Cannabisboom auf Vulkanerde: Wie eine Karibik-Insel eine nachhaltige Medizinindustrie aufbaut
Auf St. Vincent und den Grenadinen wachsen Cannabis-Farmen zur Medizinindustrie heran. Vulkanerde und Rastafari sichern hochwertige Ernten.
Während in Deutschland die CSU die erst kürzlich eingeführte Legalisierung des Cannabiskonsums scharf kritisiert und eine Rücknahme nach der Bundestagswahl fordert, schlägt eine Karibik-Insel einen ganz anderen Weg ein. Auf St. Vincent und die Grenadinen (SVG) wachsen auf fruchtbarem vulkanischen Boden Reihen von Marihuanapflanzen. Direkt unterhalb einer Ansammlung farbenfroher Häuser auf dem Golba Hill pflegt Bobbis Matthews, ein erfahrener Cannabisbauer und Rastafari, sein Feld mit Hingabe. Einst versteckten er und andere Bauern ihre Pflanzen tief in den Bergen, aus Angst vor von den USA unterstützten Antidrogenoperationen. Heute ist Cannabis auf SVG ein Symbol für wirtschaftliche Hoffnung und den Aufbau einer florierenden Medizinindustrie.
Im Dezember 2018 entkriminalisierte SVG die Nutzung von Cannabis und führte Gesetze ein, um eine medizinische Cannabisindustrie zu etablieren. Bauern wie Matthews können seitdem kostenlose Lizenzen mit einer subventionierten Gebühr von 100 Ostkaribischen Dollar (rund 35 Euro) erhalten. Ein einzigartiges Modell schreibt zudem vor, dass Unternehmen mindestens 10 Prozent ihrer Pflanzen von traditionellen Bauern kaufen müssen, wie der Guardian berichtet.
Rastafari verbinden Cannabis mit Tradition – nächster Schritt Medizinindustrie
Lange bevor Wissenschaftler die medizinischen Vorzüge von Cannabis entdeckten, galt die Pflanze in Rastafari-Gemeinschaften als heilig. Neben religiösen und spirituellen Anwendungen wurden ihre heilenden Eigenschaften gegen Schmerzen, Asthma und Epilepsie geschätzt. Dr. Jerrol Thompson, Leiter der SVG Cannabis Authority, erklärt laut dem Guardian: „Die Karibik ist auf dem besten Weg, die erste intensive Zone der Legalisierung von medizinischem Cannabis in der Welt zu werden.“
Doch der Weg dorthin war steinig. Natürliche Katastrophen wie der verheerende Vulkanausbruch von 2021 zerstörten große Teile der Landwirtschaft, einschließlich der Cannabisfelder. „Sechs bis acht Zentimeter Asche bedeckten das gesamte Land. Wir haben alles verloren“, erinnert sich Matthews. Dennoch gibt es Hoffnung: Die Regierung unterstützt die Bauern aktiv und setzt auf die einzigartige Qualität der regionalen Produkte.
Trotz boomendem Cannabis-Markt erschweren Stigmata den internationalen Handel
Weltweit wächst der legale Cannabis-Markt rasant. Bis 2028 wird ein Umsatz von 58 Milliarden Dollar prognostiziert. Dennoch mahnen Experten wie Dr. Thompson, dass SVG sich zuerst auf lokale und regionale Märkte konzentrieren sollte. Internationale Geschäfte bleiben aufgrund rechtlicher Hürden, Stigmata und starker Konkurrenz schwierig. Gleichzeitig fehlt es vielen traditionellen Bauern an den finanziellen Mitteln, um in der legalen Industrie zu bestehen.
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Emanuel Alexander Ras Faii, Vorsitzender der PR-Kommission für karibischen Cannabis-Fair-Trade, betont: „Wir müssen sicherstellen, dass der nationale Handel effektiv funktioniert, bevor wir internationale Märkte ins Visier nehmen.“ Die Zusammenarbeit innerhalb der Region sei essenziell, um nachhaltigen Erfolg zu sichern.
Vulkanböden als Trumpfkarte
SVG verfügt über einen unschätzbaren Vorteil: Die seltenen vulkanischen Andosol-Böden bieten perfekte Bedingungen für den Anbau von hochwertigem Cannabis. „Unsere Vision ist es, SVG als Produzent von erstklassigen Produkten bekannt zu machen und traditionelle Kultivatoren davon profitieren zu lassen“, erklärt Thompson. Neben regionalen Märkten sieht er auch im Tourismus großes Potenzial. Besucher sollen die Qualität der Produkte direkt vor Ort erleben können.
Während immer mehr karibische Inseln wie Antigua und Jamaika den legalen Cannabis-Anbau fördern, bleibt SVG ein Vorreiter. Rastafari, die einst im Verborgenen agierten, gestalten heute aktiv eine florierende Industrie. Diese steht nicht nur für wirtschaftliche Chancen, sondern auch für gesellschaftliche und gesundheitliche Perspektiven, die weit über die Grenzen der Karibik hinausreichen könnten.
Was du dir merken solltest:
- St. Vincent und die Grenadinen (SVG) haben 2018 Cannabis entkriminalisiert und fördern mit Gesetzen den Aufbau einer nachhaltigen Medizinindustrie.
- Rastafari und vulkanische Andosol-Böden bilden die Grundlage für hochwertige Cannabis-Ernten, die sowohl für medizinische Zwecke als auch wirtschaftliches Wachstum genutzt werden.
- Herausforderungen wie Naturkatastrophen und finanzielle Hürden verlangen den Fokus auf regionale Märkte, um traditionellen Bauern eine stabile Perspektive zu bieten.
Übrigens: Cannabis kann nicht nur auf Nervenzellen wirken, sondern auch auf Astrozyten – wichtige Stützzellen im Gehirn, die die Plastizität beeinflussen. Warum das besonders für die Gehirnentwicklung riskant sein könnte, erfährst du in unserem Artikel.