Arktis ist CO2-Emittent: Wenn der Tiefkühlschrank des Planeten nach Jahrtausenden auftaut

Die Arktis gibt heute mehr CO2 ab, als sie aufnimmt. Waldbrände und Permafrost-Schmelze kehren jahrtausendealte Trends um.

Die arktisch-boreale Zone (ABZ) wird zur CO2-Quelle. © Unsplash

Die arktisch-boreale Zone (ABZ) wird zur CO2-Quelle. © Unsplash

Über Jahrtausende galt die arktisch-boreale Zone (ABZ) als zuverlässiger Kohlenstoffspeicher – ein natürlicher Tresor, der gigantische Mengen CO2 in Tundra, borealen Wäldern und Permafrostböden einschloss. Doch diese Rolle hat sich grundlegend geändert. Eine Studie des Woodwell Climate Research Center, veröffentlicht in Nature Climate Change, zeigt: Mehr als ein Drittel des Gebiets in und um die Arktis gibt inzwischen mehr CO2 ab, als es aufnimmt. Besonders besorgniserregend ist, dass dieser Anteil durch Waldbrände auf 40 Prozent ansteigt.

Die Studie liefert nicht nur die bisher umfassendsten Daten zu den Kohlenstoffflüssen in der Region, sondern beleuchtet auch die Mechanismen hinter diesen alarmierenden Trends. Über 200 Messstandorte, verteilt über drei Jahrzehnte, ermöglichten eine hochauflösende Analyse von 1 Kilometer mal 1 Kilometer – so detailliert wie nie zuvor.

Waldbrände heizen den Kohlenstoffkreislauf an

Ein besonders gravierender Faktor ist die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Waldbränden. „Die Kohlenstoffbelastung durch Brände hebt viele Senkeneffekte der Region auf“, erklärt Dr. Anna Virkkala, Hauptautorin der Studie. Der durch Feuer freigesetzte Kohlenstoff treibt die Nettoemissionen massiv in die Höhe.

Doch nicht nur Feuer ist ein Problem. Die Studie zeigt, dass der Permafrost in den Wintermonaten überraschend viel Kohlenstoff freisetzt. Mikrobielle Aktivitäten nehmen durch wärmere Winter zu und lösen Prozesse aus, die über Jahrtausende gespeicherten Kohlenstoff in die Atmosphäre entlassen. Damit wird die Bilanz der Kohlenstoffaufnahme aus den Sommermonaten wieder zunichtegemacht.

Die Arktis wird zum CO2-Emittenten: Von 2001 bis 2020 zeigt sich eine alarmierende Entwicklung. Feldmessungen und KI-Modelle belegen, dass Permafrost und boreale Wälder heute mehr CO2 freisetzen, als sie speichern. © Greg Fiske / Woodwell Climate Research Center

Eine grünere Arktis emittiert mehr CO2 – kein Grund zur Entwarnung

Die detaillierten Analysen zeigen außerdem, dass 49 Prozent der ABZ durch längere Wachstumsphasen grüner werden. Doch dieser vermeintliche Vorteil trügt: Nur auf 12 Prozent dieser Flächen nimmt die Netto-Kohlenstoffspeicherung zu. Mehr Pflanzen bedeuten also nicht automatisch eine bessere Speicherung von CO2 – eine Erkenntnis, die den bisherigen Annahmen widerspricht.

„Die Arktis ist ein komplexes Puzzle aus unterschiedlichen Ökosystemen und klimatischen Bedingungen“, betont Dr. Sue Natali, eine der Autorinnen. Die Daten machen deutlich, dass eine „grünere“ Arktis nicht die Lösung für die wachsende Kohlenstoffbelastung ist. Im Gegenteil: Sie verdeutlichen, wie unberechenbar der Klimawandel selbst in diesen entlegenen Regionen zuschlägt.

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Was die Arktis uns zu sagen hat

Die Ergebnisse der Studie mahnen eindringlich: Die klimatischen Veränderungen in der Arktis sind kein regionales Problem, sondern betreffen den gesamten Planeten. Längere Wachstumsphasen, intensivere Brände und die beschleunigte Freisetzung von Kohlenstoff im Winter sind Vorboten eines globalen Wandels.

Die vom Woodwell Climate Research Center vorgelegten Daten zeigen, wie dringend es ist, die Entwicklungen in der ABZ weiter zu überwachen. Die Arktis, einst ein stabiler Kohlenstoffspeicher, wird immer mehr zur Quelle von Emissionen. Und das geht uns alle an.

Was du dir merken solltest:

  • Die arktisch-boreale Zone (ABZ) hat sich von einer CO2-Senke in eine Quelle gewandelt: 34 Prozent der Region geben netto Kohlenstoff ab, durch Waldbrände steigt der Anteil auf 40 Prozent.
  • Erhöhte Emissionen entstehen durch häufigere Waldbrände und wärmere Winter, die mikrobielle Aktivität im Permafrost ankurbeln und gespeicherten Kohlenstoff freisetzen.
  • Eine grünere Arktis bedeutet nicht automatisch mehr CO2-Speicherung: Nur 12 Prozent der begrünten Flächen steigern die Nettoaufnahme von Kohlenstoff.

Übrigens: Forscher arbeiten an einer spektakulären Idee, die Arktis wieder einzufrieren – mit Millionen Pumpen, die das Eis verstärken sollen. Wie diese Technologie funktioniert und ob sie wirklich die Rettung für den „Tiefkühlschrank der Erde“ sein könnte, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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