Einsamkeit trifft vor allem Menschen mit wenig Geld

Einsamkeit nimmt in Deutschland zu – besonders betroffen sind Menschen mit geringem Einkommen. Eine Studie zeigt, warum Armut isoliert.

Einsamkeit wächst in Deutschland – Menschen mit geringem Einkommen sind besonders gefährdet.

Einsamkeit wächst in Deutschland – Menschen mit geringem Einkommen sind besonders gefährdet. © Pexels

Einsamkeit ist längst kein Randphänomen mehr – und sie betrifft nicht alle gleichermaßen. Besonders Menschen mit geringem Einkommen leiden darunter, keine sozialen Kontakte zu haben oder sich ausgeschlossen zu fühlen. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass sich im Jahr 2021 rund 19 Prozent der Deutschen manchmal oder häufig einsam fühlten. 2017 lag dieser Wert noch bei 14 Prozent. Der Anstieg ist alarmierend – vor allem, weil Einsamkeit erwiesenermaßen krank macht.

„Der starke Anstieg an einsamen Menschen ist zwar sicherlich noch den Nachwirkungen der strikten Kontaktbeschränkungen geschuldet, aber nichtsdestotrotz besorgniserregend. Denn Einsamkeit ist die Ursache für viele Krankheiten und psychische Leiden“, warnt Studienautorin Theresa Entringer. Die Ergebnisse basieren auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), einer der größten und umfassendsten Langzeitstudien in Deutschland.

Menschen mit geringem Einkommen besonders von Einsamkeit betroffen

Nicht jeder, der sich gelegentlich allein fühlt, ist einsam. Die Studie unterscheidet verschiedene Facetten: 56 Prozent der Befragten gaben an, sich manchmal oder häufiger allein zu fühlen. 20 Prozent erleben soziale Isolation, 28 Prozent empfinden Ausgeschlossenheit. Besonders auffällig: Wer wenig Geld hat, fühlt sich häufiger einsam.

Das betrifft vor allem Männer mit Migrationshintergrund und Menschen mit Einkommen unterhalb des Medians. „Einsamkeit kann jeden treffen“, sagt Co-Autorin Barbara Stacherl. Doch wer finanziell schlechter dasteht, hat oft weniger Möglichkeiten, sich soziale Kontakte aufzubauen oder zu pflegen. Freizeitaktivitäten, Vereinsleben oder auch nur der gelegentliche Café-Besuch kosten Geld – für viele ist das schlicht nicht drin.

© DIW Berlin

Regionale Unterschiede bei der Einsamkeit

Früher galten Ostdeutsche als besonders betroffen, doch das Bild hat sich gewandelt. Laut der DIW-Studie gibt es kein klares Ost-West-Gefälle mehr. Allerdings kommt das Gefühl des Alleinseins in West- und Süddeutschland häufiger vor. Die genauen Ursachen sind noch unklar, könnten aber mit unterschiedlichen sozialen Strukturen oder wirtschaftlichen Bedingungen zusammenhängen.

Besonders prekär: Einsamkeit bleibt oft unsichtbar. Während Armut oder Krankheit leicht erkennbar sind, fällt soziale Isolation weniger auf – und wird häufig tabuisiert. Gerade Männer sprechen selten darüber, wenn sie sich einsam fühlen.

Einsamkeit als Gesundheitsrisiko ernst nehmen

Die Studie macht deutlich: Einsamkeit ist mehr als ein unangenehmes Gefühl. Sie kann psychische und physische Erkrankungen begünstigen, das Sterberisiko erhöhen und sich sogar auf die Lebenserwartung auswirken. Studienautorin Theresa Entringer fordert deshalb, Einsamkeit ähnlich wie Stress als ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko anzuerkennen.

„Um Einsamkeit effektiv zu bekämpfen, bedarf es eines umfassenden Ansatzes, der das Gesundheitsrisiko von Einsamkeit verdeutlicht und zur Entstigmatisierung des Themas beiträgt“, so Entringer. Konkret bedeutet das: gezielte Programme für Menschen mit geringem Einkommen, bessere soziale Infrastruktur und mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Problem.

Was kann helfen?

Die Politik muss handeln. Einsamkeit darf nicht länger als individuelles Problem gesehen werden, sondern als gesellschaftliche Herausforderung. Sozialräume wie Begegnungsstätten oder kostenlose Freizeitangebote könnten helfen, insbesondere für einkommensschwache Menschen. Auch Ärzte sollten das Thema ansprechen – Einsamkeit als Gesundheitsrisiko muss ernst genommen werden.

Kurz zusammengefasst:

  • Einsamkeit trifft in Deutschland besonders Menschen mit geringem Einkommen, da finanzielle Einschränkungen soziale Kontakte erschweren.
  • Männer mit Migrationshintergrund sind besonders gefährdet, weil sie seltener über Einsamkeit sprechen und weniger soziale Netzwerke haben.
  • Einsamkeit ist ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko, das psychische und physische Erkrankungen begünstigt und deshalb gesellschaftlich bekämpft werden muss.

Bild: © Pexels

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