Das Geheimnis um die Entstehung des größten Korallenriffs der Welt ist entschlüsselt
Forscher der Uni Kiel zeigen: Steigende Meerestemperaturen vor 700.000 Jahren ermöglichten das Wachstum des Great Barrier Reefs durch stabile Klimabedingungen.
Das Great Barrier Reef ist mit über 2.300 Kilometern Länge das größte Korallenriffsystem der Welt und Lebensraum unzähliger Arten. Dieses Naturwunder vor der Küste Australiens prägt das globale Ökosystem und ist UNESCO-Weltkulturerbe. Doch wie konnte dieses Riff in seiner heutigen Form entstehen? Dazu mussten ganz bestimmte Meerestemperaturen herrschen. Forscher der Universität Kiel lieferten nun neue, entscheidende Erkenntnisse.
Ein Team der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) nutzte die sogenannte TEX86-Methode, um die Meerestemperaturen vor 700.000 Jahren zu rekonstruieren, die das Great Barrier Reef entstehen ließen. Diese Methode erlaubt Rückschlüsse auf historische Klimaentwicklungen anhand chemischer Fossilien. Ihre Studie zeigt, dass die Sommertemperaturen in der Region von 26 auf 29 Grad Celsius stiegen und auch in den darauffolgenden Kaltzeiten stabil blieben. Laut den Forschern war diese Erwärmung der Schlüssel für die rasche Ausbreitung des Riffs. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.
Warum kalte Temperaturen das Riffwachstum hemmten
Vor der Erwärmung vor 700.000 Jahren wuchsen Korallen im Gebiet des heutigen Great Barrier Reefs nur langsam. „Die Temperaturen im Sommer lagen oft bei 26 Grad oder darunter. Das ließ die Korallenriffe klein und wenig stabil bleiben“, erklärte Dr. Benjamin Petrick, Erstautor der Studie. Die Forscher konnten zeigen, dass Korallen bei Temperaturen unter 26 Grad nicht optimal wachsen. Dadurch war eine großflächige Ausdehnung des Riffs unmöglich.
Mit der Erwärmung änderte sich dies. Ab Temperaturen von 29 Grad erlebten die Korallen eine Phase beschleunigten Wachstums. „Diese für Korallen idealen Temperaturen begünstigten ein schnelles Riffwachstum“, so Petrick. Die relative Stabilität der Temperaturen in den darauffolgenden Kaltzeiten schuf zusätzlich günstige Bedingungen für die Bildung des weltweit größten Korallenriffs.
Chemische Fossilien enthüllen die Vergangenheit
Das Team analysierte Sedimentproben aus Bohrungen des Ocean Drilling Program, die nahe dem Great Barrier Reef durchgeführt wurden. Mit der TEX86-Methode rekonstruierten sie die Oberflächentemperaturen der Meere. Diese Methode nutzt chemische Fossilien als sogenanntes Paläo-Thermometer, um vergangene Klimabedingungen präzise zu bestimmen.
Diese Daten lieferten wichtige Einblicke in die Entstehungsphase des Great Barrier Reefs. Vor der Erwärmung vor 700.000 Jahren entwickelten sich Korallenriffe nur langsam. Erst die stabilen Temperaturen zwischen 26 und 29 Grad ermöglichten das Wachstum eines riesigen, zusammenhängenden Systems. „Die geringen Temperaturschwankungen über einen langen Zeitraum zwischen 26 und 29 Grad sind eine weitere wichtige Voraussetzung für die Stabilität und das gesunde Wachstum des Great Barrier Reefs“, erklärte Professorin Dr. Miriam Pfeiffer von der CAU.
Klimawandel bedroht das Riff erneut
Die Erkenntnisse der Kieler Forscher zeigen auch die Herausforderungen, vor denen das Great Barrier Reef heute steht. Die menschengemachte Erderwärmung hat die Wassertemperaturen in der Region bereits über das ideale Fenster hinaus ansteigen lassen. Sowohl zu niedrige als auch zu hohe Temperaturen und die damit einhergehenden Hitzewellen hemmen das Wachstum der Korallen.
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Hitzewellen und eine zunehmende Erwärmung der Meere erhöhen das Risiko von Korallenbleiche. Dabei stoßen Korallen lebenswichtige Algen ab, die sie mit Nährstoffen versorgen. Ohne diese Algen sterben die Korallen ab. Steigende Temperaturen machen das Riff zudem anfälliger für andere Umweltbelastungen wie die Meeresverschmutzung oder den Anstieg des Meeresspiegels.
Neue Einblicke in die Entstehung und Zukunft des Riffs
Die Forscher der Universität Kiel lieferten nicht nur Antworten auf die Frage, wie das Great Barrier Reef entstanden ist, sondern unterstreichen auch die Dringlichkeit, seinen Erhalt zu sichern. Die Ergebnisse zeigen, dass das Riff empfindlich auf Temperaturveränderungen reagiert. „Die ideale Temperatur für ein gesundes Wachstum lag zwischen 26 und 29 Grad. Eine weitere Erwärmung gefährdet jedoch die Stabilität und das Überleben des Riffs“, erklärte Petrick.
Während die Erwärmung vor 700.000 Jahren die Grundlage für dieses Naturwunder legte, ist die heutige Erwärmung eine Bedrohung. Das Great Barrier Reef könnte langfristig seine Funktion als wichtiger Lebensraum und Ökosystemdienstleister verlieren, wenn die globale Erderwärmung nicht eingedämmt wird.
Was du dir merken solltest:
- Das Great Barrier Reef entstand vor etwa 700.000 Jahren, als die Meerestemperaturen von 26 auf 29 Grad Celsius stiegen und anschließend stabil blieben – ideale Bedingungen für schnelles Korallenwachstum.
- Forscher der Universität Kiel nutzten die TEX86-Methode, um diese Temperaturen anhand chemischer Fossilien exakt zu rekonstruieren und das Wachstum des Riffs mit klimatischen Veränderungen zu verknüpfen.
- Heute bedrohen die menschengemachte Erderwärmung und Hitzewellen das Riff, da höhere Temperaturen zu Korallenbleiche und einer zunehmenden Gefährdung dieses Ökosystems führen.