Nachhaltig bauen: Das Material der Zukunft heißt Lehm

Architekturstudierende der Kunstuniversität Linz entwickeln klimafreundliche Bauweisen. Als nachhaltiger Baustoff gewinnt Lehm an Bedeutung.

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Das Landwirtschaftszentrum „Baan Doi“ für eine thailändische NGO, die sich in der nördlichsten Provinz um benachteiligte Kinder kümmert: BASEhabitat hat dort 2018 einen Masterplan entwickelt – seitdem sind jedes Jahr Studierende im Einsatz, um verschiedene Gebäude für das 40.000 Quadratmeter große Areal zu bauen. © Paul Eis

Studierende der Kunstuniversität Linz entdecken Lehm als nachhaltigen Baustoff wieder. Im Rahmen ihres Studienprogramms „BASEhabitat“ setzen sie beim Aufbau eines Dorfes in Sunderpur, Indien, auf lokale Materialien und zeigen, wie man nachhaltig bauen kann.

Das Programm, das in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum feiert, ermöglicht es Studierenden, in realen Bauprojekten ökologische und soziale Verantwortung zu übernehmen und innovative Bauweisen mit traditionellen Handwerksmethoden zu verbinden. Der Standard berichtet, dass Projekte dieser Art bereits weltweit umgesetzt werden und ein wachsendes Interesse an ressourcenschonendem Bauen wecken.

Nachhaltige Architektur und soziale Verantwortung

BASEhabitat wurde 2004 mit dem Ziel gegründet, den Architekturnachwuchs für nachhaltiges und soziales Bauen zu sensibilisieren. Das Programm bietet den Studierenden die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten in Projekten in Entwicklungs- und Schwellenländern einzusetzen. In diesen Projekten lernen sie, dass nachhaltiges Bauen oft auf regionalen Traditionen und klimafreundlichen Ressourcen basiert.

Ein Beispiel für die Arbeit von BASEhabitat ist das Dorf Sunderpur in Nordindien. In Zusammenarbeit mit der Dorfgemeinschaft errichteten die Studierenden der Kunstuniversität Linz Lehrerwohnungen und ein Gemeinschaftszentrum. Die Gebäude wurden aus Materialien gebaut, die in der Region leicht verfügbar sind.

Lehm wurde vor Ort gemischt und getrocknet, um als stabiler Baustoff zu dienen, während Bambus für Dachkonstruktionen genutzt wurde. Bambus wächst schnell nach und ist dadurch besonders umweltfreundlich. Auch wenn in vielen Ländern Vorurteile gegen traditionelle Baumaterialien bestehen, zeigt das Projekt, dass Lehm und Bambus eine wertvolle Alternative zu energieintensivem Beton darstellen.

Herausforderungen und Chancen im Lehmbau

Ein weiteres großes Projekt verwirklichte BASEhabitat ab 2018 im Norden Thailands. Gemeinsam mit der Betreiberin eines Kinderheims planten und bauten die Studierenden einen Bauernhof mit Reis- und Fischwirtschaft, der neben Wirtschafts- und Wohngebäuden auch Gästehäuser und Infrastruktur wie eine pflanzliche Kläranlage umfasst. Auch in diesem Fall spielen Lehm und Bambus als Baumaterialien eine zentrale Rolle. Die Fundamente mussten allerdings aus Beton bestehen, um das Gebäude vor den intensiven Regenfällen zu schützen, die in dieser Region häufig vorkommen.

Der Leiter des Programms, Sigi Atteneder, erklärte gegenüber dem Standard, dass ökologische und pragmatische Gesichtspunkte oft sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen, um langfristig nachhaltig zu bauen. Lehm als Baustoff birgt besondere Herausforderungen, die bei der Bauplanung bedacht werden müssen. Das Material ist zwar vielseitig und klimafreundlich, ungebrannte Lehmziegel müssen jedoch vor Feuchtigkeit geschützt werden. 

Lehmbau als Beitrag zum Klimaschutz

Der Einsatz von lokalem Lehm und Bambus für die Bauwerke reduziert nicht nur die CO2-Bilanz, sondern stärkt auch das Bewusstsein für ressourcenschonende Bauweisen in der Bevölkerung. BASEhabitat engagiert sich nicht nur in internationalen Projekten, sondern auch in Österreich und Europa für nachhaltige Bauweisen.

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Besonders in der Nutzung von Lehm sieht Atteneder ein enormes Potenzial für klimafreundliches Bauen. Der Einsatz von Lehm könnte auch in Europa wieder populärer werden, besonders in Kombination mit anderen natürlichen Materialien wie Holz. Doch ökologische Baumaterialien sind häufig teurer als konventionelle Alternativen, sagt Atteneder gegenüber dem Standard.

Die europäische Tradition der Fachwerkhäuser zeigt, wie gut Lehm und Holz zusammenpassen. Es ist absurd, dass diese traditionellen Bauweisen heute als Luxus betrachtet werden.

Sigi Atteneder

Atteneder sieht in der Rückkehr zum Lehmbau eine Entwicklung ähnlich der des Holzbaus vor 20 Jahren. Während Holz heute auch im mehrgeschossigen Bau selbstverständlich ist, steht Lehm erst am Anfang seiner Renaissance. Trotzdem gibt es bereits in Österreich vorbildliche Projekte, bei denen Lehm als Baustoff verwendet wird: sei es für Böden, Dämmungen oder Fassaden. Der Architekt ist zuversichtlich, dass der Lehmbau bald in Europa an Bedeutung gewinnen wird, besonders wenn der Druck steigt, den CO2-Ausstoß im Bauwesen zu senken.

Handwerkliche Erfahrung und Wissenstransfer

Neben der praktischen Ausbildung im Handwerk ist auch der Wissenstransfer zwischen Studierenden und lokalen Bauarbeitern ein wichtiger Aspekt. Der Austausch von Know-how trägt dazu bei, die kulturelle und ökologische Vielfalt in den Bauweisen zu fördern. 

BASEhabitat sieht sich nicht als Teil der Entwicklungshilfe, sondern als Partner, der auf Augenhöhe agiert: Studierende lernen, die baulichen Traditionen ihrer Gastländer zu respektieren und deren Potenziale zu nutzen. Zugleich fließt ihr Wissen über nachhaltiges Bauen zurück in die lokale Gemeinschaft. Atteneder ist überzeugt, dass diese Art des Wissenstransfers ein wesentlicher Schritt zu einer globalen Nachhaltigkeit im Bauwesen ist.

Was du dir merken solltest:

  • Das BASEhabitat-Programm der Kunstuniversität Linz bildet Studierende in nachhaltiger Architektur aus, wobei lokale Materialien wie Lehm und Bambus eine zentrale Rolle spielen.
  • In internationalen Projekten setzen sie umweltfreundliche Bauweisen um, die CO2-Emissionen reduzieren und regionale Traditionen respektieren.
  • BASEhabitat fördert den Austausch von handwerklichem Wissen zwischen Studierenden und lokalen Arbeitern und zeigt den Klimanutzen traditioneller Bauweisen auf.

Bild: © Paul Eis via Kunstuniversität Linz

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