für Demenz

Eine neue Studie zeigt: Wer wegen Cannabis ins Krankenhaus muss, hat ein deutlich erhöhtes Risiko, Jahre später an Demenz zu erkranken.

Erhöhtes Demenz-Risiko nach Cannabis-Krankenhausaufenthalten

Wer wegen Cannabis im Krankenhaus landet, trägt ein deutlich erhöhtes Risiko, in den Folgejahren an Demenz zu erkranken. © Pexels

Die Erinnerung wird löchrig. Namen verschwinden. Termine, Gespräche, alltägliche Abläufe – plötzlich ist alles durcheinander. Für viele beginnt so eine Erkrankung, die das Leben unwiderruflich verändert: Demenz – möglicherweise begünstigt durch problematischen Konsum von Cannabis

Wer wegen Problemen mit Cannabis in die Notaufnahme kommt oder im Krankenhaus behandelt wird, hat ein deutlich erhöhtes Risiko, in den folgenden fünf Jahren an Demenz zu erkranken. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung lag das Risiko fast viermal höher. Selbst im Vergleich zu anderen Patienten mit akuter medizinischer Versorgung war das Risiko um rund 23 Prozent erhöht. Das zeigt eine große kanadische Kohortenstudie mit über sechs Millionen Erwachsenen, veröffentlicht im Fachblatt JAMA Neurology.

„Menschen, deren Konsum von Cannabis so schwerwiegend ist, dass er eine Notaufnahme oder eine stationäre Behandlung nötig macht, könnten ein erhöhtes Risiko für Demenz haben.“

Dr. Daniel Myran, Forscher an der Universität Ottawa

Problematischer Konsum von Cannabis – Demenz-Risiko steigt nach Klinikaufenthalt messbar an

Die Studie nutzte Daten aus Ontario zwischen 2008 und 2021 und schloss insgesamt 6.086.794 Menschen zwischen 45 und 105 Jahren ein. Alle waren zu Studienbeginn frei von einer Demenzdiagnose. Davon hatten 16.275 Personen eine erstmalige Behandlung in der Notaufnahme oder im Krankenhaus aufgrund von Cannabiskonsum. Das entsprach etwa 0,3 Prozent der Gesamtgruppe. Das Durchschnittsalter dieser Betroffenen lag bei gut 55 Jahren, etwa 60 Prozent waren Männer.

Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhielten Personen mit Cannabiskonsum fast viermal so häufig eine Demenzdiagnose innerhalb von fünf Jahren (5,0 Prozent gegenüber 1,3 Prozent). Selbst gegenüber anderen Patienten mit medizinischen Notfällen lag das Risiko um 39 Prozent höher (5,0 Prozent gegenüber 3,6 Prozent).

Besonders Ältere stark betroffen – Risiko vervielfacht sich

Besonders auffällig war der Anstieg der Fallzahlen im Verlauf der Jahre. Bei den 45- bis 64-Jährigen verfünffachte sich die Rate akuter Behandlungen wegen Cannabis – von rund 10 auf über 50 pro 100.000 Menschen. In der Altersgruppe ab 65 Jahren stieg die Zahl sogar um das 27-Fache – von unter 1 auf fast 17 pro 100.000. Diese Entwicklung unterstreicht den wachsenden Einfluss von Cannabis auch auf ältere Bevölkerungsgruppen.

Dr. Myran betont: „Langfristiger und starker Cannabiskonsum wird mit Gedächtnisproblemen in der Lebensmitte sowie mit Veränderungen der Gehirnstruktur in Verbindung gebracht, die mit Demenz in Zusammenhang stehen.“

Studie zeigt klaren Zusammenhang – aber keine Kausalität

Die Forscher verglichen die Gruppe mit Cannabiskonsum auch mit Personen, die wegen Alkoholproblemen medizinisch behandelt wurden. Hier zeigte sich: Das Risiko für eine Demenzdiagnose war in der Cannabis-Gruppe sogar höher als bei jenen mit alkoholbedingter akuter Versorgung.

Nach Berücksichtigung von Faktoren wie Alter, Einkommen, Vorerkrankungen und psychischen Belastungen lag das bereinigte Risiko (aHR) bei 1,72 im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Das heißt: Das Risiko war um 72 Prozent erhöht. Im Vergleich zu anderen akuten medizinischen Fällen lag es bei 1,23, also um 23 Prozent erhöht.

Risiko bleibt auch bei Kontrolle sozialer Faktoren bestehen

Mitautorin Dr. Colleen Webber erklärt mögliche Zusammenhänge: „Regelmäßiger Cannabiskonsum könnte direkt über Veränderungen in der Hirnstruktur das Demenzrisiko erhöhen. Es ist aber auch denkbar, dass Cannabis indirekt wirkt – etwa über Bluthochdruck, Kopfverletzungen, Depressionen oder soziale Isolation.“

Wichtig sei jedoch: Die Studie zeigt einen statistischen Zusammenhang, aber keine direkte Ursache. Leichte oder gelegentliche Konsummuster wurden nicht untersucht – nur Fälle mit medizinischer Notwendigkeit.

Forscher raten zu Gesprächen über Risiken

Die Autoren hoffen, dass ihre Ergebnisse in die medizinische Beratung einfließen. „Wir hoffen, dass diese Ergebnisse die Gespräche zwischen Patienten und ihren Ärzten fördern können“, so Myran. Die Studie zeige, wie wichtig es sei, den steigenden Cannabiskonsum bei älteren Erwachsenen nicht zu unterschätzen.

Gerade angesichts der sich ändernden Gesetzeslage und einer zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz gewinnt die Frage nach den gesundheitlichen Langzeitfolgen an Bedeutung. Die Studie liefert dafür nun neue und konkrete Hinweise.

Kurz zusammengefasst:

  • Menschen, die wegen Cannabis in der Klinik behandelt werden, haben in den nächsten fünf Jahren ein deutlich höheres Risiko für Demenz.
  • Besonders stark steigt das Risiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sowie zu Patienten, die wegen anderer Ursachen medizinisch versorgt wurden.
  • Der Zusammenhang betrifft vor allem ältere Erwachsene – und wird mit zunehmendem problematischem Konsum in dieser Altersgruppe immer relevanter.

Übrigens: Neue Studien zeigen, dass auch zu langes Sitzen und verkürzte Telomere das Risiko für Demenz deutlich erhöhen können – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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