Tokio stemmt sich gegen die Bevölkerungskrise – Viertagewoche für mehr Babys
Tokio führt ab 2025 die Viertagewoche für Beamte ein, um die Geburtenrate zu steigern. Japans Bevölkerung schrumpft seit Jahren rapide.
Tokio plant, ab April 2025 einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der niedrigen Geburtenrate zu gehen: Angestellte der Stadtverwaltung sollen künftig die Möglichkeit haben, an einem zusätzlichen freien Tag pro Woche die Arbeitszeit flexibler zu gestalten. Die japanische Hauptstadt reagiert damit auf die alarmierende demografische Entwicklung im Land, berichtet CNN.
Die Geburtenrate in Tokio liegt aktuell bei lediglich 0,99 Kindern pro Frau – ein drastisch niedriger Wert im Vergleich zu den für eine stabile Bevölkerung notwendigen 2,1 Kindern. Japanweit sieht es mit 1,2 Kindern pro Frau kaum besser aus. Gouverneurin Yuriko Koike erklärte bei der Vorstellung des Plans, dass kein Mensch seine Karriere wegen Lebensereignissen wie der Geburt eines Kindes oder der Kinderbetreuung opfern müsse. „Wir müssen jetzt handeln, um die Lebensbedingungen unserer Bürger in diesen schwierigen Zeiten zu schützen und zu verbessern.“
Flexible Arbeitszeiten als Schlüssel
Das neue Modell soll den Beschäftigten nicht nur mehr Freizeit geben, sondern ihnen auch ermöglichen, ihre Arbeitstage individuell zu planen. Parallel dazu gibt es weitere Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern sollen: Eltern von Grundschulkindern dürfen künftig früher Feierabend machen, auch wenn das mit einem geringeren Gehalt verbunden ist.
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Japan kämpft seit Jahren mit einem demografischen Wandel, der die Bevölkerung kontinuierlich schrumpfen lässt. Allein 2023 wurden nur noch 727.277 Babys geboren – ein historisches Tief seit Beginn der Aufzeichnungen 1899. Gleichzeitig wird fast ein Drittel der japanischen Bevölkerung älter als 65 Jahre.
Harte Arbeitskultur erschwert Wandel
Ein Hauptproblem, das die niedrigen Geburtenraten begünstigt, ist Japans Arbeitskultur. Lange Überstunden und ein hohes Maß an Leistungsdruck machen es gerade Frauen schwer, Beruf und Familie miteinander zu vereinen. Für viele bleibt die Wahl zwischen Karriere und Familie eine unausweichliche Entscheidung. Der Begriff „Karoshi“, was so viel wie „Tod durch Überarbeitung“ bedeutet, spiegelt das Ausmaß dieser Herausforderung wider.
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Auch die geschlechtsspezifische Ungleichheit bleibt ein Hindernis: Der Anteil erwerbstätiger japanischer Frauen liegt bei nur 55 Prozent, während 72 Prozent der Männer arbeiten, wie die Weltbank berichtet. Solche Unterschiede wirken sich nicht nur auf die persönliche Lebensplanung aus, sondern verstärken die gesellschaftliche Schieflage weiter.
Vorbildwirkung für andere Länder?
Während westliche Unternehmen zunehmend auf flexible Arbeitszeiten setzen, gilt dieses Modell in Japan als radikal. Zeit im Büro wird oft mit Loyalität zum Arbeitgeber gleichgesetzt. Doch es tut sich was: Neben Tokio hat auch Singapur kürzlich Maßnahmen eingeführt, die Arbeitgeber verpflichten, flexible Arbeitszeitmodelle zu berücksichtigen.
Ob die Viertagewoche und andere familienfreundliche Maßnahmen die Geburtenrate in Tokio steigern können, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass diese Schritte eine neue Ära in der japanischen Arbeitswelt einläuten könnten – eine, in der Lebensqualität und Familienfreundlichkeit mehr Gewicht erhalten.
Was du dir merken solltest:
- Viertagewoche ab 2025: Tokio ermöglicht Beamten flexiblere Arbeitszeiten, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.
- Demografische Krise: Mit nur 0,99 Kindern pro Frau liegt die Geburtenrate in Tokio weit unter dem für eine stabile Bevölkerung nötigen Wert von 2,1.
- Gesellschaftliche Ziele: Die Maßnahmen sollen Überarbeitung reduzieren, die Rolle von Frauen stärken und langfristig die Geburtenrate steigern.
Übrigens: Auch in Deutschland zeigt sich die globale Geburtenkrise deutlich – mit nur 1,35 Kindern pro Frau rücken Sozialsysteme an ihre Belastungsgrenze. Warum demografische Trends und wirtschaftliche Unsicherheiten diese Entwicklung befeuern, erfährst du in unserem Artikel.
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