Mutierte DNA im Körper korrigiert: Neue Therapie könnte genetische Krankheit heilen
Forscher haben erstmals mutierte DNA im Körper korrigiert. Die Therapie BEAM-302 könnte Alpha-1-Antitrypsin-Mangel wirksam behandeln.

Erstmals wurde mutierte DNA im menschlichen Körper korrigiert: Die Therapie BEAM-302 zielt auf die genetische Ursache von AATD und könnte mit einer einzigen Infusion das gesunde Protein steigern. © Vecteezy
Zum ersten Mal ist es Forschern gelungen, eine mutierte krankheitsverursachende DNA direkt im menschlichen Körper zu korrigieren. Die Biotechnologiefirma Beam Therapeutics hat erste Ergebnisse zu ihrer neuartigen Therapie BEAM-302 vorgestellt. Sie könnte die Behandlung des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels (AATD) revolutionieren. Diese erbliche Erkrankung führt dazu, dass Betroffene entweder gar kein oder ein defektes Alpha-1-Antitrypsin-Protein (AAT) produzieren, das die Lunge schützen soll.
Ohne funktionierendes AAT drohen schwere Lungenschäden bis hin zu einer frühen Emphysem-Erkrankung. Auch die Leber kann betroffen sein, da sich das fehlerhafte Protein dort ansammelt und das Organ langfristig schädigt. Bisher gibt es keine Heilung – doch BEAM-302 könnte das ändern.
Mutierte DNA korrigiert – Eine einmalige Infusion könnte ausreichen
Die Therapie setzt an der Wurzel des Problems an: Statt lediglich die Symptome zu behandeln, korrigiert BEAM-302 den genetischen Defekt direkt in der DNA. Möglich macht das eine hochpräzise Methode namens Base Editing, die gezielt einzelne Basen im Erbgut verändert, ohne dabei die DNA-Stränge zu durchtrennen. Dadurch wird der Fehler in den betroffenen Zellen dauerhaft behoben.
Das geschieht über eine einzige Infusion. Lipid-Nanopartikel transportieren die genetischen Korrekturwerkzeuge direkt in die Leberzellen, wo sie den Fehler im SERPINA1-Gen beseitigen. Dadurch können die Zellen wieder funktionierendes AAT produzieren – und das mutierte, schädliche Protein verschwindet.
Erste Studienergebnisse zeigen deutliche Verbesserungen
Die laufende klinische Studie testet BEAM-302 in drei verschiedenen Dosierungen: 15, 30 und 60 Milligramm. Erste Ergebnisse nach 28 Tagen zeigen, dass die Behandlung sicher ist und vielversprechende Effekte hat:
- In der niedrigsten Dosierung (15 mg) stieg die Menge des gesunden AAT im Blut um das 1,6-Fache, während die Menge des mutierten Proteins um 11 Prozent sank.
- In der mittleren Dosierung (30 mg) erhöhte sich das gesunde Protein um das 1,9-Fache, während das mutierte Protein um 38 Prozent reduziert wurde.
- In der höchsten Dosierung (60 mg) war der Effekt am stärksten: Die Produktion des gesunden Proteins stieg um das 2,8-Fache, und die Menge des mutierten Proteins sank um 78 Prozent.
„Durchbruch in der Medizin“: Experten sind begeistert
John Evans, CEO von Beam Therapeutics, nennt das Ergebnis einen „Durchbruch in der Medizin“. Zum ersten Mal gebe es klinische Beweise dafür, dass eine krankheitsverursachende Mutation durch gezielte Umschreibung des genetischen Codes korrigiert werden könne.
Auch der Mediziner Noel McElvaney hält die Ergebnisse für bahnbrechend: „Diese Daten zeigen, dass wir nicht nur Symptome lindern, sondern die eigentliche Ursache der Krankheit direkt korrigieren können. Das ist etwas, was wir bei genetischen Lungenerkrankungen noch nie zuvor gesehen haben.“
Was bedeutet das für Betroffene?
AATD ist eine seltene, aber folgenschwere Erkrankung. Weltweit leiden Tausende unter den Folgen des Gendefekts, doch nur wenige wissen davon. In den USA sind etwa 100.000 Menschen betroffen, aber nur 10 Prozent diagnostiziert. Viele Betroffene erleben eine späte Diagnose erst dann, wenn die Lunge bereits stark geschädigt ist. Die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt: Betroffene können regelmäßig AAT per Infusion ersetzen, doch diese Therapie ist aufwendig und stoppt das Fortschreiten der Krankheit nicht vollständig. Bei schweren Fällen bleibt oft nur eine Lungen- oder Lebertransplantation.
Wie geht es mit BEAM-302 weiter?
Die Studie ist noch nicht abgeschlossen. In der nächsten Phase sollen die langfristigen Auswirkungen und mögliche Optimierungen der Therapie untersucht werden. Sollte sich BEAM-302 weiter bewähren, könnte es nicht nur AATD behandeln, sondern auch andere genetische Erkrankungen, die durch Punktmutationen entstehen.
Kurz zusammengefasst:
- Erstmals wurde mutierte DNA im menschlichen Körper korrigiert – die neue Therapie BEAM-302 setzt direkt an der genetischen Ursache des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels (AATD) an.
- Eine einzige Infusion könnte ausreichen, um die Produktion des gesunden Proteins zu steigern und das schädliche, mutierte Protein deutlich zu reduzieren.
- Erste Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse: In der höchsten Dosierung stieg das funktionale Protein um das 2,8-Fache, während das defekte um 78 Prozent sank.
Übrigens: Ein widerstandsfähiges Bakterium könnte der Schlüssel zu neuen Krebsimpfstoffen sein. Forscher haben ein Protein entdeckt, das DNA-Schäden repariert. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy