„Zombiestern“ entdeckt: Forscher lüften Jahrhunderte altes Supernova-Rätsel

Im Jahr 1181 beobachteten Astronomen eine Supernova am Himmel. Forscher lüften jetzt das Geheimnis dieser uralten Explosion.

Animation des 3D-modellierten Supernova-Überrests Pa 30, entstanden durch die Explosion im Jahr 1181. © W. M. Keck Observatory/Adam Makarenko via Institute of Science and Technology

Im Jahr 1181 entdeckten chinesische und japanische Astronomen einen ungewöhnlichen Stern am Himmel, der etwa sechs Monate sichtbar war und dann verschwand. Diese Erscheinung, die als „Gaststern“ bezeichnet wurde, war eine von nur acht dokumentierten Supernovae vor der Erfindung des Teleskops. Über Jahrhunderte blieb sie ein Rätsel, doch nun ist es Forschern gelungen, das Geheimnis zu lüften: In den Überresten dieser Explosion entdeckten sie einen sogenannten „Zombiestern“.

Alte Aufzeichnungen treffen auf moderne Wissenschaft

Ein Team unter Leitung der Astrophysikerin Ilaria Caiazzo vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) und Tim Cunningham vom Center for Astrophysics Harvard & Smithsonian begann, sich näher mit dieser historischen Supernova zu beschäftigen. Bereits 2013 hatte die Amateurastronomin Dana Patchick den kosmischen Nebel „Pa 30“ entdeckt. Dieser Nebel wurde später als Überrest der mysteriösen Explosion identifiziert. Die Forscher nutzten den Keck Cosmic Web Imager (KCWI), ein leistungsstarkes Teleskop auf dem höchsten Gipfel von Hawaii, um den Nebel genauer zu analysieren.

In ihrer Studie, veröffentlicht im Fachjournal „The Astrophysical Journal Letters“, fanden sie Hinweise darauf, dass es sich bei dieser Explosion um eine besondere Art von Supernova, dem Typ „lax“, gehandelt haben könnte. Im Unterschied zu anderen Sternenexplosionen wird bei diesem Typ nicht der gesamte Stern zerstört, sondern ein Teil der Ursprungsstruktur bleibt erhalten. Dieser Überrest wurde von den Forschern als „Zombiestern“ bezeichnet, weil er als eine Art Überlebender des eigentlich zerstörten Sterns gilt.

Ein kosmisches Schauspiel – ähnlich einem verblühten Löwenzahn

Die Überreste der Explosion bilden eine faszinierende Struktur: Vom Zentrum des Zombiesterns aus ziehen sich mehrere „Arme“ in alle Richtungen, die wie die Samen eines verblühten Löwenzahns oder die Stacheln eines Seeigels aussehen. Die Forscher konnten beobachten, dass sich diese Arme seit der Explosion mit etwa 1.000 Kilometern pro Sekunde nach außen bewegen. „Das bedeutet, dass das ausgestoßene Material seit der Explosion weder an Geschwindigkeit gewonnen noch verloren hat“, erklärte Studienleiter Cunningham laut Science ORF.


Animation der Filamentstruktur des Supernova-Überrests Pa 30. © W. M. Keck Observatory/Adam Makarenko via Institute of Science and Technology

Durch die Messung der Geschwindigkeiten des ausgeworfenen Materials konnten die Wissenschaftler das Ereignis fast genau auf das Jahr 1181 zurückdatieren. Diese Präzision bestätigt, dass es sich bei „Pa 30“ um den Überrest der damals beobachteten Supernova handelt. Zudem bietet die Anordnung der „Arme“ Einblicke in die Dynamik der Explosion. Anders als bei symmetrischen Supernovae ist die Struktur hier leicht ungleichmäßig, was auf eine asymmetrische Explosion schließen lässt. Dies könnte erklären, warum der Zombiestern erhalten blieb.

Ein Fenster in die Vergangenheit

Die Entdeckung des Zombiesterns und seiner kosmischen Arme erlaubt es den Wissenschaftlern, mehr über die Entstehung und die Prozesse bei derartigen Sternenexplosionen zu erfahren. Der Überrest im Zentrum, der Zombiestern, ist das Resultat eines Weißen Zwergs, der nur teilweise zerstört wurde und nun als einzigartiger Sternenrest weiterbesteht. Weiße Zwerge entstehen, wenn Sterne in sich zusammenfallen und ihr Brennmaterial aufgebraucht ist. In diesem Fall überlebte ein Teil des Weißen Zwergs die Explosion und hinterließ eine Struktur, die sich immer weiter ausdehnt und bis heute einen Blick auf die Bedingungen vor über 800 Jahren ermöglicht.

Die ungleichmäßige Verteilung der ausgestoßenen Materie zeigt den Forschern, dass die Explosion unregelmäßig war und vermutlich verschiedene Kräfte auf den Weißen Zwerg einwirkten. Solche „Zombiestern“-Strukturen sind selten und liefern wertvolle Hinweise darauf, wie Sterne leben und sterben – und wie einige ihrer Überreste weiterhin das Universum prägen. Diese Einblicke, erklärt Cunningham, könnten auch helfen, andere historische Supernovae und ihre Überreste genauer zu verstehen.

Was du dir merken solltest:

  • Die Supernova von 1181, dokumentiert von chinesischen und japanischen Astronomen, entpuppte sich durch neue Forschungen als besondere Art von Explosion, die einen „Zombiestern“ zurückließ, einen Teil des ursprünglichen Sterns, der überlebt hat.
  • Forscher analysierten den Überrest „Pa 30“ mithilfe moderner Teleskope und fanden, dass sich das ausgestoßene Material seit der Explosion mit konstanter Geschwindigkeit ausbreitet und eine ungleichmäßige Struktur bildet, die auf eine asymmetrische Explosion hindeutet.
  • Der Zombiestern, ein überlebender Weißer Zwerg, liefert wichtige Erkenntnisse zur Entstehung von Supernovae und könnte dabei helfen, andere historische Sternenexplosionen besser zu verstehen.

Übrigens: In einer früheren Studie enthüllten Wissenschaftler, wie aus Sternenkollisionen im Zentrum der Milchstraße junge „Zombie-Sterne“ entstehen. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © W. M. Keck Observatory/Adam Makarenko via Institute of Science and Technology

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