Ist Dunkle Energie nur ein Mythos? Neue Beweise für ein „klumpiges“ Universum
Die Dunkle Energie, lange als Motor der kosmischen Expansion gesehen, könnte gar nicht existieren. Das Universum ist „klumpig“.
Seit Jahrzehnten galt Dunkle Energie als Schlüssel zur Erklärung der beschleunigten Expansion des Universums. Doch eine neue Studie aus Neuseeland rüttelt an den Grundfesten der Astrophysik: Die mysteriöse Kraft könnte schlichtweg nicht existieren. Ein Team der University of Canterbury in Christchurch analysierte die Lichtkurven von über 1.500 Supernovae und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis: Das Universum dehnt sich nicht gleichmäßig aus, wie lange vermutet, sondern auf überraschend „klumpige“ Weise.
Das klassische Bild eines homogenen, gleichförmig expandierenden Kosmos scheint überholt. Die Forscher schlagen stattdessen ein alternatives Modell vor: Das sogenannte Timescape-Modell kommt ohne Dunkle Energie aus und erklärt die beobachtete Expansion mit etwas, das viel greifbarer klingt – Gravitation, Zeitdilatation und die komplexe Struktur des Universums.
Warum tickt eine Uhr im All anders?
Gravitation beeinflusst nicht nur Raum und Zeit, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der Zeit vergeht. Eine Uhr in der Milchstraße tickt etwa 35 Prozent langsamer als eine in den weitläufigen kosmischen Leerräumen. Dort, wo weniger Gravitation wirkt, vergeht die Zeit schneller, und das Universum hat mehr Raum zur Ausdehnung. Diese Verzerrung könnte der Grund sein, warum die Expansion des Universums beschleunigt wirkt – tatsächlich dehnt sich der Kosmos jedoch nur unterschiedlich stark aus.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir keine Dunkle Energie brauchen, um die beschleunigte Expansion des Universums zu erklären“, erklärt Professor David Wiltshire, Leiter der Studie. Statt einer mysteriösen Kraft handele es sich vielmehr um Variationen in der kinetischen Energie der Ausdehnung, die bisher falsch interpretiert wurden.
Hubble-Spannung: Rätsel der kosmischen Expansion
Die Erkenntnisse der neuseeländischen Forscher werfen auch ein neues Licht auf die sogenannte Hubble-Spannung. Diese beschreibt die Widersprüche zwischen der gemessenen Expansionsrate des frühen Universums, basierend auf der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung, und den heutigen Beobachtungen.
Zudem zeigt die Studie, dass das Standardmodell der Kosmologie, das Lambda-Kalte-Dunkle-Materie-Modell (ΛCDM), an seine Grenzen stößt. Dieses Modell, das Dunkle Energie als festen Bestandteil einsetzt, geht von einem gleichmäßig expandierenden Universum aus – eine Annahme, die durch die „klumpige“ Verteilung von Galaxien, Filamenten und Leerräumen widerlegt wird.
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Euclid-Satellit: Hoffnung auf neue Daten
Die Forscher hoffen nun auf Unterstützung durch präzise Daten des im Juli 2023 gestarteten Euclid-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation. Mit seiner Hilfe sollen mindestens 1.000 hochqualitative Supernova-Beobachtungen gesammelt werden, um die Theorie zu untermauern.
Das Timescape-Modell könnte eine Revolution in der Kosmologie auslösen, ist sich Wiltshire sicher. „Wir stehen an einem Wendepunkt“, sagt er. „Mit den Daten des 21. Jahrhunderts können wir endlich erklären, wie eine einfache Expansionsregel aus der Komplexität des Universums hervorgeht.“
Noch gibt es keine endgültige Antwort darauf, ob Dunkle Energie existiert oder ob sie ein Artefakt einer zu simplen Theorie ist. Doch die Studie zeigt eindrucksvoll, wie viel es im Universum noch zu entdecken gibt – und dass die größten Rätsel oft die sind, die jahrzehntelang niemand infrage gestellt hat.
Mit der weiteren Erforschung könnten die nächsten Jahre Antworten auf die großen Fragen der Menschheit liefern: Was treibt die Expansion des Universums an, und welche Rolle spielt dabei die komplexe Struktur des Kosmos? Der Wettlauf um die Wahrheit hat gerade erst begonnen.
Was du dir merken solltest:
- Die Dunkle Energie, lange als Erklärung für die beschleunigte Expansion des Universums angesehen, könnte nach neuen Studienergebnissen nicht existieren.
- Das Timescape-Modell bietet eine alternative Erklärung: Gravitation und Zeitdilatation erzeugen Unterschiede in der kosmischen Expansion, ohne dass Dunkle Energie nötig ist.
- Neue Daten von Satelliten wie Euclid könnten helfen, das Modell zu bestätigen und die Widersprüche in der kosmischen Expansionsrate zu klären.
Übrigens: Googles Quantenchip Willow sorgt für Aufsehen – er soll Paralleluniversen nutzen, um Rechenprobleme zu lösen, die herkömmliche Computer überfordern. Ob das ein technischer Durchbruch oder bloß kühne Spekulation ist, klären wir in unserem Artikel.